Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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"weiss ich, was ein mensch ist? weiss ich, wer wen....

goprojekt, Wednesday, 19.12.2001, 16:58 (vor 8755 Tagen) @ Beatrix

Als Antwort auf: Re: 10. Kapitel von Beatrix am 18. Dezember 2001 23:34:14:

weiss? ich weiss nicht, was ein mensch ist, ich kenne nur seinen preis." so, liebe beatrix, spottete der begnadete spötter brecht einmal zum thema des menschlichen. worum es ihm dabei gegangen ist, war, das allzumenschliche als anthropologische konstante zu negieren, zu einer zeit, als das vermeintlich menschliche zu, auch noch im nachhinein, unglaublichen ergebnissen geführt hat. wenn ich auch sonst mit nicht viel übereinstimme, so doch mit der haltung brechts, dass mit dem materiellen grund alles anfängt und ... eben auch aufhört.

welche frage mich vor diesem hintergrund schon länger beschäftigt, ist, woher das vertrauen in den gestaltungswillen und mehr noch die gestaltungsfähigkeit staatlicher organe kommt. oder praktisch gewendet, warum gründen frauen, wenn sie dann denken, gleichberechtigt und in allen belangen in unternehmen gleichgestellt sein zu müssen, nicht selbst unternehmen oder erwerben unternehmensanteile, um dann ihre interessen zu vertreten? kein gesetz und auch keine andere struktur hindert frauen daran, unternehmensanteile zu erwerben. dann auch könnten sie parallele strukturen, wie betriebskindergärten, alternative arbeitszeitmodelle und viele andere dinge einfach handelnd in die wirklichkeit umsetzen.

warum geschieht all das nicht? warum wird vielmehr lediglich der ruf nach neuen gesetzen und verordnungen laut, um gleichberechtigung und deren äquivalente zu schaffen? warum fordere ich ständig und vornehmlich auf kosten anderer woran ich selbst nicht gehindert werde es zu tun?

mal eine einfache rechnung: wenn jede frau in deutschland nur eine mark monatlich in einen, sagen wir, unternehmerinnenstützungsfond einzahlen würde, dann stünden 42 millionen mark eigenkapital monatlich zur verfügung. damit könnten 840 gmbh monatlich gegründet werden, die wiederum ihre gewinne an den fond abtreten, der wiederum unternehmensanteile an anderen kapitalgesellschaften erwirbt usw. in kurzer zeit könnte eine parallele strukturen entstehen, in denen frauen dann was auch immer tun und lassen könnten.

nun könnte es natürlich sein, dass es keine hinreichende anzahl von unternehmerinnen in diesem land gibt. demgegenüber aber soll es zehntausende managerinnen für leitende positionen in unternehmen geben. wie das?

statt einer antwort eine analogie. ähnliche fragen haben mich auch in bezug auf gewerkschaften bewegt. die gewerkschaften sind deshalb für eine analogie gut, weil sie verantwortung und risikobereitschaft primär woanders vermuten, als eben bei sich selbst, und weil ihre forderungen cum grano salis in eine ähnliche richtung wie die der frauenbewegung gehen. nicht zu letzt aber auch deswegen, weil die hoffnung der gewerkschaften letztendlich auf staatlicher regulierung beruht. die ergebnisse gewerkschaftlichen unternehmerischen handelns waren und sind gelinde gesagt erbärmlich. die forderungen, die sie anderen gegenüber erheben, setzen sie in ihren eigenen organisationen nicht um. die pauschale ausrede für das versagen ist, kurz zusammengefasst, das kapital. das ist natürlich blanker unsinn, hilft aber erst einmal, das eigene versagen weniger deutlich werden zu lassen. aber vor allen dingen erlaubt es, wechsel auf die zukunft zu ziehen nach dem motto: wenn erst einmal das kapital geschlagen ist, dann werden wir auch zu einer form gerechten und gesellschaftlich optimalen wirtschaftens kommen. so einer art garten eden im diesseits.

bis zum beweis des gegenteils und weil der beweis so einfach zu führen wäre, muss ich sowohl bei der frauenbewegung als auch bei den gewerkschaften annehmen, dass dort die hoffnung besteht, es sei einfacher anderen mittels struktureller gewalt zur preisgabe dessen zu bewegen, was den gewerkschaften und der frauenbewegung nicht gehört aber wohl gehören sollte, als dinge schlicht und einfach handelnd in der wirklichkeit umzusetzen. gruss goprojekt


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