noch ein paar diverse Pressemeldungen zum Thema
Als Antwort auf: Noch'n Nachtrag von Rüdiger am 19. November 2002 22:24:13:
aus den neuesten Väter-News, ich stelle sie mal so, wie ich sie erhalten habe, hier ab:
Väter schöpfen wieder Hoffnung
Das Bundesverfassungsgericht überprüft, ob das alleinige Sorgerecht der
Mutter bei nichtehelichen Kindern mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Viele
Verbände plädieren dafür, dass der Vater die gemeinsame Sorge notfalls auch
einklagen kann
aus Karlsruhe CHRISTIAN RATH
Montags bis mittwochs lebt der neunjährige Jonathan bei seinem Vater,
mittwochs bis freitags bei seiner Mutter. An den Wochenenden wechseln sich
die beiden nicht verheirateten und seit Jahren getrennt lebenden Eltern ab.
Doch Vater Christian Gampert, ein Tübinger Journalist, ist nicht zufrieden.
Er würde gerne mit der Mutter gemeinsam das Sorgerecht ausüben, das sie ihm
mit Billigung der Zivilgerichte verweigert. Gampert hat deshalb
Verfassungsbeschwerde eingelegt, über die das Bundesverfassungsgericht
gemeinsam mit einem anderen Fall gestern verhandelte.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch hat bei unehelichen Kindern zunächst die
Mutter das alleinige Sorgerecht. Das heißt, sie kann alleine entscheiden, wo
das Kind lebt, welche Schule es besucht, ob eine wichtige Operation
durchzuführen ist. Nur wenn nicht verheiratete Eltern sich auf eine
"Sorgeerklärung" einigen, können sie die elterliche Sorge gemeinsam ausüben.
Deshalb kann der Vater das Sorgerecht nicht gegen den Willen der Mutter
erlangen. Ihm bleibt im Konfliktfall, zum Beispiel nach einer Trennung, nur
ein Umgangsrecht für gelegentliche Besuche beim Kind.
Der Bundesgerichtshof hatte diese Regelung im April 2001 für
grundgesetzkonform erklärt, da Schwangerschaft und Geburt eine besonders
enge Beziehung zwischen Mutter und Kind begründeten. Außerdem müsse im
Interesse des Kindeswohls unnötiger Streit vermieden werden.
In der Verhandlung vor dem Verfassungsgericht war die Stimmung nun aber ganz
anders. Fast alle gestern angehörten Verbände - vom Verein "Väter für
Kinder" bis zum Juristinnenbund - hielten die derzeitige Rechtslage für
verfassungswidrig. Hier liege nicht nur ein unzulässiger Eingriff in Rechte
der Väter vor, sondern auch eine Benachteiligung von nichtehelichen Kindern.
Diesen werde ein voll verantwortlicher Vater vorenthalten, auch wenn er
bereit sei, seine Rolle wahrzunehmen. Für die aktuelle Gesetzeslage sprachen
sich nur der Verband alleinerziehender Mütter und Väter aus, sowie - völlig
leidenschaftslos - die Bundesregierung.
Dabei geht es weniger um die grundsätzliche Zuordnung des Kindes zur Mutter.
Denn nur so kann bei zweifelhafter Vaterschaft gleich nach der Geburt
rechtliche Klarheit geschaffen werden. Kritisiert wurde, dass es keine
Möglichkeit gebe, die gemeinsame Sorge in Einzelfällen auch gegen den Willen
der Mutter gerichtlich anzuordnen.
Nach Angaben des Anwalts Peter Finger verweigert jede zweite Mutter ein
gemeinsames Sorgerecht mit dem Vater des nichtehelichen Kindes. Barbara
Mauer, betroffene Mutter, legte im Gerichtssaal ihre Beweggründe dar: "Es
läuft für alle Beteiligten besser, wenn ich und das Kind Rechtssicherheit
haben." Christian Gampert hielt dem entgegen: "Was bekommt mein Kind für ein
merkwürdiges Vaterbild, wenn ich bei allen wichtigen Fragen nichts zu sagen
habe?"
Mit seinem rechthaberischen Auftritt hat Gampert der Vätersache gestern
allerdings nicht nur Freunde gemacht. "Auch Sie können noch was lernen",
blaffte er etwa Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier an, als der ihn zur
Kürze mahnte. Das Gericht wird seine Entscheidung in einigen Wochen
verkünden.
taz Nr. 6909 vom 20.11.2002, Seite 7, 108 TAZ-Bericht CHRISTIAN RATH
---------------------------------------------------------------------
Sexismus, Mutterideologie und Männerfeindlichkeit im Bundesjustizministerium
hat endlich einen Namen.
Bundesregierung will Kinder vor ihren Vätern schützen. Zu Risiken und
Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Frau Adlerstein vom
Bundesjustizministerium.
"... Nach Ansicht der Bundesregierung dient das "Vetorecht" der Mütter dem
Schutz der Kinder: "Das Kindeswohl hat Vorrang vor dem Elternrecht", sagte
Rosemarie Adlerstein vom Bundesjustizministerium. Sie warnte vor den Risiken
eines erzwungenen gemeinsamen Sorgerechts. Wenn die nicht verheirateten
Eltern sich während des Zusammenlebens nicht einigten, dann sei auch nach
der Trennung keine Kooperationsgemeinschaft zu erwarten. "Das Zusammenleben
der Mutter mit dem Kind sollte unbelastet vom Streit um Rechtspositionen
sein", sagte Adlerstein. ..."
(dpa, AP), 20.11.02
http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_zeitung/politik/.html/194687.h
tml
------------------------------------------------------------------
Dienstag 19. November 2002, 16:49 Uhr
Ledige Väter kämpfen um ihre Kinder
Frankfurt/Main (AP) Seine Vaterrolle hat sich Walter Weiß gewiss anders
vorgestellt: Als seine Freundin vor zweieinhalb Jahren eine Tochter zur
Welt brachte, waren die beiden schon getrennt. Es folgte der Prozess um
das Umgangsrecht. In den folgenden zwei Jahren durfte Weiß sein einziges
Kind gerade
20 Stunden lang sehen. Inzwischen sind es zwei Stunden pro Monat.
Gleichzeitig zahlte der 44-jährige Politologe 28.000 Mark Unterhalt an
seine Ex-Freundin. Einen Sorgerechtsprozess wollte Weiß, der seinen
richtigen Namen nicht veröffentlicht haben will, gar nicht erst vom Zaun
brechen, «weil die Rechtslage aussichtslos ist», wie er beteuert.
Väter wie Weiß hoffen jetzt auf eine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts. Die obersten Richter verhandeln seit Dienstag
über eine Reform des Sorgerechts, das seine jetzige Form nach der
Kindschaftsrechtsreform 1998 erhielt. In Paragraf 1626 des BGB ist
festgelegt, dass unverheiratete Eltern nur dann ein gemeinsames
Sorgerecht ausüben können, wenn sie dies gemeinsam beantragen. Tun sie
das nicht, erhält die Mutter in jedem Fall das Sorgerecht. Gegen ihren
Willen ist ein Entzug dieses Rechts nicht möglich - es sei denn, ein
Gericht sieht das Wohl des Kindes ernsthaft gefährdet.
Befürworter einer weiteren Reform monieren auch, dass die Hürden für
einen Entzug der mütterlichen Sorge zu hoch sind. «Da muss eine Mutter
ihr Kind schon im Kleiderschrank verhungern lassen», formulierte einst
drastisch der prominente Familienrichter Siegfried Willutzki. Grund für
die Rechtslage ist laut Willutzki, dass uneheliche Kinder möglicherweise
«Ergebnisse einer flüchtigen Beziehung» sind.
Doch auch Fälle wie der von Walter Weiß sind nach Ansicht des Vereins
«Väteraufbruch für Kinder» Argument für eine Gesetzesänderung. Der
Verein beruft sich auf das Grundgesetz, wenn er fordert, dass die
gemeinsame elterliche Sorge Regelfall auch für nichteheliche Kinder
werden soll. Denn in Artikel 6 der Verfassung steht, dass unehelichen
Kindern «die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische
Entwicklung» wie den ehelichen Kindern zu schaffen sind. Das BGB, so der
Verein, stempelt uneheliche Väter zu Vätern zweiter Klasse. Gleichzeitig
würden Mütter, die den Vater aus dem Leben der Kinder verdrängen
wollten, in ihrer Absicht bestärkt.
Gegner einer Gesetzesänderung betonen dagegen, dass Kinder höchstens
eine verlässliche Bezugsperson brauchen. Ein gemeinsames Sorgerecht
dürfe nur dann in Frage kommen, wenn sich die Eltern auch darüber einig
seien, sagt Edith Schwab vom Verein alleinerziehender Mütter und Väter
(VAMV). Denn sonst, so die VAMV-Argumentation, drohen andauernde
Familienrechtsstreite.
Ein Argument, das auch der betroffene Vater Weiß zu spüren bekam: In
seinem Fall hatte das Kölner Oberlandesgericht erklärt, dass die
Zerstrittenheit der Eltern weiteren Umgang verbiete. Dabei hätten er und
seine Ex-Freundin gar keinen Kontakt mehr: «Streit kann man wunderbar
inszenieren», beklagt Weiß.
Die -Vorsitzende Schwab betont dennoch, dass die deutschen Gerichte
«sehr väterfreundlich» seien. Genau das bezweifelt dagegen der
Düsseldorfer Fachanwalt Alexander Heumann. Der Familienrechtsexperte
kennt zahlreiche Fälle, in denen Kinder nicht zu ihren Vätern kommen,
obwohl diese eindeutig die besseren Bezugsperson wären, «weil die Mütter
teilweise ganz schön durch den Wind sind». Zu der Verhandlung in
Karlsruhe habe es kommen müssen - schließlich heirateten immer weniger
Paare, erklärt Heumann. Ob die Verfassungsrichter sich aber zu einer
Reform durchringen, bezweifelt er angesichts der herrschenden Meinung
bei Familienrichtern und Fachleuten. Schon in Jugendämtern werde ledige
Eltern vom gemeinsamen Sorgerecht abgeraten, kritisiert er.
Walter Weiß hat die Hoffnung auf mehr Einfluss auf das Leben seiner
Tochter denn auch weitgehend aufgegeben. «Männer gelten in Deutschland
als nicht hinreichend geeignet, um Kinder zu erziehen», sagt er
resigniert. Ein positives Urteil in Karlsruhe hat für ihn nur einen
symbolischen Wert.
Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 1 BvL 20/00 und 1 BvR 933/01
Quellle: http://de.news.yahoo.com/021119/12/32rth.html
http://www.vamv-bundesverband.de/
http://www.vafk.de/
---------------------------------------------------------------------
Vater gegen Mutters Veto
Wer darf für die Kinder sorgen? In Karlsruhe wird über die starke Stellung
unverheirateter Frauen gestritten
Von Ursula Knapp, Karlsruhe
Vor dem Bundesverfassungsgericht saßen sich am Dienstag zwei Eltern
gegenüber, die nach der Geburt ihres Sohnes drei Jahre lang zusammengelebt
hatten; nach der Trennung hatte die Mutter den gemeinsamen Sohn mitgenommen.
Der Mann hat jetzt, zusammen mit einem weiteren Vater, den Vorrang der
Mütter beim Sorgerecht für gemeinsame Kinder als verfassungswidrig
angegriffen.
Erst seit 1998 lässt das Gesetz ein Sorgerecht für nicht verheiratete Väter
überhaupt zu. Zu diesem Zeitpunkt waren die Eltern von Jonathan aber schon
lange getrennt und die Erfahrungen der Mutter waren so, dass sie ein
Sorgerecht für den Vater ablehnte. Ich wollte für mich und mein Kind Ruhe
und Sicherheit vor gerichtlichen Auseinandersetzungen, sagte sie am
Dienstag. Ohne ihre Zustimmung kann der Vater unter keinen Umständen ein
Sorgerecht erhalten, denn das Gesetz setzt die Zustimmung der Mutter
zwingend voraus. Der Vater klagt nun, dieses Vetorecht der Mutter verletze
sein Elternrecht und benachteilige die Kinder unverheirateter Eltern. Denn
bei Scheidungen entscheide im Streitfall das Gericht über das gemeinsame
Sorgerecht.
Das Problem, über das der Erste Gerichtssenat am Dienstag verhandelte, ist
kein Einzelfall. Rund 820 000 Kinder wachsen in Deutschland in
nichtehelichen Lebensgemeinschaften auf. Wie viele Mütter das seit 1998
geltende Recht nutzen, dem unverheirateten Partner ein Sorgerecht
einzuräumen, ist statistisch nicht erfasst. In der Rechtswissenschaft gibt
es inzwischen kritische Stimmen gegen das absolute Zustimmungserfordernis
der Mutter. Zumindest bei einer langjährigen familiären Lebensgemeinschaft
und bei einer engen emotionalen Beziehung zwischen Kind und unverheiratetem
Vater wollen Familienrechtler eine Öffnung erreichen. Auch der Deutsche
Juristinnenbund (djb) sprach sich für die Möglichkeit des väterlichen
Sorgerechts im Einzelfall aus. Familienrichterin Sabine Heinke sagte für den
djb, bei einem längeren Zusammenleben unverheirateter Eltern könne es im
Interesse des Kindeswohls liegen, das Sorgerecht beiden zuzuweisen. Das
Gegenargument, damit werde den Eltern ein weiteres Kampffeld eröffnet,
überzeugt nach Heinkens Ansicht nicht. Die Alleinzuweisung an die Mütter
vermeidet den Konflikt nicht, so die Richterin. Auch das Institut für
Jugendhilfe und Familienrecht beurteilte die Regelung als verfassungswidrig,
da sie das Kindeswohl nicht ausreichend berücksichtige.
Durchaus nachdenklich äußerte sich die Vertreterin des
Bundesjustizministeriums, Ministerialdirigentin Rosemarie Adlerstein. Sie
verteidigte das Zustimmungserfordernis der Mutter zwar als verfassungsgemäß.
Der Gesetzgeber habe 1998 davon ausgehen dürfen, dass das Konfliktpotenzial
zu groß werde, wenn unverheirateten Vätern gegen den Willen der Mütter ein
Sorgerecht eingeräumt werde. Die Bundesregierung nehme die Bedenken jedoch
ernst. Gegenwärtig werde untersucht, ob eine Modifizierung des Gesetzes
notwendig ist, auch hinsichtlich der Anpassung an europäische Normen. In
anderen EU-Ländern wird mit dem Sorgerecht für nichtverheiratete Eltern
teilweise deutlich anders umgegangen. In Frankreich beispielsweise geht mit
der Geburt des Kindes das Sorgerecht an beide Elternteile.
Für die bestehende Regelung sprach sich dagegen eindeutig der Verband allein
erziehender Mütter und Väter (VAMV) aus. Ein Sorgerecht für unverheiratete
Väter auch gegen den Willen der Mutter beschneide deren Recht massiv.
Unverheiratete Mütter müssten dann mit ständigen familienrechtlichen
Auseinandersetzungen rechnen.
http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/20.11.2002/312830.asp
-----------------------------------------------------------------------
Kommentar
Die Kinder den Mütterlichen
Christian Bommarius
Demnächst wird der Ehe in Deutschland wieder einmal - niemand weiß, wie oft
das schon geschah - der Garaus gemacht. Den Todesstoß wird ihr der
Gesetzgeber versetzen oder das Bundesverfassungsgericht oder der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte. Einer von ihnen oder alle drei werden sagen:
Kinder fragen nicht danach, ob die Eltern verheiratet waren oder nicht, ehe
sie voneinander schieden. Es interessiert sie nicht, ob die Eltern einen
Trauschein hatten, als sie den Nachwuchs zeugten, warum aber werden die
Kinder dann mit den Rechtsfolgen der Lebensform belastet, wenn es zur
Trennung kommt?
Bisher ist es in Deutschland nämlich so: Lassen sich die Eltern ihrer
ehelich geborenen Kinder scheiden, behalten beide im Prinzip das Sorgerecht.
Lebten die Eltern nichtehelich zusammen, steht allein der Mutter das
Sorgerecht zu. Es half den Vätern nichts, wenn sie jahrelang die Kinder mit
aufgezogen hatten, es half den Kindern nichts, dass sie vielleicht viel
lieber bei den Vätern bleiben wollten. Nichts hat bisher geholfen - dafür
sorgte das Gesetz. Es hat so gut dafür gesorgt, dass das Veto der Mutter
praktisch ausnahmslos den Ausschluss der Väter von der elterlichen Sorge
garantierte. Das kann in der Regel, das muss aber keineswegs im Einzelfall,
dem Wohl des Kindes entsprechen. Weil es aber nur darum - um das Wohl
Kindes - geht, wird die gesetzliche Ächtung nichtehelicher Väter früher
(Bundesverfassungsgericht) oder später (Gesetzgeber), doch mit Sicherheit
(Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) und ganz zu Recht geächtet.
Manche werden sich erregen, die Rechtsstellung ehelicher und nichtehelicher
Väter werde damit ununterscheidbar und das Institut der Ehe erneut auf dem
Rechtsweg entwertet. Doch ist dieser Einwand nicht nur falsch, er ignoriert
auch, dass es hier eben weder um die Interessen der Väter noch um das
Renommee der Ehe geht - einzig und allein geht es um das Wohl der Kinder.
Es ist nicht so, dass der Gesetzgeber die gesellschaftliche Entwicklung
schlicht verschlafen hätte. Er hat nicht nur registriert, dass die Zahl der
Geburten in Deutschland seit Jahren sinkt - von insgesamt 765 000 im Jahr
1995 auf 734 000 im Jahr 2001 -, hingegen die Zahl nichtehelich geborener
Kinder kontinuierlich steigt, von fast 123 000 auf fast 183 000 im selben
Zeitraum. Mit der Kindschaftsrechtsreform von 1998 hat er daraus auch
Konsequenzen gezogen: Erst seitdem dürfen nichtehelich zusammenlebende
Eltern die gemeinsame Sorge für die Kinder übernehmen. Vorzuwerfen war und
ist dem Gesetzgeber nicht, dass er die Entscheidung im Prinzip der Mutter
überlässt - nur mit ihrer Zustimmung wird aus dem Vater ein
Sorgeberechtigter. Vorzuwerfen aber war und ist ihm, dass er die damit
erreichte Rechtssicherheit im Ganzen mit einer Beeinträchtigung des
Kindeswohls im Einzelfall erkauft.
Denn nicht die gebotene Regel ist das Problem, sondern das Verbot der
Ausnahme. Oder ist es für ein Kind etwa kein Problem, wenn es zehn Jahre
lang allein vom Vater betreut und erzogen worden ist, ihn aber im elften
Jahr verlassen muss, weil auch die Mutter ihn verlässt? Ist es kein Problem,
wenn die Frage nach dem Wohl des Kindes in solchen Fällen niemals vom Kind
konkret, sondern immer und ausschließlich vom Gesetzbuch abstrakt
beantwortet wird?
Im Sorgerecht nichtehelicher Eltern scheint das Gesetz zu vergessen, was es
im Strafrecht zu seinen tiefsten Erkenntnissen zählt: Jeder Fall ist ein
Einzelfall. Ein Mörder darf darauf vertrauen, dass nicht das Gesetz
schweigend über seine Tat, sondern der Richter über ihn - den Täter - nach
mündlicher Verhandlung urteilt. Was für Verbrecher gilt, soll nicht für
nichteheliche Väter gelten?
Freilich, nicht ihr Recht, nicht ihre Interessen sind zu schützen, sondern
die der Kinder. Und darum kann auch die Prüfung des Einzelfalls im
Sorgerecht nur ein Einzelfall bleiben - schon Bertolt Brecht war bekannt,
dass für Kinder furchtbarer als jede Mutter und jeder Vater der Streit der
Eltern um die Kinder ist. Das mag die Richtschnur sein, nach der der
Gesetzgeber die Rechtsstellung nichtehelicher Väter in Zukunft gestaltet:
Nur wenn das Wohl des Kindes evident danach verlangt, darf sich im Streit um
das gemeinsame Sorgerecht für nichteheliche Väter der Rechtsweg öffnen. Dann
aber muss er offen stehen. Denn nicht immer gehören Kinder zu den Müttern,
stets aber gilt, noch einmal Bertolt Brecht im "Kaukasischen Kreidekreis":
"Die Kinder den Mütterlichen, damit sie gedeihen."
20.11.02 Berliner Zeitung
http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_zeitung/meinung/.html/194670.h
tml
Kommentar vaeternotruf.de:
Wieso nicht die Kinder den Väterlichen? Weil Joseph, der Vater von Jesus
halt ein Trottel ist und Maria, die Jungfrau die Gute an sich.
Und damit das ewig so bleiben mag, basteln die MariaverehrerInnen in
diversen Bundesministerien weiter am Müttermythos.
Na denn, schöne Weihnacht.
------------------------------------------------------------------------
Kein Sorgerecht nach zehn Jahren aktiver Vaterschaft
Ein unverheirateter Vater sieht sich gegenüber der Mutter benachteiligt und
klagt in Karlsruhe
BERLIN, 19. November. Zwei nicht verheiratete Väter haben vor dem
Bundesverfassungsgericht den Vorrang der Mütter beim Sorgerecht für
gemeinsame Kinder als verfassungswidrig angegriffen. Die Regelung, wonach
das Mitsorgerecht eines Vaters von der Zustimmung der Mutter abhängt,
verletze sein Elternrecht, sagte Rechtsanwalt Georg Rixe, der einen Vater
aus Tübingen vertritt, am Dienstag in einer Verhandlung in Karlsruhe. Ein
Urteil wird frühestens in einigen Wochen erwartet.
Etwa 821 000 Kinder und Jugendliche unter achtzehn Jahren wachsen nach
Angaben des Verfassungsgerichts in Deutschland in nicht ehelichen
Lebensgemeinschaften auf. Nur wenn die Mutter einverstanden ist, kann der
unverheiratete Vater seit 1998 das gemeinsame Sorgerecht erhalten. Wie viele
unverheiratete Eltern davon Gebrauch machen, ist nicht genau erfasst.
Die beiden Männer aus Baden-Württemberg und Hessen hatten mit ihren
Partnerinnen und Kindern mehrere Jahre zusammengelebt und auch nach der
Trennung Erziehungsaufgaben übernommen. Beim gemeinsamen Sorgerecht geht es
um die Mitentscheidung in wichtigen Fragen wie im Falle von Krankheit oder
Schulwechsel.
Nach Ansicht der Bundesregierung dient das "Vetorecht" der Mütter dem Schutz
der Kinder: "Das Kindeswohl hat Vorrang vor dem Elternrecht", sagte
Rosemarie Adlerstein vom Bundesjustizministerium. Sie warnte vor den Risiken
eines erzwungenen gemeinsamen Sorgerechts. Wenn die nicht verheirateten
Eltern sich während des Zusammenlebens nicht einigten, dann sei auch nach
der Trennung keine Kooperationsgemeinschaft zu erwarten. "Das Zusammenleben
der Mutter mit dem Kind sollte unbelastet vom Streit um Rechtspositionen
sein", sagte Adlerstein.
Rechtsanwalt Rixe erklärte hingegen, die starre Regelung lasse keinerlei
Möglichkeit offen, dem Vater gerichtlich das gemeinsame Sorgerecht
zuzusprechen. Dies könne dem Wohl des Kindes abträglich sein, wenn die
Mutter ihre Zustimmung beispielsweise aus Bequemlichkeit oder Eigennutz
verweigere.
Väter-Organisationen sehen dies genauso: "Kinder brauchen für eine gesunde
Entwicklung beide Eltern", erklärte etwa der "Väteraufbruch für Kinder" aus
dem nordhessischen Sontra. Die Verweigerung des Sorgerechts vermittle aber
den Vätern, "dass ihre Vaterschaft nichts Wert ist". Dagegen könne eine
Gleichstellung der Väter im Familienrecht ihre Bereitschaft fördern, sich
auf ihre Kinder und auch auf die damit verbundene Pflichten einzulassen.
Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht und der Deutsche
Juristinnenbund halten es für erforderlich, dass ein Gericht zumindest im
Einzelfall dem Vater neben der Mutter das Sorgerecht zusprechen kann, wenn
er längere Zeit mit dem Kind zusammengelebt und ein persönliches Verhältnis
aufgebaut hat.
Der Beschwerdeführer Christian Gambert aus Tübingen, Vater des neunjährigen
Jonathan, appellierte eindringlich an den Ersten Senat, die Rechte der Väter
zu stärken. Er selbst kümmere sich seit der Geburt um seinen Sohn, der auch
nach der Trennung während der Hälfte der Woche bei ihm sei. "Ich habe fast
zehn Jahre gemeinsame Erziehungspraxis vorzuweisen", sagte Gambert. Seine
frühere Partnerin begründete ihre Ablehnung mit einem Bedürfnis nach
"Rechtssicherheit". Sie wolle nicht mit dem Risiko leben, mit einem Prozess
überzogen zu werden. (dpa, AP)
http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_zeitung/politik/.html/194687.html
gesamter Thread:
- Väter ohne Trauschein kämpfen um Sorgerecht (Artikel) -
Arne Hoffmann,
19.11.2002, 11:39
- Re: Väter ohne Trauschein kämpfen um Sorgerecht (Artikel) - Norbert, 19.11.2002, 12:45
- Nachtrag -
Arne Hoffmann,
19.11.2002, 17:18
- Noch'n Nachtrag -
Rüdiger,
20.11.2002, 00:24
- noch ein paar diverse Pressemeldungen zum Thema -
Arne Hoffmann,
20.11.2002, 23:13
- und schließlich ein Programmtipp dazu - Arne Hoffmann, 20.11.2002, 23:17
- noch ein paar diverse Pressemeldungen zum Thema -
Arne Hoffmann,
20.11.2002, 23:13
- Noch'n Nachtrag -
Rüdiger,
20.11.2002, 00:24
- Re: Väter ohne Trauschein kämpfen um Sorgerecht (Artikel) -
Jolanda,
19.11.2002, 20:17
- Re: Väter ohne Trauschein kämpfen um Sorgerecht (Artikel) -
Arne Hoffmann,
19.11.2002, 21:18
- Re: Väter ohne Trauschein kämpfen um Sorgerecht (Artikel) - Jolanda, 19.11.2002, 23:27
- Re: Väter ohne Trauschein kämpfen um Sorgerecht (Artikel) -
Norbert,
19.11.2002, 22:06
- Re: Väter ohne Trauschein kämpfen um Sorgerecht (Artikel) -
Jolanda,
20.11.2002, 00:27
- Väter kämpfen um ihre Rechte -
Norbert,
20.11.2002, 11:04
- Re: Väter kämpfen um ihre Rechte - Jolanda, 20.11.2002, 12:09
- Väter kämpfen um ihre Rechte -
Norbert,
20.11.2002, 11:04
- Re: Väter ohne Trauschein kämpfen um Sorgerecht (Artikel) -
Jolanda,
20.11.2002, 00:27
- Re: Väter ohne Trauschein kämpfen um Sorgerecht (Artikel) -
Arne Hoffmann,
19.11.2002, 21:18
- Deutsche Juristinnenbund / Sabine Heinke -
Norbert,
20.11.2002, 15:24
- Re: Deutsche Juristinnenbund / Sabine Heinke -
Jolanda,
20.11.2002, 15:42
- Nachtrag :-) -
Jolanda,
20.11.2002, 15:45
- Re: Nachtrag :-) - Norbert, 20.11.2002, 17:34
- Nachtrag :-) -
Jolanda,
20.11.2002, 15:45
- Re: Deutsche Juristinnenbund / Sabine Heinke -
Jolanda,
20.11.2002, 15:42