Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

"Ich verspreche nichts, also glauben Sie mir"

Garfield, Friday, 30.01.2009, 14:26 (vor 6172 Tagen) @ Christine

Hallo ChrisTine!

Trotz der Nörgelei der üblichen Bedenkenträger ist die Abwrackprämie der Renner.

Den Eindruck habe ich nicht. Hier bei mir in der Gegend hat gerade ein Autohaus Insolvenz angemeldet, und von einem anderen Autohaus weiß ich, daß die Geschäfte da momentan auch ganz mies laufen.

Alle deutschen Autohersteller haben über Jahrzehnte hinweg die Strategie verfolgt, die Autos immer aufwändiger und teurer zu machen, um so Preise und damit die Gewinne immer mehr erhöhen zu können. Was die Händler dieser Hersteller von Kunden mit geringem Einkommen hielten, brachte mal ein Geschäftsführer eines Autohauses hier in der Gegend (genauer: in Aachen) klar zum Ausdruck. Da kam nämlich ein Student und fragte nach einem Gebrauchtwagen. Tatsächlich standen auf dem Hof genügend Gebrauchtwagen herum, die man für Neuwagen in Zahlung genommen hatte. Man hätte dem Studenten also durchaus einen davon verkaufen können. Der Geschäftsführer persönlich sagte ihm aber, daß sie keine Gebrauchtwagen verkaufen. Als ihn danach ein Mitarbeiter fragte, wieso er ihm keinen der Gebrauchtwagen verkaufen wollte, sagte dieser Geschäftsführer: "Solche Kunden will ich hier nicht haben."

Exakt das ist die Einstellung, die auch die deutschen Autohersteller heute noch haben. Selbst wenn sie sich dazu herablassen, Kleinwagen herzustellen, dann sind die immer teurer als vergleichbare Fahrzeuge mancher ausländischer Marken, sogar dann, wenn sie nicht nur weitgehend identisch sind, sondern auch in derselben Fabrik hergestellt wurden. Man will keine Kunden mit niedrigen Einkommen - die können ja Gebrauchtwagen oder Neuwagen von asiatischen oder osteuropäischen Herstellern kaufen. Westeuropäische und nordamerikanische Autohersteller machen denselben Fehler.

Dummerweise kürzt man der arbeitenden Bevölkerung nun aber schon seit fast 20 Jahren die Real-Einkommen immer weiter zusammen. So gibt es immer mehr Menschen, die sich die teuren Karrossen nicht mehr leisten können. Da hilft dann oft auch keine 0%-Finanzierung mehr.

Da hätten die Hersteller schon längst mit marktgerechten, kleineren und preisgünstigeren Modellen gegensteuern müssen, aber der Wille dazu fehlte total. Und er ist auch jetzt nicht da. Deshalb schreit man ja nach dem Staat, der durch Umweltzonen, CO2-Steuer und eben auch durch Abwrackprämien den Markt so hinbiegen soll, wie die deutschen Autohersteller ihn sich wünschen. Man glaubt ernsthaft, auf diese Weise so weiter wurschteln zu können wie bisher.

Das wird so natürlich nicht funktionieren. Wer sich bisher keinen Neuwagen für 15.000 Euro oder mehr leisten konnte, der kann ihn sich meist auch nicht leisten, wenn man ihm 2.500 Euro dazugibt. Obendrein muß die arbeitende Bevölkerung all diesen Unsinn ja letztendlich auch noch finanzieren und hat so am Ende des Monats noch weniger Geld übrig.

Steinbrück tut so, als wäre die derzeitige Krise nur durch eine Handvoll Börsianer und Banker entstanden, die sich mit ihren Anlagen zu weit aus dem Fenster gelehnt haben. Das ist natürlich auch Unsinn. Diese Börsianer und Banker hätten niemals soviel Geld verzocken können, wenn man es ihnen nicht gegeben hätte. Gegeben wurde es ihnen von Menschen, die den Hals einfach nicht voll bekamen, die immer höhere Renditen haben wollten, ohne etwas dafür tun zu müssen.

Einige von denen haben dabei viel Geld verloren, und sie versuchen nun, dieses Geld aus in ihrem Besitz befindlichen Firmen wieder herein zu bekommen. Andere hatten Glück und haben weniger Geld verloren. Die trauen aber nun den Finanzmärkten nicht mehr, sie suchen sichere Anlagen, und sie erwarten, daß die Gewinne, die ihnen nun nicht mehr aus den mittlerweile geplatzten Finanzblasen zuströmen, jetzt aus anderen Quellen kommen.

So wird derzeit in mittleren und großen Firmen, die ja zum großen Teil im Besitz von Superreichen sind, gespart, was das Zeug hält. Und das wirkt sich dann natürlich wieder auf andere Firmen aus, und zwar auch auf kleine und mittlere. Die Papierveredler und Druckereien stellen derzeit z.B. Auftragseinbrüche fest, weil weniger Werbeplakate und Prospekte in Auftrag gegeben werden. SAP muß zum ersten Mal in seiner Geschichte Personal abbauen, weil das Geschäft mit Unternehmenssoftware nun auch schlechter läuft. Usw. - das zieht immer weitere Kreise.

Viele Firmen wird das in die Insolvenz treiben. Das wird die Arbeitslosenzahl erhöhen und auf vielen Märkten die Bildung von Monopolen und Oligopolen beschleunigen, und dann beginnt die Krise erst richtig...

Freundliche Grüße
von Garfield


gesamter Thread:

 

powered by my little forum