Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Zweifelhafte Methode zur Ermittlung einer Lohndiskriminierung

Isegrim, Sunday, 26.10.2008, 22:30 (vor 6266 Tagen) @ Manifold

Diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Die betas sind Messgrößen.
Natürlich können da - je nach Ausgangslag - auch Werte nahe 0 gemessen
werden.


Für die Frau wird extra ein weiterer Summand (da FRAU = 1) in die Formel
eingeführt, so dass man für einen gleichqualifierten Mann nicht auf die
gleiche Zahl kommen würde.

Die Kritik an der Mathematik kann ich hingegen nicht nachvollziehen:

ich

glaube, da sieht's gut aus.


Siehe oben.

Das Gewicht beta_5 kann aber auch positiv (>0) sein. Dann würde die Frau mehr verdienen.
Oder gleich 0. Dann gäbe es keinen Unterschied.
Die Setzung Dummyvariable=1 beschreibt die Änderung des Verdienstes, wenn statt einem Mann (Ausgangsbasis) eine Frau betrachtet wird. Man hätte es auch genauso andersherum definieren können (0=Frau, 1=Mann), das würde keinen Unterschied machen.
Nehmen wir mal kurz an, die (Vulgär-)Femis hätten recht, und Frauen würden nur aufgrund ihres Geschlechtes 23% weniger verdienen als Männer.
Wir betrachten das selbe Modell, wie Skizziert, nur wir blenden alle Merkmale bis auf das Geschlecht aus.

Mit der Kodierung (X kennt die Ausprägungen: 0=Mann, 1=Frau) erhalten wir
Y=beta_0+beta_5*X
mit beta_1=1 und beta_5=-0.23
Mit der umgekehrten Kodierung (X kennt die Ausprägungen: 0=Frau, 1=Mann)
Y=beta_0+beta_5*X
mit beta_1=1 und beta_5=0.3

man beachte: (1 durch 1,3) = (0,77 durch 1)
Es macht überhaupt keinen wirklichen Unterschied, wie die Dummy-Variable definiert ist: einmal mißt man auf Basis des Lohnes des Mannes den Unterschied des Lohnes einer Frau, oder genau umgekehrt. Ist völlig Wurscht.

Auch Manifolds Kritik:

Und wäre es nicht wissenschaftlicher, von einer gleichen Ausgangsbasis

bezüglich Löhne von Männern und Frauen auszugehen und von dort aus
Abweichungen zu suchen, statt die Statistik schon im Vorfeld auf ein
politisch gewünschtes Ziel hinsteuern zu lassen?


Kann ich methodisch nicht nachvollziehen.


Es wird schon von Anfang an von einer Ungleichbehandlung ausgegangen, ohne
dass diese überhaupt nachgewiesen wurde. Danach lässt man die statistische
Methoden mit Hilfe von ideologischen Schnittstellen (die Werte, die man
schätzen muss) in die gewünschte Richtung laufen.

Wissenschaftlicher wäre es, wenn man von einer gemeinsamen Lohngrundlage
für Mann und Frau ausgehen würde und diese dann in der Praxis überprüft und
nicht gleich von einem Spezialfall ausgeht.

Gruss,
Manifold

In naturwissenschaftlichen Experimenten versucht man für gewöhnlich alle Einflußgrößen konstant zu halten, und nur eine systematisch zu Variieren.
Entsprechendes hier umzusetzen ist natürlich nur schwer möglich, da sich zu einem Mann mit einem bestimmten Bildungsabschluß, Beruferfahrung, Alter etc. schwerlich nur eine Frau finden ließe, die bei allen diesen Merkmalen identisch wäre (mal davon abgesehen, daß man ja kein Experiment durchführt, sondern nur Korrelationen betrachtet).
Entsprechend versucht man zu ermitteln, welchen Einfluß jedes einzelne dieser Merkmale im Schnitt hat und berechnet das jeweilige "Gewicht" dieses Merkmals: eine reelle Zahl. An dieser könnte man dann direkt ablesen, wie z.B. ein Hochschulstudium den Verdienst ändert, wenn alle anderen Größen gleich bleiben.
Entsprechendes gilt für das Merkmal "Geschlecht". Um zu messen, wie stark dieser eine Effekt einwirkt, muß ich das entsprechende Merkmal erheben und das zugehörige "Gewicht" errechnen. Genau das haben die vor.
Man könnte auch andere Merkmale erhaben: Augenfarbe z.B. Damit könnte man berechnen, inwiefern die Augenfarbe das Einkommen beeinflußt (wahrscheinlich wäre das betreffende Gewicht nahe bei der 0).
Man geht also nicht von einem Spezialfall aus: das was da gemacht wird, ist kaum etwas anderes, als Tabellen zu interpretieren, nur das die Sache mit mathematischen Methoden standartisiert und "heruntergebrochen" wird, da die Datenmengen (viele Merkmale) zu kompliziert wird.
Da wird nicht "von einem Spezialfall" ausgegangen.

Kritikwürdig ist alleine die Auswahl der betrachteten Merkmale.
Wenn wir - als Beispiel - folgende Merkmale neben dem Gehalt erheben würden:
1) Augenfarbe
2) Anfangsbuchstabe des Nachnamens
3) Rechtshänder/Linkshänder
4) Präferenz Pepsi/Cola
5) Geschlecht

Dann erhielten wir für beta_5 sicherlich einen Wert von -0.2 da die restlichen Merkmale sicherlich keinen Einfluß auf den Lohn haben (bis auf Schmutzeffekte). Diese Setting würde also automatisch dazu führen, daß eine Lohnbenachteiligung von Frauen festgestellt würde.

Deshalb habe ich auch beim ersten Post genau jenes kritisiert: die vernachlässigung des Berufs, die Gleichbewertung aller Hochschulabschlüsse etc..


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