Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Kulturelle Grundlagen wirtschaftlichen Erfolges

Donna Amaretta, Saturday, 11.04.2009, 12:22 (vor 6102 Tagen) @ Rüdiger

Seit Kästners Text sind fast 80 Jahre vergangen, und noch immer sind

weder

Deutschland noch andere europäische Länder untergegangen; also wird's

uns

wohl auch noch in 80 Jahren geben.


Tolle Logik, Du siehst mich schwer beeindruckt. So ähnlich haben sich
Armenier, Griechen, Tscherkessen, Christen, Juden und was es sonst noch

so

im anatolischen Herrenmenschenreich gab, das wohl auch gedacht.


Richtig, die lebten in der TÜRKEI, nicht anderswo. Und waren den Türken
ausgeliefert.

Wir aber leben nicht als Minderheit in der Türkei, auch nicht als Tibeter
in China oder als Letten in der Sowjetunion (nichtmuslimische Staaten, die
genauso "schön" unterdrückten), also ist das was ganz anderes. Trotz
muslimischer Zuwanderung. - Nicht ich, sondern Du wirfst Verschiedenes in
einen Topf.

Gruß, Rüdiger

Vielleicht sollte man überlegen,WER WO einwandert und dann WAS tut...?

Dazu ein Auszug aus einem sehr langen Text,ich habe ihn mehrmals ganz gelesen
und finde, die Überlegungen sind schlüssig.


Kulturelle Grundlagen wirtschaftlichen Erfolgs

... Zweifellos haben die schlechten Regierungen mit ihrer haarsträubenden Korruption,
ihrem Nepotismus, der Bereicherung der Eliten durch die Plünderung des Staates
und die Erpressung der privaten Wirtschaft und der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit,
mit dem Verfall der Infrastruktur und dem Ausbleiben von Investitionen verheerende Folgen
für die wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Länder, und insofern ließe sich sagen,
daß bad governance eine entscheidende Ursache für ausbleibende Entwicklung und Armut sei.

So wird aber die Frage nach den Ursachen nur verschoben, denn was erklärt die kontinuierlich schlechte Regierung in der Region? Warum wird von den Regierenden fast überall und fast
immer wieder eine entwicklungshemmende Politik verfolgt, obwohl deren Mängel doch
offensichtlich sind und zum Himmel schreien?
Die afrikanischen und islamischen Länder hatten gewiß keinen Mangel an Diktatoren und Tyrannen: Warum ist keiner von ihnen zum Entwicklungsdiktator geworden, warum sind alle Hoffnungen
immer wieder enttäuscht worden? (Malaysias autoritärer Mahatir und Indonesiens Diktator Suharto scheinen ein Gegenargument zu bieten, aber die wirtschaftlichen Erfolge dieser beiden Länder
sind wesentlich den chinesischen und indischen Einwanderern zuzuschreiben.)

Die Erklärung, die sich aufdrängt, ist der Unterschied der Kulturen.
Es gibt anscheinend Kulturen und Kulturkreise, die schlechtere oder günstigere Voraussetzungen
für wirtschaftliche Entwicklung und good governance bieten. Die eingangs unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten skizzierten Einheiten wie "afrikanische" oder "islamische Länder" entsprechen zugleich ungefähr den Grenzen der Weltkulturen. "Kultur" sei hier verstanden als etwas bewußt
oder unbewußt Erlerntes, als ein unsystematisches und wandelbares – wenn auch oft erstaunlich langlebiges – Ganzes von Angewohnheiten und Anschauungen, Werten und Abneigungen, Denkweisen und Annahmen über die Welt.

Kultur beinhaltet also ein Weltbild, "das bestimmte Arten der Wahrnehmung gestattet
(oder begünstigt), andere verhindert (oder erschwert), die Individuen mit spezifischen Eigenschaften ausstattet, während es ihnen andere vorenthält und die Aufmerksamkeit der Menschen auf bestimmte Sachverhalte lenkt und von anderen abzieht" – so der Soziologe und Entwicklungsexperte Uwe Simson.Deutliche Unterschiede im Wohlstand verschiedener Kulturen findet man nicht nur zwischen den Ländern, sondern häufig auch innerhalb eines Landes: der oft erstaunlich große Unterschied des wirtschaftlichen Erfolgs ethnischer Gruppen, die schon immer oder seit langer Zeit in ein und demselben Land lebten – zum Beispiel die Juden in Deutschland, den USA und zahlreichen anderen Ländern, die Deutschen im zaristischen Rußland oder Osteuropa, die Armenier und Griechen im Osmanischen Reich, die Parsen, Dschainas und Sikhs in Indien, die Ibos in Nigeria, die Basken oder Katalanen in Spanien, die Protestanten in Frankreich usw ...

Kaum weniger selten ist das Phänomen von wirtschaftlich unterdurchschnittlich erfolgreichen Gruppen: den Sinti und Roma etwa, oder den Indianern und Schwarzen in den USA,
den Sizilianern und Kalabresen in Italien. Bis in die sechziger Jahre hinein waren die aus
Frankreich stammenden Bewohner der kanadischen Provinz Quebec wirtschaftlich weit hinter den anderen Provinzen zurück. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das durchschnittliche Einkommen eines deutschen Juden dreimal so hoch wie das seiner christlichen Mitbürger.

Obwohl nur 5 Prozent der Bewohner Berlins damals Juden waren, kamen sie für 31 Prozent der Einkommensteuer der Stadt auf. In den USA sind die Juden heute die Gruppe mit dem höchsten Durchschnittseinkommen, 1969 war es um 80 Prozent höher als das der anderen Amerikaner. Auffällig hier wie dort war und ist die außergewöhnliche Lern- und Bildungsbereitschaft der Juden, was sich in ihrem weit überproportionalen Anteil im sekundären und tertiären Ausbildungsbereich sowie an den Wissenschaftlern vieler Sparten zeigt. Mit weniger als einem Prozent der Weltbevölkerung stellen die Juden 16 Prozent aller Nobelpreisträger.Wie die Beispiele ahnen lassen, hat das mit Rasse nichts zu tun. Bei den amerikanischen Schwarzen etwa gibt es deutliche Unterschiede zwischen denjenigen, deren Vorfahren im 19. Jahrhundert Sklaven waren oder Freie.

Die Kultur der Sklavenhaltergesellschaft wirkte sich in ihrer negativen Einstellung gegenüber
Arbeit und Schule auch auf die weiße Bevölkerung der Südstaaten und deren unterdurchschnittliche schulische und wirtschaftliche Leistungen aus.Fast alle Staaten, die mehrere ethnisch verschiedene Gruppen von Einwanderern aufgenommen haben, kennen das Phänomen des unterschiedlichen wirtschaftlichen Erfolgs dieser Gruppen.
Die ungelernten chinesischen Arbeiter auf den Kautschukplantagen des kolonialen Malaysia waren doppelt so produktiv wie die einheimischen Arbeiter und verdienten auch mehr als das Doppelte; hundert Jahre später berichtet die französische Zeitung Libération aus Gabun,
daß dort chinesische Arbeiter und Ingenieure die großen Bauprojekte der Regierung realisieren.
Die etwa 100 chinesischen Arbeiter, die aus China herantransportiert werden und untergebracht werden müssen, was zusätzliche Kosten verursacht, erhalten einen mehr als doppelt so hohen Lohn wie die etwa 50 afrikanischen Arbeiter.
Warum? Weil sie dreimal so schnell und außerdem zuverlässiger arbeiten, erklärt eine Chinesin.
Eine europäische Architektin vor Ort bestätigt das: "Sie sind superschnell! Wir haben ihnen einmal einen Auftrag erteilt, den sie in weniger als acht Tagen erledigt haben.
Unser europäisches Team hätte dafür dreimal so lange gebraucht."

Die Chinesen gehören zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Einwanderern auf der Welt –
in Indonesien wie in den USA, in Singapur wie in Jamaika, einzig die indischen, japanischen
und koreanischen Einwanderer können da mithalten. Sie haben gewöhnlich ein erheblich höheres Einkommen als die anderen Bevölkerungsteile. In Indonesien, wo sie weniger als 5 Prozent der Bevölkerung stellen, verfügen sie über etwa 70 Prozent des privaten Kapitals und besitzen 150 der 200 größten Unternehmen. In den USA hatten chinesisch-amerikanische Familien bereits 1969
ein 12 Prozent höheres Einkommen als die amerikanische Durchschnittsfamilie, 1990 war es 60 Prozent höher als das anderer amerikanischer Familien.In Malaysia ist das chinesische Durchschnittseinkommen doppelt so hoch, in Jamaika dreimal so hoch.

Und doch waren die Chinesen als arme und ungelernte, meist analphabetische Arbeiter
in diese Länder gekommen. Aber schon die zweite Generation konnte auf der Grundlage der
harten Arbeit und Sparsamkeit ihrer Eltern und ihrer eigenen schulischen Leistungen den Status
der ungelernten Arbeiter verlassen und dann Händler oder Unternehmer werden und in freie Berufe aufsteigen.

1911 waren noch 50 Prozent aller Chinesen in Malaysia Arbeiter, zwanzig Jahre später nur noch
11 Prozent. In Thailand, Indonesien, Malaysia waren wesentlich sie es, die die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder voranbrachten.
Die Thais und Malayen waren kaum mehr als Zuschauer dabei, schreibt Thomas Sowell.
Und diese Erfolge wurden gegen die Feindseligkeit und den sich gelegentlich in Pogromen entladenden Haß der Mehrheitsgesellschaft erreicht, gegen staatliche und soziale Diskriminierung!

Am Beispiel der Inder und Japaner läßt sich ebenfalls der positive Einfluß der mitgebrachten Kultur der Einwanderer zeigen, positiv auch für die Wirtschaft der Gastländer. In den USA übertraf 1969
das Familieneinkommen der japanischstämmigen Amerikaner den Landesdurchschnitt um 32 Prozent, 1990 waren es dann 45 Prozent.

Damit gingen – wie bei den Chinesen – zunehmende Integration und gesellschaftliche Akzeptanz einher sowie eine wachsende Zahl von Mischehen. 1980 sprachen drei Viertel aller japanischen Amerikaner nur noch Englisch. In Kanada können die japanischen Einwanderer ähnliche Erfolge vorweisen – in beiden Fällen gegen anfangs erhebliche und dann durch den Weltkrieg noch gesteigerte antijapanische Ressentiments.
(...)

Ganzer Text: www.eurozine.com/articles/2006-11-02-kohlhammer-de.html


LG Donna Amaretta


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