Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Zum Schutzalter (geplantes Sexualstrafrecht)

Garfield, Thursday, 13.09.2007, 15:31 (vor 6672 Tagen) @ Klaus Brause

Hallo Klaus!

Hast du deine Depression immer noch nicht überwunden?

Warum so unsachlich?

Ich finde die geplanten Verschärfungen der Sexualstrafgesetze ebenfalls sehr bedenklich. Ich denke, daß wie so oft ganz verschiedene Gruppierungen dahinter stecken.

Christliche Fundamentalisten spielen in Deutschland wohl (noch) eine geringere Rolle, aber ihre Kollegen in den USA haben zweifellos großen Anteil daran, daß das Thema in Europa und damit auch in Deutschland überhaupt aktuell wurde, indem sie es in UN-Organisationen hineingedrückt haben, was sich nun wiederum auf die EU auswirkt.

Ich denke, daß es hier verschiedene Gruppen gibt, die das gern aufgreifen, weil sie sich davon Vorteile versprechen.

Da gibt es z.B. Anwälte, die größtmögliche Rechtsunsicherheit immer begrüßen, weil ihnen sowas viel Geld einbringt.

Da gibt es die Porno-Industrie, die grundsätzlich alles begrüßt, was Privatleute jeglichen Alters daran hindert, irgendwelche erotischen Fotos oder Filme kostenlos weiterzugeben, besonders im Internet.

Da gibt es Ermittlungs- und Überwachungsbehörden, die sich gern vergrößern oder zumindest nicht verkleinern möchten und deshalb immer mehr Betätigungsfelder brauchen.

Da gibt es Spitzenpolitiker, die gern von ihrem Versagen auf wirklich wichtigen Gebieten ablenken möchten und ihren Wählern nichts wirklich Positives zu bieten haben und deshalb gern auf populistische Aktionen ausweichen.

Und da gibt es nicht zuletzt auch das Bestreben, Widerstand gegen das etablierte System möglichst gar nicht erst aufkommen zu lassen und Menschen, die solchen Widerstand leisten, organisieren und/oder andere Menschen mit unzensierten Informationen versorgen, möglichst gründlich auszubremsen.

Letzteres könnte durchaus auch viele hier im Forum treffen. Nehmen wir z.B. mal die Kampagne um Mittelschichts-Frauen ins Erwerbsleben zu drücken: Wenn jemand z.B. eine Internetseite dagegen ins Netz stellt, dann kann man rein rechtlich erst einmal nichts dagegen unternehmen, wenn derjenige keine strafrechtlich relevanten Äußerungen macht. Man kann nur hoffen, daß nur wenige Menschen diese Seite finden, man kann Suchmaschinen dahingehend beeinflussen, daß die Seite ganz hinten oder gar nicht angezeigt wird - aber viel mehr ist nicht drin.

Schafft man jedoch auf möglichst vielen Gebiete Rechtsunsicherheiten, dann eröffnen sich plötzlich ganz neue Möglichkeiten. Ja unklarer Gesetze formuliert sind und je mehr Interpretationsspielraum sie lassen, umso leichter lassen sie sich mißbrauchen. Noch leichter wird es, wenn man ganz legal Trojaner auf privaten Rechnern installieren und die so gewonnenen Ergebnisse dann in Gerichtsverfahren verwenden darf. So wäre z.B. folgendes Szenario denkbar:

Irgendjemand ist im Internet sehr aktiv und äußert sich dort gesellschaftskritisch. Er betreibt eine eigene Internetseite mit Forum, und diese Seite hat viele Nutzer. Der Mensch wird dadurch also höchst gefährlich, aber er tut nichts Böses, so daß man ihn mit normalen Mitteln nicht so einfach stoppen kann.

Also jubelt man ihm den Bundestrojaner unter und durchsucht still und heimlich die Festplatten seines Rechners. Und siehe da - man findet dort Fotos aus dem letzten Urlaub. In diesem Urlaub war er mit seiner Familie am Strand und hat dort auch Fotos mit seiner Digitalkamera gemacht. Auf einem der Fotos ist seine 17jährige Tochter in einem Bikini zu sehen, während sie auf einer Decke liegt und sich sonnt.

Da die Ermittler das Geburtsdatum der Tochter kennen und nachweisen können, daß das Foto noch vor ihrem 18. Geburtstag gemacht wurde, da durch die kürzlichen Gesetzesänderungen jetzt auch leichte Bekleidung als "pornografisch" eingestuft werden kann und da der Bikini der Tochter wirklich ziemlich knapp ist und ihre Haltung auf dem Foto mit sehr viel sexueller Fantasie als "aufreizend" interpretiert werden kann, genehmigt ein Richter wegen Verdachts auf Erzeugung von kinderpornografischem Material eine Hausdurchsuchung.

Schon am nächsten Tag stehen einige freundliche Beamte vor der Tür dieses Mannes und stellen dann seine ganze Wohnung auf den Kopf. Seinen Rechner nehmen sie selbstverständlich mit, und auch diverse Papiere, die sie finden. Sie stellen dann bei der Analyse des Rechners noch fest, daß er einige Urlaubsfotos in eine Fotogalerie im Internet gestellt hat, darunter auch das Bikini-Foto von seiner Tochter.

Das rechtfertigt aufgrund der verschärften Sexualstrafgesetze nun eine Anklage wegen Produktion und Verbreitung von Kinderpornografie. Obendrein stellt sich durch Lektüre des ebenfalls beschlagnahmten Tagebuches der Tochter auch noch heraus, daß sie einen ebenfalls 17jährigen Freund hat, mit dem sie sexuelle Kontakte hatte, und zwar mit Wissen ihrer Eltern.

Das wird den Eltern als Duldung von Kindesmißbrauch und Verletzung der Aufsichtspflicht ausgelegt, es gibt eine entsprechende Anklage und der Vater sowie der 17jährige Freund der Tochter wandern natürlich sofort in U-Haft.

Ja, und so hat man den Mann prima ausgebremst. Er wird dann zu mindestens 4 Jahren Gefängnis verurteilt, und wenn er die abgesessen hat, kann man ihn jederzeit als Sexualstraftäter verunglimpfen und brandmarken, was seine Glaubwürdigkeit deutlich verringert. Außerdem verliert er auch noch Job und Familie, und mit etwas Glück begeht er vielleicht schon im Knast Selbstmord.

Freundliche Grüße
von Garfield


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