Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Kirche im Dorf lassen

hquer, Saturday, 07.04.2007, 17:48 (vor 6830 Tagen) @ Chato

Mir lief es da genauso eiskalt den Rücken runter wie dir.

Der Zeitgeist brandet natürlich auch gegen den "Fels" in Rom. Man merkt
das zunehmend und auf vielfältige Weise, bisher vor allem ausgehend von
bestimmten Laien- und Linkskatholischen Vereinen (bevorzugt solche
deutscher Sprache: "Kirche von ['ganz'] unten", "Wir sind Kirche",
"Kirchenvolksbegehren" oder auch Teile des "Zentralkomitees der deutschen
Katholiken"). Da wird seit Jahrzehnten mit allen Haken und Ösen der
feministische Hebel angesetzt, polemisiert, angeklagt, gejammert und vor
sich hin gelitten über die "patriarchale Unterdrückung der Frau in der
Kirche", freilich bislang ohne greifbaren Erfolg... wenn man von den
weiblichen Ministranten absieht, die es nun gibt - für mich ein glattes
Unding, schon von der Sache her, da Frauen nicht geweiht werden können
(dies aber nun natürlich um so selbstverständlicher fordern wegen eben
jener Ministrantinnen: nach der bewährten "Millimetertechnik" halt).

Auch in bestimmten, auf die Welt hin ausgerichteten Ordensgemeinschaften
(darunter die Kapuziner, denen Cantalamessa angehört) hat sich ein
gewisser, defensiver Feminismus ausgebreitet, so als habe die Kirche eine
Art geschichtliche Bringeschuld gegenüber den Frauen (natürlich ein
Schmarrn!), auch bei Radio Vatikan ist das z.T. zu spüren u.s.w. Aber
offiziell im Petersdom als Predigt zu hören - das ist wirklich ein
Hammer!

Raniero Cantalamessa ofmcap war u.a. Theologie-Professor und ist heute ein
in Italien sehr populärer Schriftsteller. Was er da sagt, ist gleich
mehrfach ein Schmarren. Er hätte genauso gut auch sagen können, daß "die
Brillenträger unschuldig am Tode Jesu waren"! Damals gab es überhaupt noch
keine Brillen? Richtig! Und es gab an den Gerichten eben auch keine
Richterinnen. War ja schließlich alles "Patriarchat" damals. Und
wer kein offizielles Amt ausüben kann, kann auch offiziell keine
offiziellen Sünden begehen. Die Eskimos sind aus demselben Grund übrigens
ebenfalls "unschuldig am Tode Jesu", denn es gab keinen einzigen Eskimo,
der sich zu der Zeit in Jerusalem aufhielt.

Theologisch ist dieser ganze Gedankengang aber schon in sich eine
Unmöglichkeit. Die Schuld am Tode Jesu trägt nach Lehre der Kirche der
Mensch als solcher
wegen seiner Sündenverfallenheit, also seiner
Abwendung vom Schöpfer. Die Weiber hier nun gewissermaßen durch die
Hintertür von der Erbsünde freizusprechen, ist theologisch (und für mich)
der eigentliche Skandal. Wenn nach kirchlichem Dogma Maria ohne Erbsünde
geboren wurde, um den Erlöser zu gebären, dann gilt das gefälligst nicht
für "die Frauen". Das ist echt ein starkes Stück und eine Geistesverirrung
des Herrn Cantalamessa von der ganz bedenklichen Art.

Zum dritten ist es eine ziemlich bizarre Wiederholung eines alten,
katastrophalen Denkfehlers - nämlich dem einer angeblichen
"Gruppenkollektivschuld" (freilich jetzt mit umgekehrtem Vorzeichen), wie
sie in früheren Jahrhunderten angeblich auf "den Juden" gelegen hätte -
und nun auf "den Frauen" nicht liegen würde. Bizarr!

Mich machen solche theologischen Blackouts mit feministischer Konnotation
immer ziemlich nervös, allzumal, wenn das nun sogar von Prof. Cantalamessa
zu Karfreitag im Petersdom verbraten wird. Man kann nur nach Möglichkeit
und Vermögen versuchen, den klardenkenden, für Ideologie unanfälligen,
gutkatholischen Kräften den Rücken zu stärken. Daß der feministische
Zeitgeist mit allen Mitteln in die Kirche einzudringen versucht,
verwundert nicht, kann anders gar nicht sein und ist auch nicht neu - aber
zu Karfreitag vom päpstlichen Hausprediger in St. Peter in Rom verkündet:
das ist in der Tat ein echter Schrecken!

Nick

Man sollte aber die Kirche im Dorf lassen und anerkennen, dass der Femizeitgeist
sehr lange benötigt hat, um die Festung Kirche anzukratzen.
Das Immunsystem ist so schlecht offenbar nicht. Die rotgrünen Gutmenschen dagegen mussten
nicht einmal infiziert werden. Bei denen sind die kollektivistischen Gene schon vorinstalliert ;-)

Ich kann mich noch gut an die scharfe Kritik von Johannes Paul II. an die Adresse des schädlichen
Feminismus erinnern. So etwas könnte ich mir bei keinem hochrangigen Politiker, egal welcher coleur,
vorstellen. Das werde ich ihm nie vergessen.

Gruss,
hquer


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