Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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eine Zwischenbilanz...

Garfield, Tuesday, 30.01.2007, 13:00 (vor 6887 Tagen) @ carlos

Hallo Carlos!

Als Wertkonservativer würde ich liebend gerne nicht nur Feminismus, sondern auch dessen tiefer liegende Ursachen im sanften Sozialismus typisch deutscher Ausprägung ... ausradieren...

Ich weiß jetzt nicht genau, was du konkret unter "Sozialismus" verstehst, aber das ist in diesem Zusammenhang gar nicht mal so wichtig.

Tatsächlich gibt es Strömungen im Feminismus, die man nicht nur als sozialistisch, sondern durchaus als kommunistisch bezeichnen kann. Da wird der Kapitalismus als Wurzel allen Übels betrachtet.

Gerade diese Strömung des Feminismus hat sich in Deutschland aber nicht durchgesetzt! Man findet vermutlich in Frauenbuchläden Bücher von Feministinnen mit solchen Ansichten, von den deutschen Massenmedien werden sie jedoch ignoriert; und sie spielen in unserer Gesellschaft praktisch keine Rolle.

Hofiert werden von den Medien vor allem Feministinnen einer ganz anderen Strömung. Alice Schwarzer ist ihre prominenteste Vertreterin in Deutschland. Für diese Feministinnen spielt der Kampf gegen den Kapitalismus maximal eine untergeordnete, oft sogar gar keine Rolle. Als Wurzel allen Übels wird dort der Mann betrachtet, und das angeblich von ihm geschaffene "Patriarchat".

Wie kommt es nun, daß gerade solche Feministinnen sich dermaßen durchsetzen konnten, während die linksorientierten Feministinnen keine Beachtung finden?

Es ist da immer hilfreich, mal darüber nachzudenken, wem das eigentlich wirklich nützt. Haben selbsternannte "linke" Gutmenschen etwas davon? Manche von ihnen glauben es vielleicht, aber es ist nicht so. Der Radikalfeminismus einer Alice Schwarzer nützt weder Männern noch Frauen, egal, welche politischen Meinungen sie vertreten.

Schon vor Jahrtausenden haben die Mächtigen im alten Rom (und vor ihnen schon diverse andere) das Prinzip "Teile und herrsche" angewandt. Das funktioniert auch heute noch prächtig. So tut man viel, um die Bevölkerung in Gruppen und Grüppchen zu spalten und diese gegeneinander aufzubringen. Alte gegen Junge, Erwerbstätige gegen Erwerbslose, Eltern gegen Kinderlose, Linke gegen Rechte und eben auch Frauen gegen Männer. Wenn sich alle schön in Kleinkriegen gegeneinander verzetteln, sieht kaum noch jemand die wirklichen Probleme, und die Mächtigen im Lande haben freie Bahn.

Eine Alice Schwarzer leistet da gute Dienste, weil sie einerseits den "Geschlechterkrieg" immer wieder anheizt, andererseits aber nicht wirklich an den Grundfesten des etablierten Systems rüttelt. Deshalb wurde ihr ja auch das Bundesverdienstkreuz umgehängt.

Darüber hinaus läßt sich der Feminismus auch noch anderweitig prima verwursten.

Es ist ja heute immer wieder die Rede von der Rollenverteilung zwischen Paaren, von Vereinbarkeit von Familie und Beruf usw. Sehen wir uns mal mögliche Rollenbilder und ihre Auswirkungen auf die Unternehmen an:

Erst einmal die traditionelle Hausfrauen-Ehe. Da läuft es so, daß die Frau zunächst - wie heute üblich - eine berufliche Ausbildung macht und oft auch noch eine Zeitlang beruflich tätig ist. Spätestens, wenn das erste Kind kommt, setzt sie jedoch beruflich aus. Wenn sie in ihrem Job zumindest einigermaßen gut eingearbeitet ist, dann ist das natürlich ein Verlust für das Unternehmen, bei dem sie bislang gearbeitet hat. Ihre Stelle kann erst einmal nur mit Aushilfskräften besetzt werden, und wenn sie dann ganz aus dem Beruf aussteigt, dann muß man sich wieder jemanden für die Stelle suchen. Das ist schon einmal lästig. Lästig ist auch, daß sie als Hausfrau letztendlich vom Arbeitsmarkt verschwindet. Tun das viele Frauen, dann wird sich das zugunsten der Arbeitssuchenden und zu Ungunsten der Unternehmen auswirken. Dafür sorgt das Gesetz von Angebot und Nachfrage.

Wie sieht das aber mit dem Mann aus? Der muß dann allein das Geld für die Familie verdienen. Das hat für das Unternehmen, in dem er arbeitet, den positiven Effekt, daß er sich noch stärker beruflich engagieren wird. Er will nun seinen Job auf gar keinen Fall verlieren, und weil er Geld braucht, wird er auch jederzeit bereitwillig Überstunden schieben. Tatsächlich steigt die Arbeitszeit von frischgebackenen Vätern laut Statistik auch an. Und manche Unternehmen stellen deshalb durchaus gern Familienväter ein. Allerdings gibt es bei der Sache auch einen negativen Effekt: Wenn ein Mann Frau und Kinder allein ernähren muß, dann ist er gezwungen, ein entsprechend hohes Gehalt zu verlangen. Man kann ihm also nicht das Gehalt einfach so endlos drücken, sondern muß - wenn man das doch tut - sicher davon ausgehen, daß er sich nach einer anderen Stelle umsehen wird. Weil er das einfach tun muß, um seine Familie zu ernähren.

Dann gibt es noch die Alternative, daß beide Partner nur halbtags arbeiten. Dabei gibt es prinzipiell dasselbe Problem: Sie müssen dann ebenfalls praktisch mit einem Gehalt die Familie ernähren, sind also genauso gezwungen, ein möglichst hohes Gehalt anzustreben wie der alleinverdienende Familienvater. Obendrein sind sie mit Halbzeitjobs nicht sonderlich flexibel. Wenn sie sich die Zeit z.B. so aufgeteilt haben, daß sie sich abwechselnd um die Kinder kümmern, dann können sie nicht einfach so Überstunden schieben. Überhaupt sind den Unternehmen Vollzeitkräfte natürlich oft lieber.

Was bleibt nun noch übrig? Die Variante, daß beide auf Vollzeit arbeiten. Das gibt beiden die Möglichkeit, beruflich vollen Einsatz zu bringen. Und wenn das viele Paare tun, drängen entsprechend viele Menschen auf den Arbeitsmarkt. Die Auswahl für die Unternehmen erhöht sich also, und das Gesetz von Angebot und Nachfrage sorgt dann automatisch für Lohnsenkungen. Wenn man weiß, daß der Partner ja auch einen Job hat, dann akzeptiert man auch eher ein niedriges Gehalt.

Diese Variante ist also für die Unternehmen am günstigsten. Und siehe da: Ganz zufällig wird die Vollzeitberufstätigkeit der Frau auch von den Feministinnen, denen die Medien immer gern Podien einräumen, eifrig propagiert. Und das, obwohl die Mehrheit der Frauen bei Umfragen immer wieder angibt, gar nicht auf Vollzeit arbeiten zu wollen!

Da gibt es dann allerdings noch ein Problem: Eltern müssen ihre Kinder irgendwo lassen, wenn sie beide auf Vollzeit arbeiten. Die Unternehmen könnten natürlich Betriebskindergärten einrichten oder die Kindergartenkosten übernehmen. Manche tun das sogar. Vielen ist das aber zu teuer. Man strebt schließlich Maximal-Gewinne an, und die dürfen durch so etwas nicht geschmälert werden. Deshalb ist es natürlich viel besser, wenn die Effektiv-Steuerzahler diese Kosten übernehmen. Und ganz zufällig wird ständig mehr Geld aus Steuermitteln für Kindertagesstätten gefordert. Auch der Ausbau der Ganztagsschulen paßt prima in dieses Konzept.

Findest du es nicht auch etwas eigenartig, daß viele Forderungen der Feministinnen - jedenfalls die, die von unseren Massenmedien eifrig verbreitet werden - und auch die Äußerungen aus dem Frauenministerium sich weitgehend mit den Interessen der Besitzer der Unternehmen decken?

ich will endlich frei atmen können

Ja, Carlos, das will ich auch. Leider versteht aber nicht jeder dasselbe unter "Freiheit". Einige verstehen darunter z.B. die Freiheit einer Minderheit, die Mehrheit maximal auszubeuten. Und wundern sich dann darüber, wie es wohl sein kann, daß nicht alle Vertreter der Mehrheit das so toll finden.

Freundliche Grüße
von Garfield


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