Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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"Was wäre wenn" ist keine Diskussionsgrundlage

Beelzebub, Monday, 20.11.2006, 23:35 (vor 6956 Tagen) @ Maesi

@Nihilator: Du hast Dich aufs Glatteis fuehren lassen. Natuerlich stellen
die Versorgungskosten fuer das Kind im weiteren Sinne einen 'Schaden' dar;
und nur darum geht's in dieser Klage. Interessanterweise lassen die Richter
aber dieselbe Argumentation nicht gelten, wenn ein Mann von einer Frau
ueber den Tisch gezogen wird, indem sie sich ohne sein Wissen von ihm
schwaengern liess. Der Kindsvater hat unabhaengig davon, ob er das Kind
wollte oder nicht, immer Unterhalt zu zahlen; von irgendwelchen
Schadenersatzanspruechen des unfreiwilligen Kindsvaters gegenueber einer
womoeglich sogar arglistig handelnden Kindsmutter kann keine Rede sein.

Ganz so ist es nicht. Eine Frau, die einen Mann dergestalt über den Tisch zieht, dass sie ihm wahrheitswidrig vorsäuselt, sie nähme die Pille, sei sterilisiert, habe eine Spirale drin oder dergleichen macht sich im Falle einer untergejubelten Vaterschaft schadenersatzpflichtig - theoretisch. Das nahezu unauflösliche Dilemma, in dem die Männer in solchen Fällen stecken, ist die Beweislastverteilung. Wer Schadenersatz haben will, muss grundsätzlich beweisen, dass eine schadenersatzpflichtige Handlung vorliegt - im vorliegenden Fall die Lüge der Frau Mama. Da die Zusicherung, die Pille zu nehmen, für gewöhnlich nicht schriftlich abgegeben wird und bei Abgabe dieser Zusicherung in der Regel auch keine Zeugen dabei sind, scheitern die unfreiwilligen Väter nicht daran, dass die Gerichte solche Ansprüche verneinen, sondern daran, dass sie die Anspruchsvoraussetzungen nicht beweisen können.

Die einzige Möglichkeit, derartige Schäden zu vermeiden: das beachten, was in Nihis Sig steht - und danach handeln.

Man(n) erinnere sich etwa an den Fall 'Becker'.

Na, was der Blödian verzapft hat (Sperma im Mund heimlich aufgehoben und sich dann selbst damit geschwängert) halte ich für ähnlich glaubwürdig, wie die urbane Legende mit dem schwarzen Baby*.

@Beelzebub: Deine Argumentation (und auch die des Richters) ist zwar
eindrucksvoll, basiert IMHO jedoch auf einer voellig untauglichen
Grundlage. Die Grundlage der Klage war ja, dass sie das Kind gar nicht
gewollt habe. Wie man in einem solchen Fall das Kind trotzdem bei der
Mutter belassen und das womoeglich auch noch als im Sinne des Kindeswohls
bezeichnen kann, ist mir schleierhaft. Richtig waere in diesem Fall
gewesen, der unfreiwilligen Mama das Kind (das sie ja nach eigenem
Bekunden gar nicht will) wegzunehmen und zu Pflegeeltern zu verbringen, wo
es bis zu einer allfaelligen Adoption verbleibt.

Weit wahrscheinlicher ist jedoch, dass die schlaue Frau Mama waehrend der
Schwangerschaft oder nach der Niederkunft kurzerhand ihre Meinung
geaendert hat - Meinungsaenderungen kommen bei Frauen bekanntlich alle
Naselang vor. In diesem Fall aber haette der Richter den Meinungsumschwung
beruecksichtigen muessen. Die Basis, auf der sie ihre Klage aufbaute, waere
mit dieser Meinungsaenderung naemlich hinfaellig gewesen.

Ist sie nicht. Genau mit dem Aspekt hat sich das Gericht nämlich auch beschäftigt. Und ist dabei zu dem Schluss gekommen, dass es dahinstehen könne, ob die Frau tatsächlich entschlossen gewesen sei, niemals Kinder haben zu wollen. Maßgeblich war, dass sie jedenfalls zu diesem Zeitpunkt und mit diesem Mann keines wollte. (Von diesem Sachverhalt ist das Gericht ausgegangen, Vermutungen, dass es möglicherweise anders war, sind keine vernünftige Diskussionsgrundlage)

Schon die solchermaßen "durchkreuzte Lebensplanung" stellt nach Ansicht des Gerichts eine Anspruchsgrundlage für Schadenersatz dar.

Gemaess dem heutigem Unterhaltsrecht haette dann der wohl ebenso
unfreiwillige Papa daran glauben muessen; bekanntlich haben Zahlsklaven
gemaess diesen verkoksten Gesetzen zu spuren, wenn die Mama, ohne dessen
Meinung auch nur zur Kenntnis zu nehmen, alleine entscheidet.

Nicht, wenn er es beweisen kann - siehe oben. Übrigens betritt das Gericht in einer ausgesprochen begrüßenswerten Weise auch juristisches Neuland.

Normalerweise hat im Falle einer mangelhaften Vertragserfüllung nur ein Vertragspartner Schadenersatzansprüche gegen den anderen. Im vorliegenden Fall wäre das die Mutter als Vertragspartnerin des Arztes. Das Gericht hat in seiner Entscheidung ausdrücklich auch den nichtehelichen Vater in den Schutzbereich des Vertrages mit einbezogen und damit die Rechte nichtehelicher unfreiwilliger Väter also gestärkt. Ist doch erfreulich, oder?

Es koennte allerdings sein, dass
der Arzt aus unterhaltstechnischer Sicht, die pekuniaer wesentlich
lohnendere Variante fuer die Kindsmutter darstellte - sozusagen ein
kapitaler Bock, der erlegt wird.

Grundlage von Gerichtsurteilen ist nicht, was gewesen sein könnte, sondern was nach Überzeugung des Gerichts gewesen ist.

Schon deswegen erübrigt sich hier jede Diskussion zum Thema "was wäre wenn"

Gruezi ins Land der glücklichen lila Kühe

Beelzebub


* falls jemand die Legende nicht kennt: eine mit einem Weißen verheiratete weiße Frau bekommt ein Kind mit dunkler Hautfarbe - offensichtlich ist der Vater ein Schwarzer. Der Mann beschuldigt seine Frau, ihn mit einem Schwarzen betrogen zu haben. Hat sie aber nicht. Es stellt sich stattdessen heraus, dass er der Schuldige war - er hatte, kurz bevor er seine Frau schwängerte, mit einer Prostitiuerten gevögelt, die wiederum kurz vor ihm einen schwarzen Kunden hatte.

Wie gesagt, eine urbane Legende.

--
"Ihre Meinung ist widerlich. Aber ich werde, wenn es sein muß, bis zum letzten Atemzug dafür kämpfen, dass Sie sie frei und offen sagen dürfen." (Voltaire)

Ich denke, also bin ich kein Christ. (K. Deschner)


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