Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule
Als Antwort auf: Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule von Joseph S am 08. Oktober 2002 23:40:11:
Hallo Joseph!
"Nicht - Erziehung wird heute gern als antiautoritäre Erziehung entschuldigt. Richtige antiautoritäre Erziehung ist dagegen anstrengend. Da muß man die Kinder vom richtigen Verhalten überzeugen..."
Das ist natürlich richtig. Ich denke auch, daß viele Eltern und Erzieher die Grundsätze der antiautoritären Erziehung mißverstehen, und zwar häufig auch ganz bewußt, einfach um sich nicht den Streß einer richtigen Erziehung anzutun.
Aber ich denke, daß es Kinder gibt, die autoritär erzogen werden müssen. Gerade auch bei sehr kleinen Kindern helfen Erklärungen überhaupt nichts. Einfach weil sie ja noch nicht viel von dem verstehen, was man ihnen erklärt. Außerdem ist nachgewiesen worden, daß auch Kinder, die den Sinn von Worten sehr wohl verstehen, etwas etwa 6mal gesagt bekommen müssen, bevor sie es sich dauerhaft einprägen.
Ich erinnere mich da z.B. an einen Fall, den eine Mutter mit zwei Kindern erlebt hat: Das ältere Kind hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, das jüngere immer wieder zu beißen. Diese Bisse hinterließen teilweise blutende Wunden, waren also keineswegs harmlos.
Die Mutter versuchte zunächst mit Worten und Schimpfen, dem älteren Kind diese Unart abzugewöhnen. Da brachte aber nichts. Das Kind biss sein jüngeres Geschwisterchen immer wieder. Schließlich begann die Mutter damit, dem Kind immer einen leichten Schlag zu verpassen, wenn es das andere Kind wieder biß oder beißen wollte.
Und das wirkte dann. Das Kind lernte, daß es negative Konsequenzen zu befürchten hat, wenn es sein Geschwisterchen verletzt. Damit war eine Grenze gesetzt, die das Kind von da an akzeptierte. Durch gutes Zureden oder Schimpfen wäre dieser Effekt nicht zu erreichen gewesen, allein schon, weil das Kind das noch gar nicht richtig verstehen konnte.
Wichtig ist eben, daß Kinder lernen müssen, daß es Grenzen gibt, die sie nicht überschreiten dürfen. Wenn man es schafft, ihnen dies auf antiautoritäre Weise beizubringen, ist das natürlich gut. Aber wenn man das so nicht schafft, müssen sie ihre Grenzen eben anders gesetzt bekommen. Damit meine ich jetzt keineswegs Schläge, sondern eben konsequentes Verhalten.
Eine Tante meiner Verlobten hat eine Tochter. Die war früher hyperaktiv und hat ständig irgendwelchen Unsinn angestellt. Ihre Mutter saß dann daneben und sagte dazu entweder gar nichts oder nur in müdem Ton "Nadine, laß das..." Sie ließ es natürlich nie, und dann passierte auch nichts weiter. Wenn nun jemand anderer versuchte, das Kind von etwas abzuhalten, reagierte die Kleine natürlich trotzig und wütend. Weil sie das alles einfach nicht verstehen konnte. Bei ihrer Mutter durfte sie alles und bekam maximal "laß das" zu hören, und nun auf einmal wurde ihr alles verboten... Kinder brauchen klare Grenzen, aber viele Eltern sind heute zu faul oder auch zu beschäftigt, um sie ihnen zu zeigen.
Wenn meine Verlobte in ihrer Kindheit mit ihrer Mutter eine Straße entlang ging, dann hatte sie neben ihrer Mutter auf dem Gehweg zu bleiben. Sobald sie Anstalten machte, auf die Straße zu laufen, schimpfte ihre Mutter mit ihr, und wenn sie dann nicht gehorchte, gabs auch mal was hinter die Ohren. Dafür ist sie aber nie vor ein Auto gelaufen.
Wenn ihre Tante mal mit ihrer Tochter eine Straße entlang ging, dann lief die Kleine da von einer Straßenseite zur anderen, und ihre Mutter störte das auch nicht weiter. Und das war keine Ausnahme. Ich sehe sowas ständig auf den Straßen. Ich hab schon mal gehört, wie eine Mutter zu ihrem Kind sowas sagte wie: "Lauf ruhig los, die Autos bremsen schon..." Sowas ist unverantwortlich. Aber der Gesetzgeber unterstützt solches Verhalten noch. Und wenn dann wieder mal ein Kind vor ein Auto läuft, sind immer die bösen Autofahrer schuld.
Aber es ist ja überhaupt in und trendy, Schuld und Verantwortung grundsätzlich auf andere abzuwälzen.
"Menschen mit männerfeindlicher Einstellung haben natürlich viel weniger Überzeugungskraft bei Jungen. Man soll Kinder nicht unterschätzen. Die spüren das."
Ja, das stimmt. Ich finde überhaupt, daß man Kinder grundsätzlich genauso behandeln sollte wie man auch Erwachsene behandelt.
"Nur früher waren die Klassen viel größer. 35 Schüler in einer Klasse im Gymnasium waren in meiner Schulzeit normal."
Okay, das kann ich schlecht beurteilen. Ich selbst bin in der DDR aufgewachsen. Da waren immer so ca. 15-25 Kinder in einer Schulklasse. Da war es aber auch so, daß wir ohne Unterbrechnung täglich 6 Stunden Schule hatten, und am Sonnabend nochmal 4. Die Schule ging dann täglich etwa bis 14 oder 15 Uhr, und die Lehrer hatten so den späten Nachmittag, um Klassenarbeiten zu kontrollieren.
Heute dagegen geht der Unterricht mit diversen Unterbrechungen bis abends durch. Da aus Geldmangel zuwenig Lehrer eingestellt werden, müssen die vorhandenen Lehrer mehr Unterricht geben und haben dann weniger Zeit für die Kontrolle der Klassenarbeiten und für die Vorbereitung des Unterrichts. Folgerichtig sind sie dann natürlich bestrebt, alles möglichst einfach und unkompliziert zu halten, um außerhalb des Unterrichts möglichst wenig Arbeit zu haben. Und das bewirkt dann solchen Unsinn wie dieser Quatsch mit den Mathe-Arbeiten. Da war praktisch exakt genormt, wie man eine Aufgabe nicht nur zu lösen, sondern auch aufzuschreiben hatte. Das mußte man auswendig lernen, und dann wurden immer nur andere Zahlen eingesetzt. Alles nur, damit der Lehrer nicht erst überlegen mußte, was der Schüler da eigentlich gemacht hat, sondern die Lösung schnell mit der Musterlösung vergleichen konnte.
Sowas beschränkt Kreativität, Eigeninitiative und Denkvermögen der Schüler. Und das ist höchst fatal.
Freundliche Grüße
von Garfield
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- interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule -
Peter,
07.10.2002, 18:43
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule -
Beatrix,
07.10.2002, 22:17
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule -
Meckermax,
07.10.2002, 22:31
- Sieh´ es mal positiv... -
Stefan G.,
07.10.2002, 22:58
- Re: Sieh´ es mal positiv... - Meckermax, 07.10.2002, 23:52
- Sieh´ es mal positiv... -
Stefan G.,
07.10.2002, 22:58
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule -
Garfield,
08.10.2002, 17:41
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule -
Joseph S,
09.10.2002, 02:40
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule -
Garfield,
09.10.2002, 16:05
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule - Beatrix, 12.10.2002, 05:16
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Garfield,
09.10.2002, 16:05
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Beatrix,
12.10.2002, 05:05
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule - Garfield, 15.10.2002, 16:21
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule -
Joseph S,
09.10.2002, 02:40
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule - Joseph S, 09.10.2002, 02:27
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule -
Meckermax,
07.10.2002, 22:31
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule - Stefan G., 07.10.2002, 22:34
- War vor zwei Monaten auch im Focus (n/t) - pit b., 08.10.2002, 03:18
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule - Jörg, 09.10.2002, 17:17
- Re: interessanter Spiegel Artikel zur Jungenbenachteiligung in der Schule -
Beatrix,
07.10.2002, 22:17