Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Typischer Neusprech-Artikel

Peter @, Saturday, 21.04.2007, 22:52 (vor 6231 Tagen) @ Martina

http://www.focus.de/wissen/bildung/hochbegabung_aid_54187.html

Hochbegabung wird nach Ansicht des Marburger Psychologen Detlef H. Rost
bei Jungen häufiger erkannt als bei Mädchen. Der Grund: Sie sind zu
brav.

grüssle

Aus der Feder der dpa Propagandaprodzenten: Kurz, oberflächlich und tendenziös.

Wenn ich das mal im einzelnen analysiere:

?Mädchen leiden oft still vor sich hin und fressen ihre Probleme in sich hinein, wohingegen Jungen oft den Klassenkasper spielen oder anders auffällig sind?, sagte der Leiter der begabungsdiagnostischen Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Marburg. Eltern und Lehrern fielen die Probleme von hochbegabten Jungen daher öfter auf.

Auf pure Mitleidsmasche hingetextet. Arme Mädchen, die still leiden, während Jungs sich bemerkbar machen. Erinnert spontan an andere Artikel, in denen die extrovertierte Benehmensart von Jungs generell als "den Unterricht störend" deklariert wird, während brave folgsame Mädchen über Maßen gelobt werden. Nun, wenn man Schule als industriellen Faktenvermittlungsbetrieb sieht, der in seiner Effizenz gängigen betriebswirtschaftlichen Regeln gehorchen muss, dann ist das nicht mal gelogen...

Aber zurück zum Kontext des Artikels: Typisch ist, dass keinerlei Erklärungsmuster angeboten wird, warum denn die Mädchen so still vor sich hin leiden. OK, das eine dpa Kurzmeldung zeilenmäßig limitiert ist, ist klar. Aber den knappen Platz dann mit einem ganzen Absatz im unterschwelligem Stil "Mädchen sind Opfer (passiv leidend), Jungs Täter (aktiv wirkend)" zu verschwenden ist nichts weiter als gewollt und tendenziös.

Übrigens ein Erklärungsmuster von mir: Beginnend mit der Grundschule findet unter den Schülern eine ziemlich klare Geschlechtertrennung statt. Jungs und Mädchen bilden eigene geschlossene Peer-Groups und konditionieren sich untereinander. Der Unterschied ist, dass in Mädchengruppen sehr viel stärker auf Konformität hin konditioniert wird. Ausreisser aus der Norm unterliegen massivem Mobbing durch Mitschülerinnen. Es gibt in Mädchengruppen auch sehr viel weniger Möglichkeiten das eigene "Ranking" innerhalb der Gruppe durch Taten oder Wissen zu verbessern, entscheidend für das Ranking ist der Zugriff auf die finanziellen Ressourcen der Eltern (Markenklamottenwahn als sichtbarstes Zeichen)

Ergo: ein hochbegabtes Mädchen tut gut daran, nicht deswegen aufzufallen, sonst wird sie im Hennenstall zerissen. Das sie dies mehrheitlich schaffen (werden seltener entdeckt) spricht immerhin für sie ;-)

Zweiter Absatz des dpa Textes

Für das ungleiche Geschlechterverhältnis unter den Hochbegabten gibt es laut Rost aber noch einen zweiten Grund. ?Die Streuung der Begabung ist bei Jungen größer als bei Mädchen. Das führt dazu, dass beim männlichen Geschlecht mehr Hochbegabte zu erwarten sind ? aber auch mehr Minderbegabte?, sagte der Psychologe.

Der letzte Halbsatz des Zitates "aber auch mehr Minderbegabte", was hat der mit dem Inhalt der Meldung zu tun? Nichts, er ist als Textstelle lediglich Ausdruck des typischen Medienbücklings vor dem Feminismus: Erwähne niemals eine positive Eigenschaft der Gruppe "Männer" (hier also mehr Hochbegabte) ohne gleich etwas negatives nachzuschieben (hier also mehr Minderbegabte). Und da es ein Originalzitat zu sein scheint: Da wurde ja der gute Herr Rost vom Feminismus gut konditioniert, er liefert schon freiwillig das was Femanzen lesen möchten ;-)

Es ist subtil und fällt kaum auf. Deswegen ist es so wirksam.

Der Rest vom Artikel ist dann geschlechtsneutrales Mainstream-Blabla

Aber danke für den Link :-)

Viele Grüße
Peter


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