Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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16 Wochen Selbstverwirklichung

Amplus, Thursday, 02.07.2009, 20:26 (vor 6021 Tagen)

„Jasmin Staiblin, Schweiz-Chefin von ABB, hat ein Kind geboren und geht in den Mutterschaftsurlaub mitten in der schweren Wirtschaftskrise. Ist das verantwortungsvoll? (Von René Lüchinger)

Es war die Aargauer Zeitung, nicht etwa der Arbeitgeber, der vergangene Woche die frohe Botschaft publik machte: «ABB-Chefin Staiblin ist Mami>. Nun ist Jasmin Staiblin nicht irgendwer, sondern Länderchefin Schweiz des global tätigen Technologiekonzerns ABB, sie verantwortet über vier Milliarden Franken Umsatz und 6300 Mitarbeiter. Diese erfuhren über das Intranet, dass ihre oberste Vorgesetzte sich nun für sechzehn Wochen in den Mutterschaftsurlaub verabschiedet. Dass berufstätige Frauen Kinder gebären, kommt vor. Dass es sich um eine in der obersten Führungsverantwortung eines börsenkotierten Milliardenkonzerns stehende Frau handelt, ist eher ungewöhnlich. Und dass diese sich in Zeiten der grössten Wirtschaftskrise nun für vier Monate ins Privatleben zurückzieht, ist ein Novum. «Noch nie in meinen dreissig Jahren als Personalchef hatte ich auf Stufe Konzernleitung einen vergleichbaren Fall>, sagt der ehemalige Swissair-Personalchef Matthias Mölleney.
(…)
Die politisch inkorrekte, aber ebenso legitime Sicht auf diese Geschichte ist: Sechzehn Wochen Ausstand, das geht nicht. In der obersten Führung eines Unternehmens ist Verantwortung unteilbar und nicht über einen längeren Zeitraum aussetzbar. Topmanagement bedeutet Einsatz, Sechzig- oder Siebzig-Stunden-Wochen, Entbehrung und weitgehender Verzicht auf ein geregeltes Familienleben. Nicht umsonst werden zahllose Managerehen geschieden, wachsen Kinder von Top-Führungskräften in vielen Fällen ohne Vaterfiguren auf. Das muss wissen, wer in die Teppichetage aufsteigen will. Ob Mann oder Frau, in diesen Sphären ordnet sich der Wunsch nach Selbstverwirklichung im Alltag automatisch der Verantwortung für die Firma unter.
(…)“
Quelle

Einmal mehr höchst treffend der Kommentar von Köppel zu dieser Problematik:

„Ein interessanter Fall: Die noch junge Chefin von ABB Schweiz, Jasmin Staiblin, bekommt ein Kind. Sie will den gesetzlich erlaubten Mutterschaftsurlaub von sechzehn Wochen in Anspruch nehmen. Mitten in der grossen Rezession beansprucht die Konzernlenkerin eine Auszeit für ihr Baby. Rechtlich ist das alles korrekt, aber ist es auch in Ordnung? Darf die Chefin in einer grossen Wirtschaftskrise schwanger werden? Ist es vernünftig, wenn sich eine für Tausende von Arbeitsplätzen verantwortliche Managerin vorübergehend verabschiedet, während sich das geschäftliche Umfeld dramatisch verschlechtert? Würden Sie Ihre Armee einem General anvertrauen, der sich im Krieg aus familiären Gründen beurlauben lässt? Der Fall wirft Grundsatzfragen nach der Verantwortung von Wirtschaftsführern in schwierigen Zeiten auf. Und er ist aufschlussreich, wenn man sich Gedanken macht zum Thema Frauen und Karriere.
Geben wir uns keinen Illusionen hin: Kein Mann in vergleichbarer Stellung könnte es sich erlauben, in einer ähnlich heiklen wirtschaftlichen Situation seine Firma aus persönlichen Gründen zu verlassen. Der Chef will mit seiner Frau zwei Monate nach Venedig verreisen, um die angeschlagene, scheidungsgefährdete Beziehung romantisch aufzurüsten? Seine Vorgesetzten würden ihn für verrückt erklären. Der CEO einer Grossbank beantragt in der Finanzkrise vier Monate Vaterschaftsurlaub, weil ihn der Säugling vor allem am Anfang braucht? Der Mann müsste sich einen Mangel an Pflichtgefühl gegenüber seinem Arbeitgeber vorwerfen lassen. Zu Recht.
(…)
Niemand wird gezwungen, das zu wollen. Aber auch Frauen müssen sich den ungeschriebenen Gesetzen des Unternehmertums unterwerfen, wenn sie an der Spitze stehen möchten. (…)"
Quelle

Gruss, Amplus


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