Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Selbstmord als letzte Waffe

Christine ⌂, Saturday, 10.01.2009, 10:02 (vor 6192 Tagen)

07.01.2009
Die Rolle von Suizid in der Gesellschaft

Für Milliardär Adolf Merckle war der Suizid das einzige Mittel, seiner Ohnmacht zu entkommen. Insgesamt töten sich in Deutschland fast 10.000 Menschen pro Jahr. VON ULRIKE HERRMANN

Das zentrale Wort ist Ohnmacht. In einer kurzen Erklärung hat sich die Familie zu den Motiven geäußert, warum sich Milliardär Adolf Merckle von einem Zug überrollen ließ. Die Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können, habe den leidenschaftlichen Familienunternehmer gebrochen.

Ein Leben lang hatte Merckle in seinen Unternehmen als Patriarch geherrscht - nun war er auf Notkredite angewiesen. Es wurde eine wochenlange Betteltour bei Banken und beim Land Baden-Württemberg. Als er Selbstmord beging, wusste Merckle, dass die Notkredite zustande kommen würden, die dann zwei Tage nach seinem Tod offiziell verkündet wurden: Kurz vor seinem Suizid hatte er noch alle nötigen Unterschriften geleistet. Aber die Erniedrigung blieb und auch das Wissen, dass nun die Banken das eigentliche Regiment übernehmen würden.

Zur neuen Ohnmacht gehörte aber auch, dass Merckle sein öffentliches Bild nicht mehr kontrollieren konnte. Bisher war er als Selfmademan bewundert worden, und er litt an der Häme, die ihm entgegenschlug, sobald bekannt wurde, dass er bei VW-Spekulationen bis zu 1 Milliarde Euro verloren haben könnte. "Es macht mich traurig", sagte er erkennbar getroffen, "dass in solchen Zeiten wie der jetzigen Finanzkrise die öffentliche Meinung über Handlungen und Personen schlagartig umschwingen kann."

In dieser Ohnmacht wollte Merckle offenbar noch einmal Macht beweisen - über das eigene Leben und den eigenen Tod.

Selbstmord ist eine radikale Selbstermächtigung, denn es wird keinerlei Rücksicht mehr genommen. Nicht auf die Angehörigen und nicht auf den Zugfahrer, der damit zurechtkommen muss, zum Tötungsinstrument degradiert worden zu sein. Selbstmord ist immer auch Provokation: Familie und Gesellschaft wird die Fähigkeit abgesprochen, zu helfen und zu verstehen.

Wenn man den Suizid als Machtinstrument liest, als letzte Waffe, dann lässt sich vielleicht daraus erklären, warum sich deutlich mehr Männer umbringen als Frauen. Selbstermächtigung passt besser in ihr Rollenbild. Die komplementäre Deutung wäre, dass es Frauen vielleicht leichter fällt, Hilfsangebote zu erkennen und anzunehmen.

Weiter hier http://anonym.to/?http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/selbstmord-als-letzte-waffe/
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Als ich dieses Thema heute morgen im MANNdat-Forum fand, fragte ich mich sofort, wie tief muss man sinken, um solche "Häme" über einen Menschen und insbesondere über Männer, die mehrheitlich Selbstmord begehen, auszuschütten?
Die Autorin deutet das Wort "Ohnmacht" letztlich als Macht aus, aber ist es tatsächlich Macht, die ein Selbstmörder ausübt? Ist es nicht eher Hilflosigkeit ob des Zustandes, in dem man sich fühlt, wenn man überhaupt daran denkt?
Wenn Ulrike Herrmann (die Autorin) Männern per se Macht auch bei einem Selbstmord unterstellt, was machen dann Frauen, die ebenfalls Selbtmord verüben oder aber mit Selbstmordversuchen durchkommen, üben die keine Macht aus?
Was ist mit Kindern/Jugendliche? Gilt für die das Gleiche? Immerhin haben 220 Kinder/Jugendliche (männlich 165/weiblich 55) im Jahre 2007 laut statistischem Bundesamt Selbstmord verübt.
Ich bin der Meinung, das man hier ebenfalls differenzieren muss, aber das man auch dieses Thema als Geschlechterkampf ausschlachtet, welches man normalerweise sensibel angeht, grenzt tatsächlich an Niveaulosigkeit.

Ohne weitere Worte - Christine

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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein


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