Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Spiegel-Titelthema: Krippe oder Mutter ?

Student(t), Monday, 25.02.2008, 17:45 (vor 6509 Tagen)

Auszüge (Hervorhebungen durch mich):


Es ist ein Glaubenskrieg.

Drei völlig verschiedene Aspekte des Umgangs mit den Kleinen werden dabei munter durcheinandergeworfen.

Erstens: Wie möchte ich als Elternteil leben ? Möchte ich ganztags ins Büro oder daheim sein bei meinem Kind ? Diese Frage muß jeder für sich beantworten.

Zweitens: In welcher Gesellschaft möchten wir leben ? Sollen Frauen und Männer gleichberechtigt am Berufsleben teilnehmen ? Müsste derStaat mehr Mittel in die Kinderbetreuung investieren ? Wenn ja: Wie viel ist ihm die wert ? Diese Fragen müssen politisch entschieden werden.

Schließlich drittens: Was eigentlich ist gut fürs Kind ? Schadet ihm die stundenlange Trennung von der Mutter ? Fördert gar umgekehrt die krippe seine soziale Entwicklung ? Hier ist die Wissenschaft gefragt.


Ergebnis fast aller Untersuchungen ist demnach, daß es einer allzu engen Mutterbindung nicht bedarf. Mir persönlich leuchtet das ein, denn ich habe in Afrika miterlebt, wie dort die Kinder (übrigens auch mein Kind) vielen Müttern "gehören". Und seelisch wirken die Menschen dort sehr gesund - sofern man nicht gerade ihren "Aberglauben" als ungesund bezeichnen will.


Fast scheint es, als verdampften auf diese Weise alle grundsätzlichen Bedenken gegen die Krippe. Umso schwerer ist es da, den vehementen Widerstand zu erklären: Wie kann eine Überzeugung so hartnäckig den guten Erfahrungen vieler Nachbarländer und vor allem der wissenschaftlichen Erkenntnis trotzen ?

Die Münchner Romanistikprofessorin Barbara Vinken hat, um diese Frage zu beantworten, die Wurzeln des Muttermythos freigelegt. Der Forscherin zufolge haben vor allem drei große Gelehrte die deutsche Supermami heraufbeschworen: Martin Luther, Jean-Jacques Rousseau und Johann Heinrich Pestalozzi.

[...]


Nicht erwähnt wird - merkwürdigerweise - Adolf Hitler, welcher als Letzter in der Reihe der großen Mutter-Aufwerter auch heute noch das deutsche Familienrecht zu bestimmen scheint. (Vgl. Schubert, Das Familien- und Erbrecht im deutschen Nationalsozialismus, wonach "der Führer" in einem Gespräch mit aller Entschiedenheit betont habe, daß die Mutter ein ethisches Recht auf ihr Kind habe; ebenso, daß das Kindeswohl nicht zähle, S. 701.)


Zum Einfluß der drei Denker kommt in Deutschland hinzu, dass noch immer das Schreckgespenst der DDR-Krippe durch die Erinnerungen geistert. Dort war es Programm, den nachwuchs im Schoß des Kollektivs groß werden zu lassen. Die Entmachtung der Eltern war gewollt.

Auf die staatliche Zwangsbeglückung aller Kinder reagierte der Westen mit der radikalen Privatisierung der Erziehung. "In der derzeitigen Krippendebatte erleben wir die Nachwehen eines Glaubenskrieges", meint Vinken.


Ferner wird ausgeführt, daß die Ausbildung der Frühpädagogen in Deutschland, verglichen mit der des Auslandes, sehr schlecht ist. - Auch wird auf die Gefahr der "Herdprämie" hingewiesen: Unterbemittelte, wenig erziehungfähige Eltern könnten sie nutzen, um ihr Einkommen aufzubessern, währenddes den Kinder die Chance einer kompetenten Erziehung genommen wird.


Gruß
Student

Sexismus-Kritik


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