Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Familienfreundlichkeit zahlt sich aus

Garfield, Tuesday, 05.06.2007, 19:06 (vor 6772 Tagen) @ Zeitgenosse

Hallo Zeitgenosse!

Was meinst du mit Keynesianismus?

In kurzen Zeitspannen denken diejenigen, die meinen, man könne die Profitspannen durch mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt auf Kosten der Steuerzahler erhöhen. Die Probleme gehen wesentlich auch von denjenigen aus, die den Beschäftigten die Löhne immer weiter runterdrücken, um sich dann darüber zu wundern, wieso sie immer weniger Kunden für ihre Produkte finden.

Mit Kindern hat das erst einmal gar nichts zu tun.

Du hast das Thema "Sorge um die Zukunft der Kinder" erwähnt. Das ist ein wesentlicher Grund für die sinkenden Geburtenzahlen. Interessant ist nämlich, daß dort, wo es akzeptable Erwerbsmöglichkeiten gibt, die Geburtenzahlen überdurchschnittlich hoch sind.

Dort, wo die Erwerbsmöglichkeiten fehlen, gibt es zwar den Effekt, daß vor allem junge Mädels und auch einige ältere Paare Kinder in die Welt setzen, um über die finanziellen Leistungen für diese Kinder alimentiert zu werden. Das gleicht dort aber die fehlenden Geburten im restlichen Teil der Bevölkerung nicht aus. Und ein wesentlicher Grund dafür besteht eben darin, daß potenzielle Eltern heute sehen, wie schwer es Jugendliche beim Einstieg ins Berufsleben haben und sich so leicht ausrechnen können, wie schlecht die Chancen ihrer Kinder später sein würden. Oft bleiben Jugendlichen in solchen Regionen nur zwei Möglichkeiten: Hartz IV oder Abwanderung in andere Regionen oder ins Ausland.

Was meinst du mit "inflexiblen Arbeitsmärkten"?

Viele Arbeitssuchende wären sehr wohl bereit, sich z.B. auch außerhalb ihres vorherigen Berufs zu bewerben, das Problem besteht nur darin, daß sie dann niemand einstellt.

Der Großvater meiner Frau ist in den 1950er aus dem Osten in den Westen eingewandert. Er fand schnell einen Job und war dann auch bald Vorarbeiter. Dann hatte er Lust, etwas anderes zu machen. In einem Bewerbungsgespräch fragte man ihn, ob er zeichnen könne. Er zuckte mit den Schultern, und sein Gesprächspartner schob ihm einfach einen Stift und einen Zettel hin und forderte ihn auf, etwas zu zeichnen. Er zeichnete also etwas darauf, der Personalchef sah sich das an, meinte, er hätte Talent, und schon hatte er einen Job als technischer Zeichner. Die Firma finanzierte ihm eine Umschulung, und er arbeitete dann dort bis zur Rente.

Dazu waren Unternehmen damals noch bereit, weil es tatsächlich Arbeitskräftemangel gab. Deshalb zeigten sie sich flexibel und waren bereit, auch Bewerber einzustellen, die noch nicht die nötige Qualifikation hatten. Heute gibt es schon lange keinen Arbeitskräftemangel mehr, und so haben die meisten Unternehmen ihre Anforderungen an Bewerber eben entsprechend hoch geschraubt. Heute kommt niemand mehr einfach so mit einer Bleistiftzeichnung zu einem Job als Technischer Zeichner. Heute muß er dafür bereits ein IHK-Zeugnis vorweisen, er muß natürlich auch das gerade benutzte CAD-Programm perfekt kennen usw. Da ist kaum noch jemand bereit, einen neuen Mitarbeiter lange einzuarbeiten oder ihm gar eine Umschulung zu finanzieren.

Die Unternehmen sind unflexibel geworden, nicht der Arbeitsmarkt. Mit irgendeinem Keynesianismus hat das nichts zu tun. Das ist das reale Leben, und das hat sich kein Keynes ausgedacht.

Freundliche Grüße
von Garfield


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