Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Gesetzesvorlage Vaterschaftstests

Maesi, Wednesday, 04.04.2007, 01:37 (vor 6834 Tagen) @ Odin

Hallo zusammen

Zypries präsentiert neues Gesetz
Rechte zweifelnder Väter werden gestärkt

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat wie vom
Bundesverfassungsgericht gefordert ein neues Gesetz zur gerichtlichen
Feststellung der Vaterschaft vorgelegt. Männer haben demnach künftig einen
Anspruch auf Klärung ihrer Vaterschaft. Heimliche Gentests bleiben aber
verboten.

Speichelprobe von einem Schnuller Großansicht des Bildes
[Bildunterschrift: Heimliche Vaterschaftstests soll es nicht mehr geben]
Künftig soll es ein neues separates Verfahren zur Feststellung der
Vaterschaft geben. Ob er die Vaterschaft schließlich auch anfechten
möchte, muss ein weiteres Verfahren klären. Männer haben dann ohne weitere
Voraussetzung einen Anspruch darauf, dass das Kind beziehungsweise dessen
Mutter Genmaterial für einen Vaterschaftstest zur Verfügung stellt und
können diesen Anspruch im Falle einer Weigerung von Mutter oder
potenziellem Kind über das Familiengericht einholen.

Nach diesem Verfahren kann der Betroffene dann entscheiden, ob er
zusätzlich vor Gericht die Vaterschaft anfechten möchte. Er erhält aber
auch die Möglichkeit, die Situation in der Familie wie bisher zu belassen,
auch wenn die Vaterschaft nicht festgestellt wurde.
Unterhalt für "Kuckuckskind" kann weiter gezahlt werden

Bislang waren Männer darauf angewiesen, bei Zweifeln an ihrer Vaterschaft
sofort eine Anfechtungsklage einzureichen. Wurde die Vaterschaft
ausgeschlosssen, so verlor das Kind automatisch den Unterhaltsanspruch.

http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6561098_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html

Eine Mogelpackung! Der Mann, der in einem oeffentlichen Gerichtsverfahren Zweifel an seiner Vaterschaft aeussert, tut dies im vollen Bewusstsein, seine Familie damit aufs Spiel zu setzen. Die meisten Vaeter werden sowas kaum aufgrund eher vager Verdachtsmomente tun. Der Schluessel zum Schutz der Familie vor unbegruendeten Vaterschaftszweifeln ist der diskrete Vaterschaftstest ohne Einbezug der Mutter. Das weiss natuerlich auch Frau Zypries ganz genau und spekuliert darauf, dass die Vaeter ihre Familie grossmehrheitlich denn doch nicht einer solchen Belastungsprobe aussetzen wollen. Tun sie es doch, dann sind sie die Buhmaenner, die die Familie zerstoert haben und nicht etwa ein Gesetz, welches als Preis fuer die vaeterliche Gewissheit die Beschaedigung einer intakten Familie heraufbeschwoert. Das Gesetz nuetzt also bloss jenen skrupellosen Vaetern, denen das Wohlergehen ihrer Familie ziemlich egal ist. Dem zweifelnden, skrupelbehafteten Durchschnittsvater bleibt hingegen weiterhin nur entweder mit seinen Zweifeln zu leben oder aber den zukuenftig illegalen Weg der Vaterschaftsfeststellung ohne familienzerstoerendes Gerichtsverfahren zu beschreiten.

Mir zeigt das einmal mehr die Kaltschnaeuzigkeit der Justizministerin. Der naemlich sind die Familien ebenso egal wie sie den faktischen Hauptprofiteuren, den skrupellosen Vaetern, egal sind; sonst wuerde sie ja nicht ein solch zynisches Gesetz anzetteln, das das Hauptproblem (naemlich die Garantie der Diskretion im Interesse einer unbeschaedigten Familie bei positivem Testergebnis) gar nicht loest. Dabei waere dieses Problem einfach zu loesen mit einem Vaterschaftstest, bei dem zur Sicherstellung der Datenanonymitaet ein Vertrauensarzt oder meinetwegen eine oeffentliche Beratungsstelle zwischengeschaltet waere, welche gegenueber dem Testunternehmen als Auftraggeber auftraete. Neben der vollstaendigen Datenanonymisierung gegenueber dem Testunternehmen liesse sich dadurch nicht bloss die Rechtmaessigkeit des vaeterlichen Begehrens durch Identifizierung des Antragstellers gewaehrleisten, es koennte auch verhindert werden, dass irgendwelche andere Daten als das nackte Vaterschaftstestergebnis an den zweifelnden Vater ausgehaendigt wuerden. Die Diskretion waere vollauf sichergestellt, und bei negativem Testergebnis koennte der betroffene Mann noch immer den Rechtsweg beschreiten, sofern er das will; dass in diesem Fall im Rahmen eines formellen Verfahrens nochmals ein gerichtsverwertbarer Vaterschaftstest angeordnet werden muesste, ist IMHO nicht weiter schlimm.

Nur liegt ein solch einfaches und obendrein wesentlich billigeres Vorgehen (keine aufwendige Gerichtsverhandlung) offensichtlich nicht im Interesse der Justizministerin. Ihr Ziel ist vielmehr, dass moeglichst wenige Vaeter ihre Zweifel ueberhaupt ausraeumen (oder aber bestaetigen) lassen. Denn wenn tatsaechlich etwa 10% der mutmasslichen Vaeter in der Bevoelkerung nicht die biologischen Vaeter sind, dann haette der Staat ein riesiges Problem, wenn eine erhebliche Zahl von Vaetern einen vereinfachten, diskreten Vaterschaftstest in Anspruch naehme und sich dabei herausstellte, dass 10% (oder sogar noch mehr) davon gar nicht die leiblichen Vaeter ihrer Kinder sind. Die biologischen Vaeter waeren im Nachhinein, wenn ueberhaupt, nur schwer und unter grossem finanziellem Aufwand zu eruieren und hernach haftbar zu machen. Ergo muesste wohl der Staat als Zahlvater einspringen, denn auf laengere Sicht liesse sich auch mit rigiden Gesetzen die Ungerechtigkeit nicht aufrechterhalten, dass Vaeter fuer Kinder zu zahlen haetten, die gar nicht von ihnen abstammen. Sowas wuerde das fundamentale Gerechtigkeitsgefuehl weiter Teile der Bevoelkerung aufs Groebste verletzen - wenn auch, wie es scheint, das Gerechtigkeitsgefuehl von gewissen Justizministerinnen davon absolut unberuehrt bleibt.

Bei einem frei verfuegbaren (legalen oder illegalen) Vaterschaftstest ist der kurzfristige gesellschaftliche Schaden wahrscheinlich betraechtlich, denn jedes ruchbar gewordene Kuckuckskind wird das Vertrauen der Maenner in ihre Partnerinnen weiter untergraben. Betrogene Vaeter, denen man ein Kind untergeschoben hat, werden in der oeffentlichen Wahrnehmung so alltaeglich wie Ladendiebstaehle und damit werden natuerlich auch die Zweifel der Vaeter gegenueber den Kindsmuettern zur reinen Routine. Die destabilisierende Wirkung auf saemtliche Partnerschaftsformen in der Gesellschaft wird kaum ausbleiben. Das ist aber auch der einzige Grund, der gegen den fuer jedermann erhaeltlichen Vaterschaftstest spricht. Ob allerdings die Verschleierung der Wahrheit in so vielen Einzelfaellen aus Gruenden der Staatsraeson aufrechterhalten werden kann, halte ich fuer sehr fraglich. V.a. bin ich aber fest davon ueberzeugt, dass langfristig die Wahrheit besser als die Luege ist. Luegen haben bekanntlich kurze Beine, auf jeden Fall kuerzere als die Wahrheit.

In einem irrt Frau Zypries jedenfalls gewaltig! Ihr Kalkuel wird nicht aufgehen, denn das Verbot funktioniert nur, wenn es auf der gesamten Welt gilt und durchgesetzt wird. Der Widerstand gegenueber einer staatlich verordneten Verschleierung der Wahrheit hat etwas Anarchisches an sich, das sich nicht so leicht unter Kontrolle bringen laesst. Nichts einfacher als das: eine Speichelprobe vom Kind (ausgespuckter Kaugummi reicht schon) und von sich selbst entnehmen, das Ganze an ein Testunternehmen in einem Staat (z.B. NL, USA oder meinetwegen auch China) senden, in dem solche Vaterschaftstests legal oder zumindest nicht gesetzlich geregelt sind, ein paar Wochen warten und schwupp hat mann Gewissheit und kann der Justizministerin eine lange Nase drehen. Um sowas erfolgreich zu unterbinden, muessten staatliche Stellen systematisch die Post ins Ausland kontrollieren. Soweit sind wir mit dem Schnueffelstaat aber noch nicht - mit Betonung auf 'noch nicht'.

Gruss

Maesi


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