Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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ein paar persönliche Gedanken zur Situation

Arne Hoffmann, Friday, 15.02.2002, 01:39 (vor 8698 Tagen)

Ich war heute unterwegs und sehe heute abend, dass hier auch in anderen Foren mittlerweile etwas Halligalli stattfand. Da möchte ich dann doch noch mal meine eigene Einschätzung in ein paar spontanen Stichpunkten abgeben.

Erst mal finde ich es schön, dass es doch wieder spannend wurde. Man hat ja nach den Erfolgsmeldungen der letzten Wochen fast den Eindruck gehabt, als ginge in Zukunft alles wie von selber. :-)

Zur zentralen Frage: Jörg darf und sollte natürlich Schluss machen, wenn immer er möchte. Durchhalteparolen finde ich hier nicht sinnvoll, Jörg sollte sich auch nicht zum Märtyrer der Männerbewegung machen lassen. Die Rebellion soll ja Spaß machen. (Emma Goldmann sagte mal: "If I can´t dance to it, it´s not my revolution.") Wenn Jörg sich ausgebrannt fühlt oder nur noch Frustrationserlebnisse erfährt, haben wir nicht das Recht, von ihm zu verlangen, dass er sich für unsere Anliegen quasi aufopfert.

Was ich mich allerdings frage, ist: Wieviel positive Rückmeldung erhält Jörg eigentlich von uns? Wenn ich mein zine herausbringe, meldet bei jeder Ausgabe immer der eine oder die andere mit ein paar anerkennenden Worten. Jörgs Problem ist, dass sein Job als Forenmaster darin besteht, dass er, je besser er ist, desto weniger auffällt. Seine Eingriffe kosten IHN viel Zeit und Nerven, bleiben für UNS aber sehr oft unsichtbar. Wenn alles glatt und wie von selbst läuft, hält man das für selbstverständlich. Dabei ist das die eigentliche Leistung.

In diesem Zusammenhang ist heute ja wohl EINES klar geworden und zwar, dass Jörg einen verdammt guten Job macht! Er braucht nur mal zu sagen "Boah, mich nervt das alles so an, ich schmeiß das echt gleich hin", schon rast es wie ein Lauffeuer durch die gesamte Forenlandschaft zur Geschlechterdebatte. Ich hätte nie gedacht, dass dieses winzige Forum eine so immense Wucht hat, dass wir so vielen Leuten ein Stachel im Fleisch sind (oder dass wir von Günter Dantrimont doch so positiv gewürdigt werden). Mal im Ernst: Angenommen morgen früh müsste das "Humanistische Forum" oder das "Forum der Freien Frauen" eingestellt werden. Toll. Und in Peru rollt eine Flöte vom Schrank. Wäre eine Wahnsinns-Meldung. Aber wenn Jörg einen Rückzug überlegt, dann knallen schon die Sektkorken bei allen, die noch nie eine andere Meinung neben der ihren ertragen haben.

Jörg, auch wenn du dieses Forum einstellen solltest, dann wird dir EIN großer Verdienst immer bleiben: Du warst der erste, der dem Neuen Mann in Deutschland ein Plenum geboten hat. Dem Neuen Mann, der weder zurück ins Patriarchat noch Fußabstreifer der Frauen werden möchte, sondern ganz selbstverständlich WAHRE Gleichberechtigung einfordert. Andererseits: Dass hier einige mit dem Ende von Jörgs Forum das Ende der Männerbewegung gleichsetzen, zeigt eigentlich nur wie beschränkt ihr Überblick über die Zusammenhänge ist. (Wobei Eva z. B. zugibt, erst ein paar Wochen in der Debatte zu stecken, insofern fehlt ihr einfach das Hintergrundwissen. Das ist kein Fehler, mir fehlt z. B. komplett das Hintergrundwissen in Integralrechnung. Andererseits tue ich dann auch nicht in Mathematiker-Foren so, als wüsste ich alles besser als viele andere, die sich damit seit langem auseinandersetzen.) Jedenfalls besteht die internationale Männerbewegung aus einigen hunderttausend Leuten in den USA, in England, in Australien und was weiß ich noch wo und es werden auch in Deutschland täglich mehr. Alle Viertelstunde springt eine neue maskulistische Website in die Höhe, und auch in die anderen Medien robbt das Thema Männerdiskriminierung jeden Tag weiter vor. Auch in Deutschland lässt sich der Geist natürlich nicht mehr in die Flasche zurückstopfen, nur weil mal ein Forum schließt. Falls es überhaupt dazu kommt.

Für unsere Zukunft sehe ich insofern vier Möglichkeiten:

- Jörg findet einen Weg, dieses Forum weiterzuführen und Spaß daran zu haben.
- Wir ziehen in ein bereits bestehendes Forum um oder verteilen uns auf bereits bestehende Foren. Ich kenne ein paar, da werden noch kluge Köpfe dringend benötigt.
- Jemand wie plupp oder Joachim Müller oder sonst jemand gründet ein neues Forum zu diesem Thema. Hoppla, Joachim hat schon eines. Warum bin ich nicht überrascht?
- Wir lassen die Foren-Phase weitgehend hinter uns, wie es von einigen ja schon angedacht war, und stecken die gewonnene Zeit in Medienarbeit.

Die Zukunftsvision, die von einigen Gegnern dieses Forums offenbar herbeigewünscht wird, nämlich dass sämtliche Männerrechtler fürderhin alle Viere von sich strecken und keinen Mucks mehr von sich geben ... hm, irgendwie würde ich nicht gerade mein Häuschen darauf wetten, dass das passiert.

Insofern gibt es auch eines an der Misere, das mir sehr gut gefällt, und das ist die entlarvende Reaktion bei den Freien Frauen. Also ich finde ja, falls Jörg sein Forum weiterführt, sollte er argumentieren, das sei alles nur ein Test gewesen, um endgültig herauszukitzeln, wie manche Leute wirklich drauf sind. ;-) Es gab ja einige, die haben Lilith und Co. ihre Selbstinszenierung wirklich abgenommen, uns armen Männern doch nur HELFEN zu wollen. Die wurden dann als naiv gescholten. Seit heute ist es raus: Schon beim ersten Anschein einer Niederlage des politischen Gegners wird Triumphgeheul angestimmt, Häme und Schadenfreude verbreitet, Wetten abgeschlossen, Partystimmung bricht aus. Als ob die Geschlechterdebatte ein Fußballspiel wäre. Grandios. Frau definiert sich nicht mehr über eigene Leistung, sondern johlt auf bei einem Missgeschick des Mannes. Bei bestimmten Damen hatte man heute durchaus den Eindruck, wenn sie in der Schule eine gute Klausur geschrieben hatten, machte sie das lange nicht so glücklich, als wenn ihr Sitznachbar danebengriff: Manche Postings wirken so, als hätten die Betreffenden bei dieser Gelegenheit ihren ersten Orgasmus bekommen. (Diese Herangehensweise bringt die Ladys auf ihrem Lebensweg nicht wirklich weiter, aber für ihr eigenes Scheitern kann frau dann ja wieder das böse Patriarchat verantwortlich machen.)

Bei solchen Reaktionen wird klar, dass es diesen Frauen längst nicht mehr um Gleichberechtigung und um eine faire Debatte zugunsten beider Geschlechter geht, sondern um Sieg. Welches Forum am längsten durchhält, hat anscheinend gewonnen. Leute, die das von außen betrachten, reagieren eher befremdet oder peinlich berührt. Im Gegensatz zu mancher Geschlechtsgenossin zeigen Jolanda und Beatrix, obwohl sie hier auch einiges annervt, um Klassen mehr Stil und reagieren wirklich erwachsen. Kompliment!


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