Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Kinderlärm - Grund für Mietminderung

Garfield, Monday, 30.05.2005, 17:47 (vor 7499 Tagen) @ blendlampe

Als Antwort auf: Re: Kinderlärm - Grund für Mietminderung von blendlampe am 30. Mai 2005 11:32:

Hallo Blendlampe!

Ja, du hast natürlich recht. Letztendlich ist das alles nur Ausdruck von allgemein zunehmendem Egoismus und Rücksichtslosigkeit.

Teilweise werden die Menschen aber auch dazu gezwungen, sich rücksichtslos zu verhalten. Zweitwagen und zunehmenden Verkehr führe ich beispielsweise vor allem darauf zurück, daß viele Menschen immer weitere Fahrten zur Arbeit in Kauf nehmen müssen und dafür und auch zum Einkaufen wirklich Autos brauchen. Meine Frau und ich haben auch zwei Autos, und die haben wir nicht aus Langeweile. Ich würde gern auf ein eigenes Auto verzichten - wenn ich es denn könnte. Aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln würde ich etwa die vierfache Fahrzeit benötigen (2 Stunden statt 30 Minuten für eine einfache Fahrt zur Arbeit) und hätte obendrein noch höhere Kosten. Da meine Frau und ich in völlig entgegengesetzt liegenden Orten arbeiten, können wir auch nicht zusammen zur Arbeit fahren. Das mußten wir mal zwei Monate lang so machen und haben dabei festgestellt, daß das mit den hohen Benzinpreisen durch die höheren Kilometerzahlen (die Strecke zu meiner Arbeitsstelle und zurück mußte meine Frau so täglich praktisch doppelt fahren) teurer wurde als die Kosten für ein zweites Auto. Wenn ich meine Frau zur Arbeit fahren würde, würde es noch viel teurer werden. Außerdem käme das zeitlich auch gar nicht mehr hin. Bis vor kurzem hat meine Frau noch 35 Wochenstunden gearbeitet. Ich habe 40 Wochenstunden, und so war es noch zeitlich möglich, daß sie mich zur Arbeit fahren und wieder abholen konnte. Neuerdings arbeitet meine Frau aber 38 Wochenstunden (selbstverständlich bei gleichem Gehalt), und seitdem würde das zeitlich nicht mehr passen. Sie hätte dann entweder zu wenig Arbeitszeit oder ich zuviel.

Letztendlich haben die Menschen früher auch durchaus nicht freiwillig mehr auf ihre Kinder geachtet als heute. Haftpflichtversicherungen kannte kaum jemand, und so mußte man für Schäden, die die Kinder verursacht haben, dann wirklich zahlen. Heute haben viele Menschen Haftpflichtversicherungen, außerdem urteilen auch Gerichte sehr oft zugunsten der Eltern. Und selbst wenn die Eltern zu Schadenersatz verurteilt werden, bleibt man oft auf dem Schaden sitzen. Meine Frau beispielsweise hat sich auf dem Parkplatz ihrer Firma mal zwei Reifen kaputt gefahren, weil ein Mädchen aus der Nachbarschaft dort Nägel verstreut hatte. Auf dem Parkplatz liegt Splitt, und dazwischen waren diese Nägel kaum zu sehen. Es gab eine Gerichtsverhandlung dazu, und es fand sich sogar ein Zeuge, der gesehen hatte, daß dieses Mädchen auf dem Parkplatz mit Nägeln gespielt hat. Die Nägel hatte ihr Vater liegen gelassen, nachdem er seinen Zaun repariert hat. Die Eltern wurden zu Schadenersatz verurteilt, leisteten einen Offenbarungseid, und natürlich sah meine Frau keinen Cent und konnte die neuen Reifen selbst bezahlen.

Die Kinder wissen heute oft ganz genau, daß sie sich alles erlauben können und nutzen das natürlich voll aus. In dem Mietshaus, in dem wir mal wohnten, lief das so, daß jeder, der mit unserer Nachbarin Streit hatte, kurz darauf ganz zufällig lange Kratzer an seinem Auto vorfand. Ich glaube nicht, daß diese Nachbarin irgendwelche Kinder dazu angestiftet hat. Nein, das lief so ab: Sie hat sich in ihrer Dummheit vor ihrem Sohnemann über andere Leute aufgeregt, der hat das dann seinen Kumpels weiter erzählt, die hatten Langeweile und haben dann eben die Autos zerkratzt. Nachweisen konnte man das nie, und die Geschädigten blieben dann natürlich immer schön auf den Schäden sitzen. Wir haben dann in der letzten Zeit schon manchmal Videoaufnahmen gemacht, wenn einige Kinder aus der Nachbarschaft wieder extrem abgedreht sind und z.B. das Haus mit Steinen beworfen haben. Damit wir nicht auf eventuellen Schäden sitzen bleiben. Dann bekamen wir natürlich prompt Post von den Eltern mit leeren Drohungen mit Anwälten, da wir angeblich ihre Kinder ohne deren Erlaubnis gefilmt hätten. (Das ist auf öffentlichen Straßen aber nicht verboten.) Für solchen Unsinn hatten sie Zeit, aber für ihre Kinder offensichtlich nicht.

Für die Kinder ist es gar nicht gut, wenn ihnen so immer weniger Grenzen gesetzt werden. So wachsen sie mit der Illusion auf, daß sie sich alles erlauben und auch ungestraft ihre Mitmenschen terrorisieren können, wenn ihnen danach ist. Irgendwann fällt das aber auf sie selbst zurück, und dann ist es meist zu spät.

Der Sohn einer Kollegin meiner Frau beispielsweise hat mal irgendetwas angestellt, und danach wurde festgelegt, daß er innerhalb einer bestimmten Frist keinen Führerschein machen darf. Ich weiß nicht - vielleicht hat er ein Moped geklaut und ist damit herum gefahren. Er ist deshalb jedenfalls auch polizeilich registriert. Erstmal wird er darüber gelacht haben, weil das für ihn keine direkten Konsequenzen hatte. Jetzt will er aber eine Ausbildung machen, und die Firma liegt weit weg von seinem Elternhaus. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommt er nicht hin, und fürs Fahrrad ist es zu weit. Also wollte er den Führerschein fürs Moped machen. Das darf er aber jetzt nicht, und so muß er auch die Lehrstelle sausen lassen. Damit hat er nun ein echtes Problem. Das hat er sich selbst eingebrockt, aber in früheren Zeiten wäre es vielleicht gar nicht erst so weit gekommen. Da hätte er gleich einen saftigen Anschiß abgefaßt, wenn er nur mal laut draußen herum gegrölt hätte. Noch mehr anzustellen hätte er sich da vielleicht gar nicht mehr getraut. Dann könnte er jetzt den Moped-Führerschein und damit auch die Ausbildung machen. Aber so...

Freundliche Grüße
von Garfield



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