Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Soziologin sucht noch immer männliche Opfer häuslicher Gewalt

Arne Hoffmann, Saturday, 30.04.2005, 22:34 (vor 7532 Tagen)

Hallo,

ich komme noch mal auf ein Gesuch zurück, das ich schon vor einiger Zeit in den Foren gepostet hatte: Die Soziologiestudentin Julia Bennwitz sucht immer noch männliche Opfer häuslicher Gewalt für Interviews für ihre Magisterarbeit zu diesem Thema. Diese Interviews würden in der Form von ein- bis anderthalbstündigen Face-to-Face-Gesprächen stattfinden, zu denen Julia auf Wunsch gerne bereit wäre, die Betroffenen zuhause aufzusuchen (auch wenn sie dazu quer durch die Republik reisen müsste). Julia ist unter der Mailadresse juliabennwitz@gmx.de für alle Betroffenen zu erreichen.

Ich habe mich heute Nachmittag ca. eine Stunde mit Julia unterhalten, und es hat mir Spaß gemacht, mit einer jungen Akademikerin zu sprechen, die sich in diesem Thema gut auskennt und der man die Datenlage nicht erst nahebringen muss. Sie kennt sämtliche deutschen und die wichtigsten internationalen Studien zum Thema und hatte beispielsweise mit Professor Bock und Jürgen Gemünden, aber auch mit dem Berliner Männerrat und dem Männerbüro Trier bereits Kontakt. Trotzdem hat sie für die geplanten 20 Tiefeninterviews erst sechs Gesprächspartner gewinnen können.

Ihr stehen dabei die üblichen Probleme im Weg. Wenn sie im Bekanntenkreis herumfragt, wird das Thema eher ins Lächerliche gezogen. („Ich könnte ja heute abend meinen Mann schlagen, dann hast du ein Opfer.“) Von einem ihrer Bekannten weiß sie, dass er ein Betroffener ist, ohne dass er es weiß – hier greift anscheinend das übliche Tabu, das bei Opfererfahrungen von Männern vorherrscht: Berichtet sie ihm beiläufig von ihrer Suche nach Gewaltbetroffenen, interessiert es sich zwar sehr dafür, ist aber augenscheinlich nicht bereit, sich selbst als Betroffener zu outen. Die erwähnten Opferberatungsstellen (Männerbüro Trier etc.) möchten keine Betroffenen für Studien vermitteln, weil das mit ihrer therapeutischen Arbeit kollidiert. (Sie wollen Männer, die nach Gewalterfahrungen Hilfe und Beratung suchen, verständlicherweise nicht gleich darauf ansprechen, ob sie damit für wissenschaftliche Erhebungen zur Verfügung ständen.) Julia hat sogar mit Axel Svelah von „Kontraste“ Kontakt aufgenommen, weil dort ja Betroffene interviewt worden, aber die „Kontraste“-Redaktion habe sämtliche Namen und Daten ihrer damaligen Interviewpartner bereits vernichtet.

Ich habe Julia versprochen, dass ich ihr Gesuch noch mal in unseren Foren posten werde. Mit mir wird sie in den nächsten Wochen auch ein Interview führen (nicht als Betroffener, sondern als Experte natürlich).

Eine hoffnungsvoll stimmende Nachricht, die ich von Julia erfahren habe, ist dass immer mehr Studentinnen in der Soziologie sich inzwischen Männer und Väter als Thema für ihre Arbeiten wählen. Offenbar gelten die Frauen mittlerweile als etwas übererforscht, bis in den letzten Winkel hinein, so dass sich der akademische Nachwuchs schon aus einer gewissen Übersättigung heraus jetzt auch verstärkt dem männlichen Geschlecht und seinen Problemen zuwendet.

Herzliche Grüße

http://www.arnehoffmann.com


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