Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: 8 Mio, Tote seit 1974 - durch weibliche Urheberschaft

Garfield, Tuesday, 04.01.2005, 16:16 (vor 7641 Tagen) @ ein weiterer Andreas

Als Antwort auf: Re: 8 Mio, Tote seit 1974 - durch weibliche Urheberschaft von ein weiterer Andreas am 04. Januar 2005 13:20:43:

Hallo Andreas!

"Die Abtreibungsgegner haben die Lebensgeschichte historischer Persönlichkeiten auf dieses Argument hin abgeklopft. Ergebnis: eine Vielzahl bedeutender Leute wäre abgetrieben worden."

Ja, davon habe ich auch schon gehört. Allerdings entscheidet sich ja auch heute nicht jede Frau bei einer ungewollten Schwangerschaft für eine Abtreibung. So gesehen ist es Unsinn, zu behaupten, daß Beethoven heute abgetrieben worden wäre.

"Nur deshalb, weil das Leben schwer werden könnte, es gleich zu Beginn vernichten, oder es weil die Mutter dem Kind später ihren Mutwillen spüren lassen würde, das kann man nicht im Ernst behaupten."

So meinte ich das auch nicht. Es ist aber ein Faktor, den man in Betracht ziehen muß, vor allem, wenn man damit argumentiert, daß wir diese ungeborenen Kinder heute dringend brauchen würden.

"Unsere Wirtschaftsstagnation kann doch nicht über das Lebensrecht entscheiden. Das ist ja radikal-merkantil gedacht."

Richtig. Trotzdem nützt es gar nichts, die Bevölkerungszahl zu erhöhen, wenn man die zusätzlichen Menschen dann chancenlos unter die Brücke schickt. Das macht keinen Sinn.

"Im übrigen lehrt uns die volkswirtschaftliche Wachstumstheorie, dass eine Ausweitung des Faktorangebots (also zB Arbeit) auf einen höheren Wachstumspfad führt."

Das stimmt nur bedingt. Es wird ja nicht um des Produzierens Willen produziert, sondern um die Produkte zu verkaufen. Bevor überhaupt produziert wird, wird erst einmal der Markt analysiert. Wenn sich dabei herausstellt, daß nicht genügend kaufkräftige Kunden vorhanden sind, dann wird nicht produziert. Und selbst wenn jemand dann trotzdem produzieren will: Sofern er dafür einen Kredit benötigt, wird er wahrscheinlich keinen kriegen. Die Banken sehen sich nämlich normalerweise auch erst einmal den Markt an.

Wenn mehr Kinder geboren werden, produzieren die natürlich mehr Nachfrage. Aber es ist ja nun nicht so, daß pro geborenem Kind irgendwo ein neuer Mitarbeiter eingestellt wird. Man muß dabei auch bedenken, daß die Produktion in Deutschland mittlerweile hoch automatisiert ist. Jede Fabrik hat üblicherweise Überkapazität, die bei Nachfrage-Erhöhungen genutzt werden kann. Die Zahl der Beschäftigten wird dann auch nicht unbedingt erhöht, denn dafür gibt es ja Überstunden. Damit die weniger kosten, arbeitet man jetzt fleißig darauf hin, die Wochenarbeitszeit zu erhöhen und den Sonnabend wieder zum normalen Arbeitstag zu erklären. Diese Maßnahmen werden weitere Erwerbslose generieren.

Durch ein Bevölkerungswachstum würde die Zahl der Erwerbslosen eventuell langsamer steigen, aber auf keinen Fall sinken. Das hat sich sehr deutlich Anfang der 1990er Jahre gezeigt, nachdem sich die Bevölkerung der Bundesrepublik schlagartig um 17 Millionen Menschen erhöht hatte. Nach dieser ominösen "Wachstumstheorie" hätte das einen gewaltigen Aufschwung erzeugen müssen. Hat es aber nicht. Zwar wurde im Westen teilweise tatsächlich mehr Personal eingestellt, aber das hielt nicht lange vor. Als dafür im Osten nämlich immer mehr Menschen arbeitslos wurden und damit ihre Kaufkraft sank, und die übrigen mit deutlich niedrigeren Löhnen bald fast die vollen westlichen Lebenshaltungskosten decken mußten, ging auch der Absatz wieder zurück. Und schon stiegen die Arbeitslosenzahlen schneller als zuvor.

"Wenn die Tagespresse in punkto Wirtschaft etwas genauer beobachtest wirst Du feststellen, daß die Analysten (Wirtschaftsweise etc. pp.) die Wachstumsschwäche im EU-Raum gegenüber den USA immer auch auf die Bevölkerungsentwicklung beziehen. Die USA haben ein deutliches Bevölkerungswachstum."

Die USA kann man mit Europa nicht wirklich vergleichen. Die USA nützen nämlich ihre politische, wirtschaftliche und militärische Vormachtstellung aus, um ihre Wirtschaft auf Kosten anderer Länder immer wieder anzukurbeln. Kriege generieren immer wieder Bedarf an Rüstungsgütern. Embargos werden genutzt, um ausländische Unternehmen von Märkten zu verdrängen und die so entstandenen Lücken flugs durch US-Unternehmen zu füllen. Die US-Militärmacht wird eingesetzt, um Länder zu besetzen, die über wertvolle Rohstoffquellen verfügen, die US-Unternehmen dann ausbeuten können. Diese Möglichkeiten stehen den Europäern und vor allem den Deutschen nur sehr begrenzt zur Verfügung.

Der Bevölkerungszuwachs in den USA wird vor allem in den Schichten der Bevölkerung mit niedrigen Einkommen generiert. Denen fehlt die nötige Kaufkraft, um die Wirtschaft stark anzukurbeln.

"Wann waren denn unsere Lebensbedingungen besser als jetzt?"

Als noch jeder, der arbeiten wollte, auch Arbeit gefunden hat und damit auch genügend Geld verdienen konnte, um nicht nur seine Lebenshaltungskosten zu finanzieren, sondern sich auch den einen oder anderen Luxus zu leisten.

Heute geht es zwar vielen immer noch gut, aber das ändert sich langsam und wird sich in Zukunft noch schneller ändern, wenn so weiter "reformiert" wird wie bisher.

Freundliche Grüße
von Garfield


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