Re: Teenieforum

Garfield, Tuesday, 24.09.2002, 14:46 (vor 8479 Tagen) @ Jolanda

Als Antwort auf: Re: Teenieforum von Jolanda am 24. September 2002 02:06:13:

Hallo Jolanda!

Ich stimme dir in allem voll zu. Ich wollte hier auch kein Plädoyer für die Überlegenheit des Mannes halten. Mir ging es nur darum, daß solche merkwürdigen Ansichten wie die von Carlos ihre Ursachen eben in genauso merkwürdigen Tendenzen in unserer Gesellschaft haben.

Du hast geschrieben, daß doch jeder etwas tun könne, und daß die Eltern ihre Kinder doch einfach nur richtig erziehen müßten.

Leider ist das nicht so einfach. Meine Verlobte sagt immer: "Du kannst dein Kind noch so gut erziehen - sobald es in die Schule kommt, ist das alles zunichte gemacht." Und das sehe ich auch so. Denn nur in den ersten Jahren haben die Eltern den größten Einfluß auf die Kinder. Später kommen Lehrer, Freunde und dann fatalerweise auch noch die Medien dazu.

Wenn meine Verlobte und ich irgendwann vielleicht mal Kinder haben, werden wir auf jeden Fall versuchen, sie auf eine Privatschule zu schicken. Denn was heute in den öffentlichen Schulen abgeht, möchte ich meinen Kindern nicht zumuten.

Es ist ohnehin ein allgemeiner Trend in unserer Gesellschaft, Verantwortung abzulehnen. Unsere "Führungselite" macht uns das im Großen vor. Z.B. wenn Manager nach ihrer Entlassung noch Abfindungen in zweistelliger Millionenhöhe kassieren oder Minister auch nach den schlimmsten Korruptionsaffären noch Anspruch auf ihre fetten Pensionen haben und meist in keiner Weise juristisch belangt werden können. So ist es kein Wunder, daß der Rest der Gesellschaft das munter nachäfft.

Und überall kriegt man dafür heute für die eigene Faulheit und Verantwortungslosigkeit prima Ausreden geliefert. Wer zu faul ist, um seinen Garten in Ordnung zu halten, gibt ihn eben einfach als ökologisches Biotop aus. Und wenn ein Lehrer zu träge ist, um sich immer wieder gegen die Schüler durchzusetzen, dann kann er das heute prima mit antiautoritärer Erziehung begründen. Hauptsache, er macht sich nicht zuviel Streß. Rings um ihn tobt dann zwar das Chaos in der Klasse, aber dagegen helfen notfalls ja Ohrenstöpsel. So schafft man's dann auch irgendwie bis zur Rente, und als Lehrer hat man ja auch gute Chancen darauf, sich vorzeitig zur Ruhe setzen zu können.

Als meine Verlobte nur wenige Jahre nach dem Ende ihrer Schulzeit nochmal einen Lehrer in ihrer Schule besucht hat, war sie sehr überrascht darüber, wie sehr sich das Klima an der Schule in den paar Jahren verändert hatte. Da war ein Krach in den Klassen, die Schüler liefen über die Tische und die Lehrer schien das in keiner Weise zu stören. Wie soll man in so einer Atmosphäre denn noch etwas lernen?

Es ist wohl hoffentlich nicht überall so krass, aber es ist zu befürchten, daß solcher Unsinn immer weiter um sich greift.

Denn auch sonst gibt es überall ähnliche Tendenzen. Jetzt wurde ja gerade das Verkehrsrecht geändert. Stell dir mal folgende Situation vor: Du stehst mit deinem Auto an einer Kreuzung. Auf einmal kommt ein Radfahrer von der Seite und fährt dir voll ins Auto. Er verletzt sich dabei schwer und auch sein Fahrrad ist etwas demoliert. Du kannst definitiv nichts dafür, denn du bist ja nicht einmal gefahren und hast auch sonst keine einzige Verkehrsregel verletzt. Also müßte eigentlich der Radfahrer die Verantwortung für den Unfall übernehmen und dir den Schaden an deinem Auto ersetzen. Aber von wegen: Nach den neuen Gesetzen darf deine Haftpflicht-Versicherung nun den Schaden des Radfahrers ersetzen. Und die holt sich das Geld natürlich von dir in Form von Beitragserhöhungen wieder. Das bedeutet: Wenn ein Radfahrer so trottelig ist und dich rammt, mußt du dafür die Kosten tragen.

So wird Verantwortungslosigkeit in allen Bereichen gefördert. Die Menschen werden zunehmend durch die gesamte Gesellschaft dazu erzogen, Verantwortung und lästige Arbeit soweit wie möglich auf andere abzuwälzen, und es gibt immer mehr Gesetze, die das auch noch fördern. Nicht nur im Scheidungsrecht.

Und so braucht man sich auch nicht darüber wundern, daß die Kinder heute ebenfalls nicht mehr erzogen werden. Eltern und Lehrer schieben sich den lästigen Schwarzen Peter der Erziehungsarbeit gegenseitig zu, und so passiert letztendlich gar nichts.

Das ist auch einer der Gründe, wieso meine Verlobte und ich wahrscheinlich niemals Kinder haben werden.

Freundliche Grüße
von Garfield