Friedensarbeit
Aber ich sah auch eine beachtliche Reihe von jungen Leuten, die unter
Anleitung der Kriegsgräberfürsorge - die erst nach Perestroika dort tätig
werden durfte - während der Ferien und faktisch für Gotteslohn, Gebeine
sammelten, sie aus Löchern gruben, in denen einst Soldaten beider Seiten
verscharrt waren. Nicht selten finden sie noch Erkennungsmarken, Schicksale
finden so ihre Aufklärung - noch leben Angehörige...
Hallo, Narrowitsch
Es gibt viele Menschen, für die die Arbeit der Kriegsgräberfürsorge, Vermisstensucher
und Archivare große Bedeutung hat.Ein Neffe, der nach seinem Onkel forscht,
Enkel, die den Großvater zu suchen beginnen, Besatzungskinder, z.B. eine Französin,
deren Mutter sich mit einem österreichischen Soldaten einließ, die Familie unterband den Kontakt,
die schwangere junge Frau wurde nach Paris fortgeschickt, damit niemand im Dorf die Schande
bemerkte, heute sucht die Tochter nach ihrem unbekannten Vater, lebt er noch, fiel er, wer war er?
Hier das Beispiel einer Witwe, die suchte und mit Hilfe solcher Vereine und Organisationen fand:
"GESTERN....das ist schon so lange her....16.September 1944.Aber für mich bleibt es GESTERN
....als 2 Offiziere vom Wehrkreiskommando kamen, und mir sagten,
dass mein Mann gefallen sei. Meine Welt brach zusammen. Ich konnte
es nicht begreifen, dass nun unser kleiner Sohn und mein Mann nicht mehr lebten.
Nur ich allein wusste, was ich verloren hatte.
Einige Tage später erhielt ich den letzten Feldpostbrief,
2 Stunden vor seinem Tod geschrieben: "...sorg` Dich nicht um mich,
ich habe ja meinen guten Schutzengel, wie immer,
- der mich heil zu Dir zurück führen wird."
Aber am 16. September war der sonst so zuverlässige Schutzengel außer Dienst ...
Ich machte das Versprechen, dass ich meinen Mann eines Tages suchen würde.
Wie, wo, wann, das stand in den Sternen. Der Krieg ging weiter und zu Ende.
Es kam der Dienst beim Roten Kreuz, - Flucht - Bombenangriff auf Dresden -
die unrühmliche Geschichte amerikanischer Gefangenschaft und alles war vorbei.
Ebenso unser beider Leben und Glück, -
Hoffnungen und Pläne, Heimat und gemeinsame Zukunft.
(...)
Es verging kein Tag, an dem ich nicht an meinen Mann dachte.
Was ging mir alles immer und immer wieder durch den Kopf?
Wie waren seine letzten Minuten?
War er gleich tot?
Wo haben sie ihn eingescharrt?
Er fiel bei Ergli, wurde aber in Indrikeni begraben?
Wer hat ihn noch bis dahin gebracht?
Wer lebt noch von damals? Hptm. von Daimling?
Oblt. Hagerli? Ltnt. Weber? Hptm. Jochen? Oblt. Karn? Obergefr. Minth?
Dr. Schultz? Gen.-Lt. Wagener? Oblt. Bidermann? Oblt. Volle?
Wen gibt es noch von der 132. I.D. - I.R. 436/437 - Füs.-Btl. 132?
(...)
Im Jahre 1970 erhielt ich von der Dienststelle WASt nähere Angaben.
Mein Mann wäre in einem Reihengrab in Indrikeni, 1,5 km SO Bahnhof Licupe, beerdigt…
Nr. 30. Meine Vergangenheit ließ mich nicht zur Ruhe kommen.
In 1999 - 55 Jahre später - begann ich neue Nachforschungen.
Sehr erleichtert durch die neue politische Beziehung zwischen Lettland und Deutschland.
Wobei der Computer und das Internet die größte Rolle spielte. Ich fand Menschen,
die heute meine Freunde sind. Der VDK war überall am Umbetten der Kriegsgefallenen.
Da sah ich meine Chance, mehr zu erfahren. Das Erste war, dass ich nach Lettland wollte
und den Platz finden, wo mein Mann, zusammen mit anderen Kameraden, in Reihengräbern
beerdigt war. Irgendwo, nicht mehr erkennbar...
Im September 2001 begann meine Reise in die Vergangenheit...
(...)
Handvoll für Handvoll wurde alles freigelegt, dann kam die Erkennungsmarke
und sie bestätigte, es war mein Mann: Major Heiner Ochßner.
Das war nun das Ende meiner Suche und ich bin sehr froh darüber,
dass noch so viele Kameraden gefunden wurden. Nur 4 hatten keine Erkennungsmarke.
Sie alle werden die nächsten Wochen in kleinen weißen Särgen nach RIGA-BEBERBEKI,
auf den Soldatenfriedhof überführt. Dort finden sie dann ihre letzte Ruhe
und es werden sich vielleicht noch Angehörige finden, die bislang vergeblich gesucht haben.
Ich selber kann dann endlich an einem Grab stehen, worauf ich so unendlich lange
gewartet habe. Und meine lettischen Freunde werden dafür sorgen,
dass er immer Blumen am Grab haben wird.
Noch ist alles so unwahrscheinlich, aber ich hoffe doch, dass der innere Friede kommen wird.
Und wäre es nicht all die Mühe des VDK`s gewesen und der Freunde in Lettland
- der Hilfe, ich hätte meinen Mann nie wieder gesehen."
Ich habe den Text gekürzt,falls jemand Zeit und Geduld aufbringt,
findet man ihn hier:
http://www.kurland-kessel.de/default.html
_______________________________________________________________________________
Dieser Text wird dich, Narrowitsch, sicher interessieren.
Stichworte Tscherkassy,Krim (Simferopol) "Taurisches Tagebuch"
Die Berichte sind unter oben genanntem Link zu finden unter
"Feldpostbriefe aus dem Kurlandkessel"
Bei dem zitierten Text handelt es sich um eine Art Vorwort des Sohnes zu den Briefen.
Briefe von Hauptmann Erich Neuß - 24. Inf.-Div.
Mein Vater, E.N. der am 8. Mai 1945 mit einem der letzten Lazarettschiffe dem Kurlandkessel entkam, hat, wie wohl viele seinesgleichen, über seine Erlebnisse im 2. Weltkrieg wenig gesprochen, jedenfalls gegenüber seinen vier Kindern.
Wer nicht dabei gewesen ist, kann das alles nicht verstehen', äußerte er gelegentlich.
Dabei war gerade er als Historiker, Archivar und nicht zuletzt als Autor mehrerer Bücher
ein Mensch, der in den Erinnerungen lebte, der zu beobachten verstand und sich in der Regel
über Gesehenes und Geschehenes auch Gedanken zu machen pflegte.
So war er während des Krieges fest entschlossen, nach Kriegsende ein "Taurisches Tagebuch"
über seine Erlebnisse als Soldat auf der Krim zu schreiben.
In seinen Feldpostbriefen sammelte er dafür schon Material und seine Frau las daraus
mitunter Freunden und Bekannten vor, die sich beeindruckt zeigten.
So wurden sowohl seine Briefe wie auch die seiner Frau Ella über 5 Kriegsjahre hin von beiden sorgfältig gesammelt und aufbewahrt.
Doch die Verhältnisse während des vierzigjährigen Bestehens der DDR und die Ideologie der Machthaber, den selbst ernannten "Siegern der Geschichte", erlaubten nicht, an irgendeine Form
der Auswertung oder Veröffentlichung zu denken.
Rund 25 Jahre nach dem Tode der beiden Eltern war es an der Zeit, einmal in die Briefmappen
hinein zu schauen. Obwohl es der geistige Habitus der Briefeschreiber erwarten ließ,
war die Überraschung doch groß, welch intensives Zeit- und Persönlichkeitsbild sich bei der
Lektüre einstellte.
Neben den Kapiteln "Belgien", "Ukraine" und "Krim" ist das Kapitel "Kurland" die letzte Phase
des Krieges, die E.N. erlebt. Da ohne eine kurze biographische Betrachtung seines Werdegangs
für viele Leser die Briefauswahl doch wohl etwas fragmentarisch bleiben würde,
möchte ich diese hier einschieben.
E.N., 1899 geboren, war noch 1917 in den 1.Weltkrieg gezogen.
1920 kam er aus französischer Gefangenschaft zurück, studierte Staatswissenschaften
(Dr. rer. pol.) und wurde 1928 Stadtarchivar in Halle/S., aber 1933 von den Nazis nach
dem sogen. "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" sofort aus dem Amt geworfen. Weitläufige Freunde intervenieren an "höchster Stelle", und die Stadt muss ihn 1937 wieder einstellen, allerdings in ein "geringeres Amt" und E.N. muss in die Partei eintreten.
Aus diesem Pyrrhus-Sieg - "Es gibt noch Richter in Berlin" *) bildet E.N. sich ein -
resultiert seine verhältnismäßig lang dauernde Loyalität gegenüber den Spitzen des NS - Staates, nicht jedoch gegenüber dem Partei-Apparat. 1939 absolviert er einen Res.-Offz. - Lehrgang
und wird im Febr. 1940 eingezogen, zuerst an die belgische Küste.
Im Febr. 1941 wird er Leutnant; gelangt im Mai 1941 nach Polen und ist beim Einmarsch
in die SU dem Stab eines Feldersatz - Bataillons der 24. Infanterie-Division (Eisbär-Division) zugeteilt. Er marschiert zum Dnjepr (Tscherkassy) und schließlich zur Krim (Simferopol).
Dort kommt es zur Bekanntschaft mit einer tatarischen Familie und zur Freundschaft mit jener Asime, von der die Rede sein wird. Sie pflegt ihn nach seiner Verwundung am 2. 3. 1942
im Lazarett und wird 1944 vor der Räumung der Krim nach Deutschland evakuiert.
Erst im Juni 1943 ist E. N., mittlerweile Oberleutnant, wieder soweit hergestellt,
dass er zur Division, die inzwischen südlich von Leningrad steht, zurück kann.
Dort wird er als Div.- Betreuungsoffizier eingesetzt und Anfang 1944 zum NSFO
(NS-Führungsoffizier) gemacht, was er angesichts seiner Erfahrungen von 1933
für einen "Treppenwitz" hält. Er bleibt es auch nur wenige Monate, weil ihn ein neuer Kommandeur, dem er und der ihm unsympathisch ist, des Postens wieder enthebt. E.N. ist darüber empört,
aber seine Frau schreibt ihm sinngemäß:
"er solle doch froh sein, dass er den Landsern nun nichts mehr vorlügen brauche".
Im Nov. 1944 ist er Hauptmann, was auf den Kriegsverlauf von geringer Wirkung ist.
14 Tage vor Kriegsende bekommt er Schmerzen und Fieber, muss operiert werden und gelangt
so auf das letzte Schiff, das den Hafen Windau am 8. 5. 1945 verlassen kann und drei Tage
später heil in Kiel einläuft."
LG Donna Amaretta
gesamter Thread:
- ... ein würdiges Grab! -
roger,
26.08.2009, 16:48
- ... ein würdiges Grab! -
Holger,
26.08.2009, 21:11
- ... ein würdiges Grab! -
roger,
27.08.2009, 11:05
- ... ein würdiges Grab! -
Hemsut,
27.08.2009, 11:37
- ... ein würdiges Grab! - roger, 28.08.2009, 11:40
- ... ein würdiges Grab! -
Hemsut,
27.08.2009, 11:37
- ... ein würdiges Grab! -
roger,
27.08.2009, 11:05
- Friedensarbeit -
Narrowitsch,
27.08.2009, 16:20
- Friedensarbeit - Donna Amaretta, 27.08.2009, 18:47
- ... ein würdiges Grab! -
Holger,
26.08.2009, 21:11