Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Säkulare Religion

Chato, Saturday, 18.07.2009, 17:47 (vor 5416 Tagen) @ Nihilator

Guten Tag Nihi!

Volksabstimmung über eine Verfassung als Initialzündung. Dann Umsetzung der
Vorschläge von von Arnim (kennst Du?) zur Demokratisierung Deutschlands.
Direktwahlen, Volksabstimmungen, Entmachtung der Blockparteien.

Kurt Tucholsky hat es angeblich vor etwa 80 Jahren gesagt: "Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten." Und bekanntlich sind sie ja tatsächlich strikt verboten:

Es gibt null Achtung der Politik gegenüber dem angeblichen Souverän, europaweit.
Wählt er falsch, wird eben wiederholt. Oder die Verfassung geändert, wie in Frankreich.
Wir werden in einem europäischen Superstaat aufgehen, und das wird eine noch sehr viel
undemokratischere Geschichte sein als was wir jetzt haben. Mit mehr Femischismus, mehr
mehr Männerverachtung, mehr Ungleichbehandlung und -eigentlich kurios- mehr Islam-
Vergötzung und -Unterwürfigkeit. Und diese Diktatur wird auch sehr viel bessere
Möglichkeiten haben als alle vorhergehenden, um ihrer Beseitigung entgegenzuwirken.

Wir stehen mit plattgedrückter Nasenspitze direkt am Türblatt der Pforte zur EUdSSR, Nihi. Der Lissabon-Vertrag (derselbe Balg bekommt ja nach jeder seiner vorläufigen Totgeburten immer wieder einen neuen Namen) ist eine lupenreine Neuauflage von Hitlers Ermächtigungsgesetz, bloß diesmal eben nicht in einem Land, sondern in einem ganzen Kontinent. Mit ihm wird jeder lästige, demokratische Schein ein für allemal beendet und die unverhohlene bürokratische Diktatur in Europa installiert. Rüttgers oder Fischer brauchen überhaupt nichts mehr zu befürchten, wenn sie ganz offen und unverblümt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag für nichtig erklären. Gewaltenteilung? Unabhängigkeit der Justiz? Ja leck mich halt am Arsch, du blödes Volk!

Die europäischen Völker werden durch dieses Ermächtigungsgesetz abgeschafft und eingeebnet und es gibt natürlich keine gemeinsame, ganz Europa umfassende Öffentlichkeit. Die Gewaltenteilung wird rundweg beendet, die freie Meinung, die Vertragsfreiheit, die Freizügigkeit, die Unverletzlichkeit der Privatsphäre, die Freiheit und Autonomie der Familie, das Recht auf Leben usw. usf., welch alles ja längst auf dem Wege des Rechtsbruches zunehmend verletzt oder bereits getötet worden ist, wird dann ganz offiziell beendet. Religionen werden von oben nach Vorschrift dahingehend geändert, daß sie den Regeln einer korrekten "toleranten Einheitsreligion" entsprechen. Alles andere wird als verbrecherische Umtriebe verfolgt.

Das Brüsseler Politbüro legt mit unbeschränkter Machtfülle verbindlich für alle Menschen fest, wie jeder zu leben und zu sterben hat, was er meinen und finden darf, wem welche "Rechte" bei welchem Verhalten zustehen und welche nicht und was überhaupt wahr ist und was nicht. Die Medien werden diese, und nur noch diese Wahrheit auf eine Art und Weise zu verbreiten wissen, daß sie niemandem mehr unwahr vorkommt, von ein paar ganz wenigen "Fundamentalisten", "reaktionären Klerikalfaschisten" und "Nazis" abgesehen, deren strenge Internierung von praktisch jedem befürwortet und begrüßt werden wird.

Das alles ist kein Film, Nihi, das ist kein skurriles "Medienereignis", das danach wieder aufhört wie eine Fußballübertragung, das ist kein Videogame, wo man sich einfach ein weiteres Leben besorgt und an der Stelle, an der man draufging, weiterspielt, und es gibt auch keine Rückspul-, Reset- oder Off-Taste. Das alles geschieht real und es geschieht jetzt, in diesen Monaten, Wochen, Stunden. Aber die Bedeutung wird einfach nicht wahrgenommen und nicht begriffen. Es ist den Leuten im Grunde vollkommen scheißegal. So wie die Bedeutung der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichspräsidenten Hindenburg von den damaligen Zeitgenossen nicht begriffen wurde. Es war halt wieder einmal irgend ein Regierungswechsel, irgend ein ziemlich komischer Schreihals wurde Kanzler, und die Mehrheit, die ihn schließlich nicht gewählt hat, hat darüber ihre Späßchen gemacht und ihm höchstens ein paar Wochen gegeben.

Warum geht so etwas eigentlich? Warum kann so etwas überhaupt geschehen? Warum geschieht es alle paar Jahrzehnte wieder aufs Neue und jedes Mal schlimmer als beim letzten Mal? Warum meinen die Leute je und je, derweil es doch vor ihren eigenen Augen geschieht, so etwas ginge gar nicht, so etwas könne nicht wirklich passieren, und wenn es das früher vielleicht einmal gegeben hat, dann könne es sich "deshalb" heute nicht mehr wiederholen? Was ist es eigentlich, was da so merkwürdig unbemerkt und so verstörend unaufhaltsam ins allgemeine, kollektive Sein drängt und seine unfaßlichen Fürchterlichkeiten entfaltet, die aber den Leuten, während sie doch am hellen Tageslicht vor ihrer aller Augen geschehen, "ganz normal" vorkommen? Hitler 1938: das war der unbestrittene Held des deutschen Volkes, auch für die, die ihn haßten, denn seine Erfolge schienen unbestreitbar. Man hatte keine Argumente mehr gegen Hitler. Die reale Entwicklung hatte seine Gegner widerlegt. Man brauchte längst keine KZ's mehr für normale Oppositionelle, weil ihnen einfach die Argumente ausgegangen waren, die noch irgend jemand sonst hätte begreifen und nachvollziehen können. Hätte Hitler zu diesem Zeitpunkt freie Wahlen abgehalten, dann hätte er sie tatsächlich mit überwältigender Mehrheit gewonnen.

Ist es vielleicht die persönlich nicht wahrgehabte "Normalität" der Leute selbst, die in ihrem Außen reale Gestalt annimmt, wenn sich solche kollektiven Katastrophen ereignen? Geschieht das vielleicht deshalb so unbemerkt, so unwidersprochen, so beiläufig und alltäglich, weil es so vertraut, so gewohnt, so normal in den Leuten selbst lebendig ist? Ist es also einfach die Gesellschaft selbst, so, wie sie wirklich ist, die sich da auf ihren kollektiven Begriff bringt und es deshalb niemanden stört?

Natürlich ist das so! Was denn sonst? Wo aber wollte man dann, wenn das so ist, die gesellschaftlichen Kräfte auftreiben, die eine solche Entwicklung aufhalten wollten und könnten? Natürlich geschieht das individuell alles unbewußt. Welch ein Wunder aber auch, weiß doch schließlich ein jeder in seinem subjektiven Unschuldswahn, daß die anderen böse sind, und er nicht. Bloß denkt das eben jeder so von sich selbst und ist sich völlig sicher, daß die Welt in bester Ordnung wäre, wenn sie nur so wäre wie er selbst, und er verkrümmt sich bis zur Groteske in der Abwehr der Einsicht, auch er selbst könnte der sein, der doch die anderen sind: Die Bösen und Gemeinen.

Wer soll's denn abwenden? Der RTL2-gestählte Pöbel, Cindy aus Marzahn?

Du stellst genau die richtige Frage: "Wer soll's denn abwenden?" Der RTL2- (oder: BILD, SZ, ZEIT, FAZ, WELT, SPIEGEL … blablabla … ARD, ZDF, Sat1, Pro7 usw. usf. wie sie alle heißen…) gestählte Pöbel wendet das nicht nur nicht ab, sondern der wird hellauf begeistert sein. Cindy aus Marzahn ist endlich wer! Warum sollte sie das abwenden wollen? Auch Erwin Masku aus Wanne-Eickel kann nur, und wirklich nur dann noch etwas werden, wenn er ebenfalls hellauf begeistert ist. Das kann er sich zwar heute vielleicht noch nicht vorstellen, aber wenn er erst einmal hellauf begeistert ist, wird er sich nicht mehr vorstellen können, daß er es früher nicht gewesen ist. Von wem sollte er denn sonst jemals "Männerrechte" verliehen bekommen, wenn nicht von denen, die sie zuständigkeitshalber vergeben? Und warum sollte er sich denn nicht darüber freuen, daß ihm endlich mal gelungen ist, wofür er so viele frustrierende Jahre vergeblich gekämpft hat? Endlich, endlich wird einmal öffentlich anerkannt, extra für ihn, wie ungerecht es war, daß er früher als Mann derart verarscht und mißachtet worden ist! Vielleicht wird sogar der Feminismus deswegen verboten und Alice Schwarzer in Haft genommen? Zwei nach Gin duftende Tränen werden an seinen Wangen herablaufen vor lauter Rührung und Glück.

Ich sehe schwarz.

Derart zurückhaltend kann man das natürlich auch formulieren.

Nick

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Wenn wir Toren wüßten, daß wir welche sind, wären wir keine.


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