Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Die uns bis hierher gebracht hat

Donna Amaretta, Thursday, 09.07.2009, 19:53 (vor 6015 Tagen) @ Borat Sagdijev

Also diese ist die erfolgreichste, weil historisch eindeutig belegt die
effektivste:

1. Mann Alleinverdiener, Frau Haushalt und Kinder.

Das stimmt nicht so ganz.
Wirtschaftliche Erfordernisse diktierten immer schon das Arbeitsverhalten von Männern
und Frauen bzw. das (einvernehmliche) Arrangement zwischen ihnen.

"Das Klischee des 19. Jahrhunderts hält der Realität nicht stand; denn es übersieht
die soziale Ungleichheit in der städtischen Gesellschaft, das Problem der Armut,
wie auch die Geschlechterbeziehungen. Waren Frauen in vieler Hinsicht rechtlich
und sozial schlechter gestellt als die Männer, so heisst das nicht, dass sie wehrlos
und passiv waren. Sie konnten selbständig ihren Lebensunterhalt verdienen."

"(...)Frauen jeden Standes - ledige, verheiratete oder verwitwete - und jeder sozialen Schicht,
von der reichen Ratsherren- und Kaufmannsgattin bis zur armen Tagelöhnerin,
gingen einer Erwerbsarbeit nach. Sie standen je nach den familiären Bedürfnissen einmal mehr,
ein ander mal weniger aktiv im Erwerbsleben. Hatten sie für Säuglinge und kleine Kinder
zu sorgen, blieb fürs Geldverdienen nicht viel Zeit übrig. Waren die Kinder grösser,
war dies für die Mütter eher möglich. Im Unterschied zu heute nahmen sie ihre Kinder
unter Umständen an den Arbeitsplatz mit; das war auch später noch im Zeitalter
der Manufakturen und der Frühindustrialisierung üblich. Beispielsweise aus dem Archiv
des Basler Heilig-Geistspitals erfahren wir, dass Tagelöhnerinnen im Garten- und Ackerbau
mit ihren Kindern erschienen; diese erhielten für ihre Mitarbeit einen bescheidenen Taglohn.
Kinder gehörten in den städtischen Lohntarifverordnungen zur Gruppe der
Niedrigstlohnempfänger.
(...)Für die Stadt Würzburg sind die Zahlen der auf Baustellen beschäftigten Arbeiterinnen
bekannt: Im Zeitraum zwischen 1428 und 1524 waren zwischen 4% und 38% aller von der
Stadt beschäftigten Bauarbeiter weiblichen Geschlechts. So verzeichnen die Lohnlisten
für die Jahre 1450 bis 1474 beispielsweise 1472 Männer und 381 Frauen.
(...): So beim Wirten oder Bierbrauen und anderen Lebensmittelgewerben,
beim Kram- und Viktualienhandel, bei der Krankenpflege, im Badewesen, beim Spinnen,
Nähen und Schneidern, beim Kerzenmachen oder beim beschwerlichen Métier der Waschfrauen. Doch es gab auch Schusterinnen und Flickschusterinnen, Schmiedinnen, Gürtelmacherinnen, Goldschmiedinnen, Hafnerinnen, Bau- und schliesslich auch Bergarbeiterinnen.
Aus Köln und Görlitz kennen wir Metallwaren- und Waffenhändlerinnen, im Hamburger Strassenleben fielen die zahlreichen Transportarbeiterinnen auf:
«Dieweil die Weiber und Megt alhie zu Hamburg insonderlicher mer Dienstbarkeit
dan andere Ortt, nemlich mit Ziehung an einem Karren die Kaufmansguetter
hin und wider und zum Kauffhauss, wie hie noch abgerissen.>

In allen Berufen standen die Meisterinnen, die auf eigene Rechnung arbeiteten,
in der Minderheit. Doch waren sie als mithelfende Ehefrauen, Töchter und Mägde
«eingespannt>, überall waren die Meister auf ihre Mithilfe angewiesen.

Das ist ein Auszug aus diesem Text.
Man muß ihn allerdings ganz lesen,der Auszug ist nur zum Appetit anregen;-)
Viele meiner weiteren Quellen zur Arbeit der Männer und Frauen durch die Jahrhunderte
sind in verschiedenen Büchern zu finden,leider finde ich selten die Zeit,
das abzutippen.

LG Donna Amaretta


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