Das Pfeifen im Walde
Hallo Darki!
Sieh dir nur mal den Fall Merckle an. Der Mann war einst offiziell der fünftreichste Deutsche!
Und der Konsum geht doch zurück. Das wird nur nicht gern so offen zugegeben. Dann könnte es nämlich sein, daß sich viele Menschen sagen, daß es ja offensichtlich ihren Nachbarn auch nicht besser geht als ihnen und daß sie sich den ganzen Konsum-Quatsch eigentlich ganz sparen können. Es könnte sich eine Bewegung bilden, die neue Werte wie Sparsamkeit, Bescheidenheit und Genügsamkeit propagiert - und viele Menschen könnten dem folgen. Nicht aus Einsicht, sondern einfach nur, weil sie sich den Konsumwahn ohnehin kaum noch leisten können und eh schon immer mehr auf Kredit kaufen. Obendrein könnte man das auch noch mit ökologischen Gründen rechtfertigen.
Was meinst du denn, wieso Mediamarkt & Co. neuerdings schon Elektronikartikel für zwei- bis dreistellige Summen auf Raten verkaufen? Das ist so, weil es heute viele Menschen gibt, die nicht mal mehr 500 Euro auf dem Konto haben!
Nach der Mehrwertsteuererhöhung war ja zu erwarten, daß es einen Konsumeinbruch geben wird, weil viele Menschen geplante Anschaffungen vorgezogen hatten. Merkwürdigerweise berichteten die Medien darüber aber kaum. Wie stark sich das wirklich auswirkte, erfuhr man nur, wenn man mit kleinen Handwerkern oder Händlern redete. Ein Heizungs- und Sanitär-Meister erzählte mir ein paar Monate später, daß er kurz davor war, seine Firma zu schließen. Da kam kein einziger Auftrag mehr rein. Aus den Massenmedien hat man sowas nicht gehört.
So etwa im Sommer las ich dann auf einmal ab und zu, daß es am Jahresanfang ja mal einen Konsumeinbruch gegeben hätte. Aber jetzt wäre ja wieder alles super, und die Leute würden ja wieder kaufen wie die Wilden...
"Hm", dachte ich mir. Denn in meinem Umfeld hat kaum jemand eine Gehaltserhöhung bekommen, und wenn doch, dann lag sie deutlich unter der Teuerungsrate, die ja mit der Euro-Einführung auch noch stark hoch ging. Woher sollte also das Geld für angeblich so gewaltig gestiegenen Konsum kommen???
Im Jahr darauf las ich dann plötzlich mehrmals, daß die Geschäfte im gesamten Vorjahr ja ganz schlecht gelaufen wären, aber nun wäre ja wieder alles super... Interessant, nun war auf einmal bezogen auf das Vorjahr keine Rede mehr vom gewaltigen Konsum.
Und so läuft das seitdem immer fröhlich weiter. Am Wochenende las ich z.B. einen Artikel mit der Überschrift "Weniger Insolvenzen in Deutschland". Das wunderte mich, denn ich weiß, daß hier in der Gegend in den letzten Wochen sehr viele Firmen Insolvenz angemeldet haben. Als ich den Artikel las, stand da was von November 2008. Die Überschrift suggerierte aber, daß es aktuelle Zahlen sind.
Die Massenmedien sind im Besitz von Leuten, die natürlich noch auf vielen anderen Gebieten Geld investiert haben. Die wollen keine Stimmung erzeugen, die dem Konsum noch abträglicher sein könnte. Und über die Nachrichtenagenturen kann man auch relativ gut steuern, welche Nachrichten in die Medien gelangen, die man nicht direkt kontrollieren kann. Auch der Staat will unbedingt vermeiden, daß die Bürger noch viel weniger konsumieren. Das bedeutet für den Staat nämlich sinkende Steuereinnahmen.
Übrigens sparen viele Deutsche auch sehr wohl schon bei Reisen. Sie machen nun häufiger Urlaub in Deutschland, und da werden sie sicher auch drauf achten, daß das nicht zu teuer wird.
Dann ist es ja in Deutschland auch so, daß allein schon die Sozialleistungen die Krise stark abpuffern. Dadurch bleibt zumindest der Konsum lebensnotwendiger Güter noch einigermaßen stabil. Obendrein pumpt der Staat nun Milliarden in die Wirtschaft.
Wenn die Krise nicht mehr lange anhält, dann geht das gut. Aber da sie sich global auswirkt, muß man befürchten, daß sie länger anhalten wird. Dann wird die Staatsverschuldung enorm ansteigen, und irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem der Staat nicht mehr handlungsfähig ist.
Es ist ja eben nicht so, daß heute die Krise ausbricht, morgen alle Firmen Insolvenz anmelden und übermorgen alle arbeitslos sind. Das wirkt sich viel langsamer aus, vor allem, wenn die Effekte durch staatliche Eingriffe abgepuffert werden. Das Problem besteht darin, daß viele Firmen in Krisenzeiten sparsamer sind. Da werden dann Verträge für Firmenhandies gekündigt, es werden weniger Prospekte gedruckt, man verzichtet auf teure Werbeplakate und schaltet stattdessen lieber Werbung im Internet, mit Reinigungsfirmen werden größere Reinigungs-Intervalle vereinbart, den Mitarbeitern werden Schulungen gestrichen, Dienstreisen werden nur noch genehmigt, wenn der Kunde sie bezahlt...
Das wirkt sich dann wiederum auf andere Firmen aus. Wenn es z.B. weniger Dienstreisen gibt, dann trifft das Hotels, Autovermieter, die Bahn und die Fluggesellschaften und auch Firmen, die sich um kleinere Geschäftsflieger kümmern. Die sparen dann ebenfalls, was sich dann wiederum auf andere Firmen auswirkt... Irgendwann fangen sie dann auch an, Personal abzubauen. Wenn so eine Abwärtsspirale erst einmal angestoßen ist, hält man die nicht so einfach auf. Denn wenn die Firmen erst einmal einen radikalen Sparkurs fahren, geben sie den auch so schnell nicht wieder auf. Selbst wenn die Geschäfte wieder besser laufen, merkt man, daß man ja durch die Sparmaßnahmen nun mehr Gewinn einfährt und man rechnet natürlich damit, daß sich die Situation vielleicht schnell wieder verschlechtert...
Bis vor kurzem war es auch so, daß die Märkte für Luxusgüter immer brummten. Porsche z.B. machte immer gute Gewinne - je mehr Arbeitslose es gab, umso mehr Autos verkauften sie. Die Finanzkrise hat nun aber erstmals auch dafür gesorgt, daß so mancher Reicher viel Geld verloren hat. Das trifft mittlerweile auch Firmen wie Porsche.
Und zur Arbeitslosigkeit: Dafür werden doch schon lange gar keine realistischen Zahlen mehr veröffentlicht! Die reale Erwerbslosenzahl in Deutschland liegt derzeit bei ca. 10 Millionen. Selbst wenn es eine Million mehr oder weniger ist: Es gab wohl nie zuvor so viele Erwerbslose in Deutschland.
Du solltest dich mal in Firmen in deiner Gegend umhören. Dann wirst du schnell merken, wie es wirklich aussieht. Da werden zur Zeit überall Überstunden verboten und vorhandene Überstunden abgebummelt, und es gibt immer mehr Kurzarbeiter. Von mittleren bis kleinen Firmen hört man oft, daß sie große Kunden wegen Insolvenz oder Sparaktionen verloren haben. Ich hab in meinem Umfeld noch nie soviel Negatives gehört wie zur Zeit. Ich wünschte wirklich, ich könnte dir recht geben, aber die Realität sieht leider derzeit ganz anders aus.
Freundliche Grüße
von Garfield
gesamter Thread:
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" -
Mirko,
09.02.2009, 00:02
- Nur in Deutschland oder weltweit ? In genau 30 Jahren oder schon früher ? ... - Swen, 09.02.2009, 00:27
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" -
Gasttt,
09.02.2009, 00:59
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" -
Darki,
09.02.2009, 09:51
- Das Pfeifen im Walde -
Pööhser Frauenfeind,
09.02.2009, 11:59
- Das Pfeifen im Walde - Gasttt, 09.02.2009, 12:41
- Das Pfeifen im Walde -
Darki,
09.02.2009, 17:18
- Das Pfeifen im Walde -
Pööhser Frauenfeind,
09.02.2009, 18:25
- Das Pfeifen im Walde - Chato, 09.02.2009, 20:30
- Das Pfeifen im Walde -
Garfield,
09.02.2009, 19:47
- Das Pfeifen im Walde -
Darki,
09.02.2009, 20:17
- Das Pfeifen im Walde -
Garfield,
10.02.2009, 16:55
- Das Pfeifen im Walde -
Darki,
10.02.2009, 21:54
- Das Pfeifen im Walde - Garfield, 12.02.2009, 16:06
- Das Pfeifen im Walde -
Darki,
10.02.2009, 21:54
- Das Pfeifen im Walde -
Garfield,
10.02.2009, 16:55
- Das Pfeifen im Walde -
Darki,
09.02.2009, 20:17
- Das Pfeifen im Walde - Pfuif, 10.02.2009, 16:10
- Das Pfeifen im Walde -
Pööhser Frauenfeind,
09.02.2009, 18:25
- Das Pfeifen im Walde -
Pööhser Frauenfeind,
09.02.2009, 11:59
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" -
Garfield,
09.02.2009, 15:57
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" - Gasttt, 09.02.2009, 16:35
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" -
Pööhser Frauenfeind,
09.02.2009, 16:41
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" -
Garfield,
09.02.2009, 18:50
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" - Lude, 09.02.2009, 21:06
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" -
Garfield,
09.02.2009, 18:50
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" - tervara, 09.02.2009, 18:02
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" -
Darki,
09.02.2009, 09:51
- OT: "In 30 Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben" - Nihilator, 09.02.2009, 02:39
- Und in sieben Jahren hat mein Körper alle seine Zellen ersetzt - Borat Sagdijev, 09.02.2009, 04:19