Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Dinge, die verschwinden

DschinDschin, Monday, 15.10.2007, 00:58 (vor 6641 Tagen) @ Chato

Das ist alles nur Folge des Fortschritts unserer Freiheit, Dschindschin.
Die ständige Zunahme der Freiheit steigert unsere Unabhängigkeit
voneinander immer weiter, so daß wir einander immer weniger benötigen.
Wenn wir erst einmal ganz frei sein werden - viel daran fehlt nicht
mehr! - dann werden wir einander überhaupt nicht mehr brauchen. Dann
gibt es alles für jeden zu gleichen Preisen. Der
perfekte "Homeservice" sozusagen: Es existiert nichts weiter als das Ich,
seine Bedürfnisse und deren Befriedigung - und sonst überhaupt nichts
mehr. Warum? Weil jedes und jeder andere die persönliche Freiheit
einschränken würde.

Das Bedürfnis, mehr haben zu wollen, als seine Bedürfnisse, und inneren
Frieden darin zu finden, daß es Größeres gibt, als der eigenen Bedürfnisse
Befriedigung, wird folgerichtig als Bedrohung der allgemeinen Freiheit
aufgefaßt werden und logischerweise verboten (dies ist die
seelische Triebkraft des heutigen Totalitarismus!). Wer dann etwa noch so
etwas zu schreiben wagte, wie Jenny Erpenbeck heute in der ehemaligen
F.A.Z., gälte mit derselben Gewißheit als Freiheitsbedrohung aus dem
Gestern, wie heute als Nationalsozialistin zu gelten hat, wer "Autobahn"
sagt. Man darf dann überhaupt nur noch solche Dinge sagen und tun, die
"frei sind", und all die anderen, unfreien Dinge werden strengstens
verboten sein. Es geht alles ganz logisch in diese Richtung, was wir
gegenwärtig so an Einschlägigem sehen, und wo es stumpfsinnig / apathisch
hingenommen wird, geschieht dies keineswegs aus Machtlosigkeit, sondern
aus instinktiver Feigheit vor den Konsequenzen für die eigene
"individuelle Freiheit"!

Es ist dies alles schließlich nichts, was von außen über uns käme, indem
etwa ein böser Diktator Gesetze erließe, in denen jenes eine verboten und
jenes andere vorgeschrieben wäre. Weit gefehlt! Es handelt sich
wirklich um Freiheit und um perfekte Demokratie
("Volksherrschaft"), denn die Menschen werden ja tatsächlich frei von all
dem, was sie mehrheitlich nicht wollen. Ergo: Es ist echte Freiheit
in einer echten Demokratie, in der wirklich das Volk die
Ordnung schafft! Und sonst niemand mehr!

Ich habe hier schon des öfteren dargelegt, warum die egoistische "Freiheit
von allem", wenn ihr erst einmal grundsätzlich zugestimmt worden
ist, notwendigerweise zur "Freiheit zu nichts" wird, die dann genau
so aussieht, wie oben beschrieben. Aber dieser Gedanke allein ist natürlich
als solcher vergeblich, sobald das Wissen im Egoismus versunken ist,
FÜR was man denn eigentlich frei sein könnte, ja "sollte"?

Was sollen Leute, die nichts mehr können müssen (und wollen!), mit der
Tatsache anfangen, daß Freiheit natürlich darin besteht, etwas zu können
und die Befreiung vom Könnenmüssen deshalb Unfreiheit, ja letzte, tiefste
Sklaverei bedeutet? Etwas können (und tun) ist sehr anstrengend.
Man kann nicht einfach aufhören, wenn man keine Lust mehr hat, denn es
gibt dann allerlei einengende Pflichten und Verantwortungen, derer man
nicht mehr ledig wird. Und es gibt all die anderen Menschen, die einem
durch ihr schieres Dasein Grenzen setzen...

Wahre menschliche Freiheit kann logischerweise nur eine solche
sein, die ihre Grenzen hat und diese annimmt, ja, sich diesen ihren
Grenzen nachgerade unterwirft - und nur dadurch den Binnenraum
dieser Grenzen zur freien Gestaltung gewinnt! Dafür müßte man freilich den
kennen, der diese Grenzen gesetzt hat und ihm vertrauen. Also glauben. Wer
das nicht möchte, der kriegt zwangsläufig die Befreiung von allem -
darunter auch die Befreiung von der menschlichen Freiheit.

Ach ja - und natürlich auch vom eigenen Verstand. Gottlosigkeit ist das
innere Tor zum Kollektivismus.

Nick

Hallo Nick, alter Philosoph,

schön geschrieben. Mene, mene tekel ....

Ibn Khaldun

Alles was einen Anfang hat, hat auch ein Ende.

Dschin

--
Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.


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