Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Justizminister: Junge Männer zu Mitleid

Frau*****, Wednesday, 01.05.2002, 16:46 (vor 8622 Tagen) @ eineMama

Als Antwort auf: Re: Justizminister: Junge Männer zu Mitleid statt zu Coolness erziehen von eineMama am 30. April 2002 21:15:10:

guten morgen und einen sonnigen tag,
gedenken wir der brüder und schwestern, die heute in eintracht hand in hand demonstrieren, während wir nach durchzechter nacht faul am diwan liegen und pralinen mümmeln.

eine Mama:..einem sagen wir, hochnäsigen Grinsen belächelst und es mit ausschmückenden Worten bedenkst.

Frau*****: ein hochnäsiges grinsen scheint mir im moment nicht zu gelingen; zwar versuche ich es, aber mit meinen wirren haaren wirkt es eher lustig. na, vielleicht klappt es heute noch und ich werde die ganze palette aus dem gedicht von Hans Magnus Enzensberger:*Einführung in die Handelskorrespondenz* mal ausprobieren. und das geht so: **Mit freundlichen Grüßen, Mit grämlichem Hüsteln, Mit christlichem Frösteln, Mit fiesen Grimassen, Mit geilen Finessen, Mit feistem Gewinsel, Mit schwülem Gefasel, Mit schweißigen Nüstern, Mit heiserem Schmatzen, Mit schleimigen Kitzeln, Mit lüsternen Fratzen, Mit feilischen Küssen, Mit schäumenden Fisteln, Mit freudigem Geifern, Mit schleußlichen Fotzen, Mit fröhlichen Knirschen, Mit kreischenden Flüchen, Mit freundlichen Grüßen**

bleiben wir aber bei freundlichen grüßen, denn manche texte machen mich hier eher betroffen, nicht weil sie die *realität* widerspiegeln, sondern weil sie so als *realität* gefühlt werden.

eine Mama:Theorie ist was schöne, in ihr kann man die Dinge so sehen wie man sie gerne hätte, kann Probleme auf die einfachste Art und Weise lösen- die Realität sieht anders aus.

Frau*****: wenn du theorie als ein *wolken-kuckucks-heim* betrachtest, hast du sicher recht, aber theorie, wie ich sie vestehe, arbeitet auf der basis empirisch gesicherter erkenntnise, kausaler und funktionaler beziehungen, regelförmigkeiten und gesetzmäßigkeiten..., und von daher schwirrt sie nicht in den wolken.
aber ich meine auch, daß der hinweis mit der theorie, der satz *grau ist alle theorie* eher eine resignative haltung ausdrückt und nicht die möglichkeit der veränderung.

eine Mama:In der Realität sind auch heute noch Jungen die weinen oder Schwächen zeigen, Heulsusen, Knatschtanten, Muttersöhnchen. Wenn auch nicht für die eigenen Eltern, aber dennoch in den Augen der Mitschüler usw. Woher sollen die die Kraft nehmen gegen den Strom zu schwimmen?
Richtiger wäre wohl: ich kann keine Schwäche mehr zeigen, weil....

Frau:*****: du beschreibst einen realen vorgang, der aber nicht in allen schichten so praktiziert wird. unsere gesellschaft ist nicht so homogen und starr. da sind auch eltern da, die ihren jungs all die *schwächen* gestatten, die sie haben.
nur, und da möchte ich einfädeln, haben wir auch die möglichkeit, diese *reduzierten persönlichkeiten*, egal ob mann oder frau, ein stück weit zu verändern. ich habe gestern von einem paradigmenwechsel geschrieben, nicht die individualisierte konkurrenz- und leistungsgesellschaft löst die probleme, sondern eine soziale gesellschaft, der es gelingt, die loser zu integrieren.
aber was nützt uns das jetzt, was nützt es dem Kind, daß nicht weinen soll, weil *indianer-keinen-schmerz-kennen*, oder dem vater/mutter, die angst haben, ihr weinender, sensibler junge könnte in dieser konkurrenzgesellschaft nicht mehr bestehen? es nützt auch jetzt schon, denn diese erwachsenen können sich mit ihrer verstrickung in diese mechanismen auseinander setzen, ihre ängste auch formulieren und aus der gesamten fülle von möglichkeiten ein anderes modell entgegensetzen.
es ist ein modell einer *helfenden, teilnehmenden gemeinschaft*. seit erfurt werden wieder fragen aufgeworfen und wieder nur rezepte angeboten, die das problem an die eltern zurückgeben. aber wie kann es angehen, daß der junge mann für einen lächerlichen fehler (fälschung von attesten) gnadenlos verwiesen wurde und kein soziales netz hat ihn bei diesem fall-ins-loch betreut?
eine individualisierte konkurrezgesellschaft frisst ihre kinder, ihre männer, ihre frauen. deswegen dieser paradigmenwechsel. und da können erwachsene schon jetzt viel tun. nämlich erstmal eine komplexere sicht in gesellschaftliche wirkungszusammenhänge und nicht das *verzetteln in mann/frau gegensätze*, die nichts lösen und nur frustrationen bringen, weil die eigentlichen probleme einer individualisierten gesellschaft weiter bestehen.

eine Mama:Dann sollte man davon ausgehen das man dir beigebracht hat die Dinge für dich positiv zu sehen. Wie hätte ein Mensch an deiner Stelle reagiert dem das nicht beigebracht wurde?

Frau*****: nein, sie wurden mir nicht beigebrcht. es sind erfahrungen, reklektionen. was ich noch zu diesem konflikt mit meinen vorgesetzen anmerken will (ein mann); es war für mich kein konflikt zwischen mann/frau, es war ein konflikt zwischen einen armen teufel (der meinte, er müßte so seine rolle spielen) und mir, die dieses spielen nicht mehr will.

eine Mama:Solidarität wird aber gerade sehr, sehr klein geschrieben in der Gesellschaft....bist du solidarisch mit jedem? Und an wem bleibt die 'Durchsetzung' dieses neuen Denkens hängen? An den Eltern, die ihre Kinder anders erziehen sollen. Die vielleicht schon selber keine Schwächen mehr zeigen können/dürfen/sollen.

Frau*****: ich glaube, du hast einfach zuviel angst. dieses *neue denken*, ist nicht wirklich neu. gesellschaften sind auf diesem denken aufgebaut (mal mehr gelungen, mal weniger) nur haben wir etwas, was sehr sich sehr stark von-einander-wegbewegt: *individuum* und *gemeinschaft*. und keiner fühlt sich dabei wohl.
das schlechteste wäre es, die eltern damit alleinezulassen, denn dann ividualisiere ich ein strukturelles problem. auch meine ich, können menschen ruhig stolz auf mehrere facetten ihrer persönlichkeit sein (schwächen, stärken, schwächen), denn es macht sie erst zu menschen.

einen schönen maientag noch und cih hoffe, du bist mir nicht böse wegen meiner *kleinen polemik* am anfang, aber es hat mich gejuckt, darauf einzugehen. :-)
gruß


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