Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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@Garfield - Re: @Ekki, Manpower contra Frauenpower

Ekki, Tuesday, 22.11.2005, 21:26 (vor 7319 Tagen) @ Garfield

Als Antwort auf: @Ekki, Manpower contra Frauenpower von Garfield am 21. November 2005 10:47:39:

Hallo Garfield!

Hallo Ekki!
"Ester Vilar hatte m.E. unbedingt Recht, als sie schrieb (ich zitiere sinngemäß):

"Das Christentum wurde erst von dem Zeitpunkt an zu einer Macht, als es das Weibliche in Gestalt der Jungfrau Maria für anbetungswürdig erklärt hatte. ... Und heute ist die Macht der katholischen Kirche nur noch da intakt, wo der Marienkult intakt ist."[/i]"

Ich kenne mich in diesen Ländern nicht so gut aus, aber nach dem, was ich über solche erz-katholischen Ländern gehört, gelesen und gesehen habe, ist es wohl so, daß die Normen in den Familien dort noch viel stärker von den Frauen bestimmt werden als hierzulande. Auch verhalten sich die Männer in diesen Ländern Frauen gegenüber oft höflicher und zuvorkommender, jedenfalls habe ich das schon häufig von deutschen Frauen gehört, die in solchen Ländern Urlaub gemacht haben. Kann es sein, daß sich der Marienkult nur deshalb in diesen Ländern so fest etablieren konnte, weil er zu der dort allgemein stärker ausgeprägten Frauenverehrung paßt?
Und kann es sein, daß die katholische Religion sich dort vor allem deshalb eisern hält, weil viele Frauen eher konservativ eingestellt sind und so eben auch dafür sorgen, daß möglichst alle Familienmitglieder katholisch bleiben?

Sämtliche von Dir o.g. Faktoren sprechen aus meiner Sicht gegen eine solche Haltung. Illusionistischer Kitsch sollte das Leben auf gar keinen Fall prägen!

Und wenn man davon ausgeht, daß oft die Frau den stärkeren Kinderwunsch hat - kann es nicht sein, daß sowohl die höhere Geburtenrate als auch der Marienkult und auch das Festhalten am katholischen Glauben vor allem darauf zurückzuführen sind, daß in diesen Ländern die Regeln des Zusammenlebens eben noch stärker von den Frauen bestimmt werden?

Noch ein Grund, dagegen zu sein! Gegenseitigkeit - echte, nicht durch Betrug erzwungene! - ist nirgends so nötig wie bei der Entscheidung über Nachwuchs.

"Was ersichtlich auf Polen zutrifft. Hast Du in diesem Zusammenhang meine Polen-Postings gelesen (z.B. "Wie aus Jungen Muttersöhnchen werden?")"
Nein, leider nicht. Ich hatte in den letzten Wochen leider nicht viel Zeit für das Forum.

Dann lies doch mal hier:

index.php?id=62519

Deine Meinung würde mich echt interessieren, denn Du argumentierst immer sehr besonnen.

"Denn wie wäre es sonst zu erklären, daß (a) unter den Kinderlosen viele Menschen sind, die sich auch heute noch Kinder finanziell durchaus leisten könnten - vorausgesetzt, sie sind bereit, sowohl sich selbst als auch den Kindern erträgliche materielle Einschränkungen zuzumuten?"
Was verstehst du unter "erträglichen materiellen Einschränkungen"? Sich keinen Porsche mehr leisten zu können? Sicher - von der Sorte gibt es auch noch einige, aber die werden doch immer seltener.

Bevor Du meinst, ich würde pauschal verdächtigen:

Mir ist durchaus klar, daß sich die Situation in den verschiedenen Familien eben verschieden darstellt - und schon gar nicht wollte ich Dir persönlich etwas unterstellen.

Aber:

Wenn ich mir aus meinem polnischen Blickwinkel angucke, was viele Deutsche - und beileibe nicht nur auf dem Gebiet der Familiengründung! - für "unzumutbar" halten, dann läßt mich das zu einer anderen Gewichtung gelangen als derjenigen, die Du in dem obigen Absatz vorgenommen hast.

"(b) auch heute noch und auch in unseren Breiten die Feststellung richtig ist, daß die Zahl der Kinder in der Regel reziprok proportional ist zu Einkommen und/oder Bildungsstandard? (c) sehr viele sehr arme Länder eine überdurchschnittlich hohe Geburtenrate aufweisen?
"
Das hat verschiedene Gründe. Es gibt Menschen, die eben nicht gern nachdenken. Entweder weil sie es nicht gut können, oder weil sie zu träge dazu sind. Das hat üblicherweise zwei Auswirkungen: 1. Ist deren Bildungsstand üblicherweise eher niedrig und 2. denken sie eben auch über Kinder kaum nach und setzen so teilweise ungehemmt ein Kind nach dem anderen in die Welt, ohne darüber nachzudenken, ob sie diese Kinder überhaupt ernähren können.
In ärmeren Ländern ist es dagegen häufig so, daß Kinder dort schon früh zum Familieneinkommen beitragen. Das bringt auch die Eltern, die keineswegs gedankenlos sind, dazu, viele Kinder in die Welt zu setzen. Das ist dort nämlich oft die einzige Altersvorsorge, die man sich leisten kann.
Wenn beispielsweise ein junger Mensch von den Philippinen irgendwo im Ausland einen Job findet, dann wird ein nicht geringer Teil des Geldes nach Hause geschickt, um Eltern und Geschwister zu unterstützen. Die Familie hat in solchen Ländern einen viel höheren Stellenwert als hierzulande. Jungen Menschen aus Deutschland, die im Ausland arbeiten, wird es kaum einfallen, Geld an Eltern und Geschwister zu schicken. Sicher - manche tun es, wenn sich nahe Angehörige in finanziellen Notlagen befinden, aber es gilt nicht als selbstverständlich.
"Es dürfte wohl auch unter den Familienmenschen nur wenige geben, die es für erstrebenswert hielten, um einer höheren Geburtenrate willen das Bildungsniveau drastisch zu senken und das Verbot der Kinderarbeit möglichst weitgehend aufzuweichen."
Ja, aber das limitiert eben die Kinderzahl in Deutschland. Deshalb entscheiden sich ja auch Menschen mit Kinderwunsch häufig nur für 1-2 Kinder.

Ich möchte hier klar feststellen, daß ich die o.g. Faktoren - umfassende Schulbildung und Verbot der Kinderarbeit - für essentiell halte, ja, ich setze noch einen drauf: Lieber, tausendmal lieber eine Gesellschaft mit hohem Altersdurchschnitt und rigidem Verbot der Kinderarbeit, als eine Gesellschaft, in der es sich umgekehrt verhält.

Vor einigen Monaten war im SPIEGEL nachzulesen, daß Gesellschaften mit überdurchschnittlich hoher Geburtenrate immer auch von einer überdurchschnittlich hohen Aggression nach innen und nach außen gekennzeichnet sind, und dies deshalb, weil (a) der "biologische Überschuß an jugendlichem Übermut" zu entsprechenden Verhaltensmustern bei der jungen Mehrheit führt, die durch die Besonnenheit der Älteren kaum eingedämmt werden können, und (b)es wohl eine Gesetzmäßigkeit ist, daß Gesellschaften mit überdurchschnittlicher Geburtenrate eben nicht in der Lage sind, allen oder auch nur der Mehrheit der jungen Leute eine berufliche Perspektive zu bieten, die sie vor dem Teufelskreis Frust-Gewaltbereitschaft-noch mehr Frust-noch mehr Gewaltbereitschaft bewahrt. Wo holt bin Laden seine Anhänger her? Welche Entwicklungen gingen während der Weimarer Republik der "Mutterkreuz-Politik" des "Dritten Reiches" voraus - und welche Entwicklungen zog sie nach sich?

"Wessen Einkommen ausreicht, um sich Verhütungsmittel zu leisten, der könnte doch auch die Überlegung anstellen, ob nicht auch Kinder finanziell tragbar wären. Tut er dies nicht, so muß es hierfür ganz andere Gründe geben."
Die Kosten für Verhütungsmittel sind aber deutlich niedriger als die zu erwartenden finanziellen Verluste bei Ausfall eines Gehaltes!
"Und Letzteres könnte ja dazu führen, daß man die Kinder buchstäblich nicht mehr ernähren und kleiden kann!"
Ja, aber dafür gibt es wenigstens noch Unterstützung von der Gesellschaft, z.B. Kinderfreibeträge, Kindergeld, staatliche Zuschüsse für das Bildungswesen usw. Ein mehrfacher Vater erzählte mir sogar, daß man ab ca. 4 Kindern finanziell durch diese Unterstützung und das dann höhere Kindergeld sogar Plus macht. Aber dann braucht man eben auch eine größere Wohnung...

Mit dem letzten Absatz führst Du aus meiner Sicht den vorletzten - und beträchtliche Teile Deiner Argumentation überhaupt - ad absurdum.

Wenn meine Frau und ich jetzt beispielsweise ein Kind hätten, dann müßte entweder einer zu Hause beim Kind bleiben oder aber wir müßten die Kinderbetreuung organisieren. Theoretisch könnte die Großmutter meiner Frau auf das Kind aufpassen. Praktisch ist sie aber körperlich nicht mehr so fit, und so würde sie das wohl nicht mehr lange tun können. Die Mutter meiner Frau dagegen ist auf Vollzeit berufstätig und meine Eltern wohnen 650 km entfernt. Die Kinderbetreuung würde uns also auch Geld kosten. Wie man es auch dreht und wendet - die finanziellen Einbußen wären so groß, daß wir den Kredit für unser Haus dann nicht weiter abzahlen könnten. Und so viele Kinder, daß wir dabei finanziell Plus machen würden, könnten wir in unserem Haus gar nicht unterbringen, weil es dafür zu klein wäre.
Wenn wir aber das Haus verkaufen müßten, dann würde das für uns de facto Privatinsolvenz bedeuten. Wenn man ein Haus schnell verkaufen muß, dann wird man es meist nur deutlich unter Wert los. Und mit dem Erlös kann man dann natürlich nicht den Kredit auf einmal abzahlen. Nein, man kann ihn nur zum Teil abzahlen, hat dann weiterhin Schulden und muß obendrein auch noch Miete für eine Wohnung aufbringen. Das ist dann nicht mehr bezahlbar. Das bedeutet, daß man dann sieben Jahre auf Sozialhilfeniveau leben muß, bis der Schuldenberg für nichtig erklärt werden kann. Und dann kriegt man wohl kaum noch einen neuen Kredit, jedenfalls nicht mit günstigen Zinsen. Obendrein sinkt ja die Chance, seinen Job zu behalten bzw. nach Verlust des Jobs einen neuen zu finden, auch immer weiter. Das bedeutet für uns, daß wir nur jetzt, wo wir beide Arbeit haben, einen Kredit abzahlen können. Daß wir später noch die Chance dafür haben, ist also eher gering.
In vielen armen Ländern ist das eben nicht so. Da sind die Kosten für den Hausbau deutlich niedriger, allein schon, weil es da nicht für alles teure Vorschriften gibt. Selbst in den USA kann man auch in einem Wohnwagen billig mietfrei wohnen. Versuch das mal in Deutschland...[/b]

Ehrlich gesagt, es ist schon ein bißchen spät, ich müßte zu einem anderen Zeitpunkt, wenn ich geistig noch frischer bin, über den letzten Absatz nachdenken. Einen Schnellschuß will ich jedenfalls nicht liefern.

Es macht immer wieder Spaß, sich mit Dir auszutauschen!

Gut's Nächtle wünscht

Ekki


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