Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Sagt mir nix gegen den 'Märchenprinzen'

Beelzebub, Friday, 20.05.2005, 22:38 (vor 7510 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Re: Wer kennt das Buch... von Arne Hoffmann am 20. Mai 2005 07:30:26:

Sagt mir nix gegen den "Märchenprinzen". Ein sehr unterhaltsames Buch aus der Zeit, als die frauenbewegten Frauen tatsächlich noch die berühmten lila Latzhosen trugen. Auch die Autorin und 'Ich-Erzählerin' outet sich verschiedentlich als Latzhosenträgerin.

Und dann die Sprache. Es ist schon eine reife Leistung, besonders für eine Germanistikstudentin, ein Buch derartig mit Stilblüten und Grammatikfehlern zu spicken. Es finden sich dort Sätze wie "1975. die Frauenbewegung beginnt, sich zu bewegen." Das hätte Fred Feuerstein - 'Mir ist ein Einfall eingefallen' - auch nicht schöner hingekriegt. Oder auch "Meine Hände sind betrunken von seiner Haut." Wie man -Verzeihung: frau – seine Hände wohl sonst noch betrunken macht? In Alkohol baden?
Und auf weniger als einer Seite gleich neun falsche Konjunktive unterzubringen, das macht dieser Frauenromanschreiberin so leicht keiner nach.

Ich hab die Schwarte erst neulich wieder zusammen mit einer Freundin gelesen und wir haben uns schiefgelacht. Unfassbar, das es Leute gab, die diesen drittklassigen Liebeskitschroman mit feministischem Anspruch ernst genommen haben (und womöglich heute noch nehmen).

Abschließend, für die, die die Zeiten nicht miterlebt haben, als dieses Buch nebst Gegenbuch, noch für heftige Diskussionen in WG’s und Szenekneipen sorgte, eine kleine Leseprobe:

Frau schreibt:

Im Park setzen wir uns auf eine Wiese. Ich lege mich hin. Er sitzt neben mir. Ruft dauernd irgendwelche Köter, die im Park rumlaufen, freudig angetobt kommen und über mich rüberspringen, um zu ihm zu kommen. Ich bin sauer. Ich will keine fremden Hunde über mir rumspringen haben. [Doch, doch, dieser Satz steht wörtlich so da!] Schreie das arme Vieh an, das gar nichts dafür kann, verdutzt in die Gegend starrt und gar nichts mehr versteht. Wieso es erst gerufen und dann angeschnauzt wird, es solle abhauen. Endlich hat er begriffen, daß ich keine Hunde abkann und hört auf mit dem Scheiß.

Mann schreibt:

Im Park setzen wir uns auf eine Wiese. Sie legt sich hin. Ich sitze neben ihr. Laufen viele Hunde rum, ich spiele ein bißchen mit denen. Einer springt über sie rüber. Sie schreit auf. Nein, sie schreit nicht – sie kreischt. Noch nie habe ich einen Menschen so kreischen gehört. Irrsinnig laut und wahnsinnig hoch. Die Hunde flüchten. Im Umkreis von 500 Metern müssen alle Glühbirnen zersprungen sein. Ein Kreischen – unbegreiflich. „Wenn es schlimmer wird, ruf’ ich den Notarzt“, sage ich. Sie guckt ganz verständnislos. „Wieso?“ fragt sie. Offenbar weiß sie nicht, wie laut sie gekreischt hat. Wie laut und schrill wird sie erst kreischen, wenn wirklich ein Grund vorliegt? (...) Unvorstellbar, wenn die mal so in geschlossenen Räumen kreischt.

@ Arne

Dass es ein Kultbuch der Frauenbewegung war, kann man so nicht sagen. Es hat, worüber so mancher sich damals diebisch gefreut hat, die Frauenbewegung eher in zwei feindliche Lager gespalten.

Die einen waren begeistert von der "Ehrlichkeit" und "Authentizität" der Schreiberin – darunter übrigens etliche Männer der 'Mösenkriecherfraktion'. Ich erinnere mich da an eine Rezension, die hätte von 'Hannibal' stammen können.

Die anderen, darunter übrigens auch die "Emma", waren von dem Machwerk entsetzt und haben es wesentlich wütender verrissen, als der übelwollendste männliche Literaturkritiker.

DaPis & DiMsaas

Beelzebub


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