Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Da schließt sich der Kreis wieder

Arne Hoffmann, Monday, 24.02.2003, 16:21 (vor 7752 Tagen) @ Markus

Als Antwort auf: Armer Kleingeist von Markus am 23. Februar 2003 23:33:05:

Hi Markus,

Was resultiert aus deiner gekränkten Eitelkeit? Bleibt es bei der Verkündung von vermeintlichem Wissen? Kommen dann noch Beschimpfungen dazu? Telefonterror? Körperliche Gewalt? In jedem Fall haben Jolanda und ich einen Service gegründet, der Menschen (überwiegend sind Frauen unsere Kunden) vor aggressiven Leuten beim Blinddate schützt.

Hier schließt sich der Kreis wieder zu Stefans Eingangsposting in diesem Thread. Erstaunlicherweise werden bei den sogenannten "Neuen Frauen" diejenigen Männer, die sich aktiv gegen körperliche und sexuelle Gewalt einsetzen und so am ehesten den Forderungen nach dem Neuen Mann entsprechen, rausgeworfen - während gleichzeitig ausgerechnet der Mann, der das reaktionärste und problematischste Männlichkeitsbild verkörpert, von ihnen hofiert wird.

Auch wenn du hier zeigst, welche Waffen du nutzt, hoffe ich doch, dass du reale Abfuhren besser kompensierst als du das hier demonstrierst. Ansonsten wärst du unter Umständen einer der potenziellen Aggressoren, die leider unsere Arbeit erst notwenig machen. Weißt du, wer Geld und Erfolg hat, braucht sich nach außen hin nicht so zu produzieren, wie du es auf den Foren tust.

Prinzipiell Zustimmung, wobei ich Mischa aber eher als Opfer denn als Täter sehe, auch wenn er das selber natürlich weit von sich weisen würde. Mischa gehört genau zu jenen Männern, die in den Texten der neueren Männerforschung am intensivsten thematisiert werden. So wie ich das sehe, hat er ein Problem mit seiner Männlichkeit und ist deshalb heftig am überkompensieren. Odin hat ja auch schon geschrieben, dass Mischa ihn in dieser Hinsicht an einen 15jährigen Halbstarken erinnert. Man sieht das in Mischas Bestreben, mit allen möglichen Männern seine Kräfte messen zu wollen und bei Frauen als der tolle Hecht dazustehen, dem seine Geschlechtsgenossen nicht das Wasser reichen können. Das genau ist der Grund, warum die Leute in diesem Forum ihn so verunsichern, dass er darauf nur noch mit Wut und Aggression reagieren kann. Wir erinnern ihn an seine Ängste (zum Beispiel bei einem möglichen Zerbrechen seiner Partnerschaft ohne Familie und mit deutlich verringertem Einkommen dazustehen), und das versucht er gerne, als Gejammer beiseitezuschieben.

Mir fällt auf, wie sehr Mischa bestrebt ist, traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit zu erfüllen. Ein richtiger Mann ist einer, der seine Ellbogen einsetzen kann, der ein Wahnsinnshengst bei den Frauen ist, der finanziellen Erfolg hat und seine Familie ernähren kann. Gleichzeitig wird klar, dass dieser Rollenzwang Mischa stark unter Druck setzt: Seine aggressiven Ausbrüche weisen auf Frustrationen statt zufriedenes In-sich-Ruhen hin, er stöhnt über seine 60-Stunden-Woche und reagiert vor allem auf Männer wie Ferdi und mich allergisch, die anders als er den Mut haben, sich diesen gesellschaftlichen Zwängen schlicht zu entziehen - und das auch noch mit scheinbar selbstverständlicher Leichtigkeit. Das könnte Mischa zwar auch, aber ohne sein Einkommen etc. hätte er offenbar keine Gelegenheit mehr zu überprüfen, ob er als Mann wirklich etwas wert ist. Stattdessen betont er lieber verdächtig oft, wie gut es ihm doch eigentlich geht (woher dann aber diese ständige Aggression und der Druck, sich beweisen zu müssen?) und schiebt alles, was ihn an die Gefahr eines "Scheiterns" erinnern könnte, weit von sich. Geprügelte Männer, bei der Scheidung abgezockte Väter undsoweiter: Das qualifiziert er als "Gejammere" und "Versagen" einfach ab. Er KANN sich gar nicht einfühlsam damit auseinandersetzen, weil dann seine eigenen Ängste zu stark hochkommen würden.

Als potentiellen Aggressor sehe ich Mischa nicht. Ich denke, er nutzt eher das Internet, weil er hier in die Rollen seiner Lieblingsphantasien schlüpfen kann: Porschefahrer, Pilot, Sherlock Holmes, schlagkräftiger Faustkämpfer, beinahe Multimillionär, demnächst vermutlich Batman ... :-)
Hier wo für ihn keine Gefahr besteht, wirklich auf den Prüfstand gestellt zu werden, kann er sich ausleben. Das sollte ihn auch davor schützen, im wahren Leben als Gewalttäter aufzutreten.

Meiner Ansicht nach müsste Mischas Papa ihn einfach mal in den Arm nehmen, ihm auf die Schulter klopfen und ihm sagen, dass er seinen Sohnemann für einen richtigen Kerl hält und stolz auf ihn ist. Vermutlich würde für Mischa dann endlich ein großer Teil des Druckes wegfallen und er könnte ein Selbstbewusstsein und eine Persönlichkeit entwickeln, die nicht davon abhängig sind, wie gut er äußere Rollen-Erwartungen erfüllt. Und dann würde er vielleicht auch endlich den Respekt und die Anerkennung bekommen, nach der er die ganze Zeit sucht.

Herzlicher Gruß

Arne


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