Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Die neue Frau: Wo ist sie?

Arne Hoffmann, Sunday, 23.02.2003, 15:50 (vor 7753 Tagen) @ Stefan G.

Als Antwort auf: Die neue Frau: Wo ist sie? von Stefan G. am 23. Februar 2003 09:20:06:

Hi Stefan,

deine Frage läd mich zu einer längeren Antwort ein. :-)

Ich stimme dir vom Grundsätzlichen her zu - insbesondere wenn du schreibst, du könntest das ständige feministische Gejammere nicht mehr hören. Eine kluge Freundin von mir hat mal geschrieben, diese Frauen wirkten auf sie wie verwöhnte Kinder, die vor einem Haufen mit 20 Spielzeugen hockten, während die Männer nur ein kaputtes Spielzeug besäßen, und das wollten diese Frauen in ihrem Trotz auch noch. Ich fand das einen sehr treffenden Vergleich. :-)

Andererseits gebe ich zu bedenken, dass auch leicht eine schiefe Wahrnehmung entstehen kann, wenn man glaubt, es gäbe die "neuen Frauen" überhaupt nicht. Dieser Eindruck entsteht meines Erachtens dadurch, dass die Jammer-Frauen, eben weil sie ständig am Nörgeln und Nölen sind, überstark wahrgenommen werden und die vernünftigeren, gemäßigteren, auf Ausgleich bedachten Stimmen untergehen, weil sie nicht so einen Radau schlagen.

Vor ein paar Wochen haben wir in einem Filmwissenschaftsseminar den Film "The Story of I" von Jo Ann Kaplan gesehen, einer feministischen Filmemacherin (übrigens "trotzdem" ein sehr guter Film). Unser Dozent fragte in die Runde, wer von den Anwesenden, darunter ca. 20 Frauen, sich denn als Feministin bezeichnen würde. Bemerkenswerterweise hob sich keine einzige Hand. Er fand das sonderbar und fragte nach, woran das denn läge. Grob zusammengefasst wurden ihm drei Gründe genannt:

1.) Feministinnen haftet kurioserweise heute noch der Ruch an, sie seien so hässlich, dass sie noch keinen Mann abgekriegt hätten, und sie seien deshalb ständig so mies drauf. Lila Latzhosen und so. Natürlich ist das Stammtisch-Gesülze, aber dieses Klischee scheint sich in gewisser Hinsicht durchgesetzt zu haben.
(Interessanterweise versucht eine bestimmte Fraktion heute, denselben Unsinn gegen Männerrechtler anzuwenden. Da fallen Sprüche wie "Maskus verhüten mit ihrem Gesicht" und wer sich für geprügelte Männer und sexuell missbrauchte Jungen einsetzt, tut das natürlich nur, weil er bei Frauen nicht landen kann. Wenn frau keine Argmente mehr hat, muss sie sich halt sowas einfallen lassen. Das ist dann sozusagen der "feministische Stammtisch".)

2.) Der zweite Grund, warum Studentinnen heute Feministinnen ablehnen, liegt ihrer Aussage nach darin begründet, dass sie ihnen viel zu aggressiv und feindselig erscheinen. Das braucht man wohl nicht weiter zu kommentieren.

3.) Und schließlich sahen die Studentinnen heute keine Problemsituation mehr vorliegen, in der Frauen gegenüber Männern ernsthaft benachteiligt seien. Sie wussten nicht, was die Feministinnen heute noch eigentlich wollten, und die von Feministinnen geschilderten "Benachteiligungen" erschienen ihnen sehr gesucht.

Insofern glaube ich, dass vielleicht sogar die Mehrheit der Frauen von heute nicht ständig am "Herumheulen über irgendwelche erfundenen Benachteiligungen durch böse Männer" ist. Ich bin z. B. öfter mal in einem Webforum außerhalb von Parsimony, das sehr gemischte Themen behandelt, unter anderem halt auch immer wieder mal Männer-Frauen-Konflikte. Dort herrscht unter den Frauen ein ganz anderer Tonfall als hier in den Foren: viel lockerer, gelassener, (selbst)-ironischer, zugleich selbstbewusster, ohne aggressiv oder wehleidig zu sein. Die Frauen dort sind auch in der Lage, eigene Fehler zu erkennen, und einige von ihnen haben durchaus ein Bewusstsein dafür, dass Männer mittlerweile ebenfalls auf manchen Gebieten um ihre Rechte zu kämpfen haben. Solche Frauen findest du aber im Alltag - und eher nicht in feministischen Foren oder in den Medien. Auch die Frauen, mit denen ich privat zu tun habe, sind alles andere als hasserfüllte Jammerlappinnen. Einige von ihnen haben sogar mit großem Vergnügen mein Buch gelesen. :-)

Unter "normalen", also nicht-ideologisierten Frauen findest du zwar auch Männerfeindlichkeit, die durch feministische Parolen oder durch die Medien ja auch geschürt wird. Allerdings ist das meiner Erfahrung nach eher in der jüngeren Altersgruppe der Fall, also bei den Um-die-20-Jährigen. Das ist ja auch laut den den Erhebungen der "Emma" ihre größte Leserinnengruppe, und wenn Alex hier von seinen Schulkameradinnen berichtet, dann lassen die sich offenbar ebenfalls leicht von seiner Englischlehrerin aufhetzen. Das liegt aber darin, dass in dieser Altersgruppe einiges zusammenkommt: das Finden der eigenen Geschlechtsidentität ist noch nicht abgeschlossen, weshalb frau sich besonders vom Mann abheben möchte ("Jungs sind doof!"); die Jungen sind in diesem Alter manchmal ebenfalls merkwürdig drauf; die Mädels haben noch vergleichsweise wenige reale Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht und übernehmen so um so bereitwilliger Medienklischees. Insofern halte ich Feminismus in dieser Lebensphase fast sogar für "gesund". Nur findet bei den meisten Frauen danach eben ein Entwicklungsschritt statt, und sie lernen, das eigene und das andere Geschlecht differenzierter zu sehen. Und sie verstehen, dass sie nicht die einzigen Menschen auf der Welt sind, die Probleme haben.

Leider erkennen bislang nur wenige Frauen Männerrechte als ein so wichtiges Anliegen, dass sie ihnen viel Zeit widmen. In dieser Hinsicht sind Jolanda, Monika, ChrisTine und Co. eher noch angenehme Ausnahmen bzw. Vorreiterinnen. :-) Aber ich bin zuversichtlich, dass sich das auch allmählich verbessert.

Herzlicher Gruß

Arne


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