Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Beschneidung, Vergewaltigung, Todesstrafe (lang)

Arne Hoffmann, Thursday, 28.11.2002, 12:16 (vor 7831 Tagen) @ Markus

Als Antwort auf: Re: Differenzierte Betrachtung von Markus am 26. November 2002 20:12:18:

Hi Markus,

zunächst einmal gebe ich dir darin Recht, dass die Situation der Frau in Afghanistan von den USA zum Kriegsgrund instrumentalisiert wurde. Wie sinnvoll das war, wurde in der US-Frauenbewegung ja auch sehr kontrovers diskutiert.

also ich weiß ja nicht ob ich Gefahr laufe dich wieder falsch verstanden zu haben, aber willst du mit deiner Aussage den Standpunkt vermitteln, dass Folter in der Türkei zu ächten ist. Auch die Gewalt der chinesischen Regierung, mit der sie am Platz des himmlischen Friedens "für Ruhe" sorgte, es aber durchaus legitim ist Frauen einzusperren, zu schlagen, zu verheiraten, nicht auf Schulen gehen zu lassen und die ärztliche Versorgung nur bei Zustimmung des Mannes zu gewährleisten?

Nein, diesen Standpunkt will ich nicht vermitteln. Das ist eine Reihe von Unterstellungen. Was ich sagen will, ist, dass man, wenn man Handlungen ethisch bewertet, ihre Hintergründe mit einbeziehen muss und dass uns Westlern sehr oft die gesellschaftlichen Hintergründe in anderen Teilen der Erde nur rudimentär bekannt sind. Wenn jemand für die Sterbehilfe eintritt, um mal ein ganz anderes Beispiel zu nehmen, sagt man ja auch nicht: "Aha, gegen Raubüberfälle bist du, aber Menschen umzubringen ist für dich offenbar legitim?" Manchmal ist eine normalerweise verurteilenswerte ethische Entscheidung trotzdem noch die bestmögliche Entscheidung in einer bestimmten Situation - zumindest aus der notwendigerweise begrenzten Sicht der Menschen, die sie verantworten.

Das habe ich nie behauptet. Ich empfinde es jedoch als sehr fragwürdig, wenn Frauen die nicht verschleiert sind von Wildfremden geschlagen werden dürfen.

Da sind wir einer Ansicht.

Das ist genau der Punkt. Da in Äthiopien ja bekanntlich Krieg war, dort also mehr Männer gefallen sind und nun im Verhältnis mehr Frauen dort leben, darf Äthiopiern nicht geholfen werden, weil diese Hilfe mehr den Frauen zu teil wurde? Jede Medienanstalt, die darüber also berichtet läuft Gefahr als feministisch unterwandert und antimaskulinistisch betitelt zu werden?

Putzig, woher immer diese Fragen mit den eingebauten Unterstellungen herkommen. Feministinnen machen es seit langem zum Thema, wenn Frauen als Gruppe besonders von Menschenrechtsverletzungen betroffen sind. Deshalb gibt es inzwischen z. B. einen Asylgrund der "geschlechtsspezifischen Verfolgung", bei dem es automatisch um Frauen zu gehen scheint. Warum sollten Männer nicht darauf aufmerksam machen, dass sie international weit eher von Menschenrechtsverletzungen betroffen sind und deshalb denselben Schutz benötigen?

Ist es wirklich naheliegend anzunehmen alle Medienvertreter seien Feministinnen oder ständen unter dem Druck der selbigen, dass die Themen so subjektiv recherchiert werden? Könnte es nicht einfach sein, dass diese Medienvertreter einfach nur nicht diese Blickweise haben und die Welt in Mann und Frau teilen sondern nach Brennpunkten die mit der Geschlechterdiskussion gar nichts zu tun haben?

Ich finde solche Slogans wie "Frauen und Kinder zuerst" geben uns ganz andere Indizien dafür, weshalb hier unterschiedlich bewertet wird. Während des Kosovo-Krieges wurden Transparente geschwenkt, auf denen entrüstet stand: "Nato-Bomben töten Frauen und Kinder!" Dass sie auch Männer töteten, war den Protestlern offenbar egal. Wenn bei Attentaten, Katastrophen und ähnlichem die Zahl der getöteten "Frauen und Kinder" automatisch hervorgehoben werden, finde ich das bedenklich. Ich gebe dir aber insofern Recht, dass das nicht unter feministischem Einfluss entsteht. "Frauen und Kinder zuerst in die Rettungsboote" war ja schon beim Untergang der "Titanic" eine Leitlinie, da existierte selbst die zweite Welle des Feminismus noch nicht. Eher handelt es sich wohl um männliche Instinkte des Beschützens und der Ritterlichkeit.

Beschneidung beim Mann heißt keinesfalls, dass ihm damit jegliche Lustempfindung genommen wird. Das ist ein Schnitt in die Vorhaut - keine Amputation der Eichel. Bei weiblicher Beschneidung allerdings, wird die Klitoris entfernt, was bedeutet, dass Sex nie wieder mit Lust in Verbindung gebracht werden kann. Vom selben Schicksal kann hier nicht gesprochen werden. Selbst in Deutschland greifen Ärzte auf die Beschneidung zurück, sofern die Diagnose "Fimose" - "Phimose" (weiß der Himmel wie man das schreibt) lautet. Sicher ist die Gefahr bei der Beschneidung an einer Infektion zu sterben. Die lebenslangen Folgen machen hier aber den gravierenden Unterschied. Und in afrikanischen Ländern geht man hier noch einen Schritt weiter. Hier werden die jungen Mädchen nicht nur beschnitten sondern auch "zugenäht". Dies soll bewirken, dass die Frau beim ersten mal in der Ehe auch definitv richtig schön blutet und das befleckte Leintuch dann dekorativ zum Fenster hinaus gehängt werden kann. Ich finde wirklich, dass männliche und weibliche Beschneidung nicht vergleichbar sind.

Klar, weil du Beschneidung in Dritt-Welt-Ländern bei Frauen mit der medizinischen Beschneidung von Männern in westlichen Staaten vergleichst und dann schulterzuckend befindest, dass Letzeres doch viel harmloser ist.

Hör zu, ich kann leider nicht meine Vormittage damit verbringen, dir jedesmal die nötigen Informationen nachzureichen - zumal ich im Moment den Eindruck habe, mir völlig sinnlos den Mund fusselig zu reden. Trotzdem mache ich das diesmal noch. Meine Ungeduld bezieht sich dabei nicht speziell auf dich, du engagierst dich ja ansonsten enorm und sehr konstruktiv. Für mich ist es mehr ein generelles Problem: Jeder neue Gesprächspartner bezieht seinen Kenntnisstand notwendigerweise aus der sehr einseitigen Berichterstattung in den Medien, deshalb muss ich immer wieder ganz von vorne anfangen.

Ich kopiere hier einfach mal relevante Artikel aus den INVISIBLE MEN hier rein, das geht am schnellsten.

Ausgabe 8:

--- Der Brauch der Beschneidung wird vor allem in Afrika, Asien und dem Nahen Osten ausgeübt: Jährlich werden schätzungsweise zwei Millionen Mädchen an den Geschlechtsorganen verstümmelt, weltweit rechnet man mit etwa 130 Millionen betroffenen Frauen (amnesty international z. B. nennt aber noch höhere Zahlen). Dieser Eingriff reicht von der Abtrennung der Vorhaut der Klitoris über die Entfernung der kompletten Klitoris und der kleinen Schamlippen bis hin zur "pharaonischen Beschneidung" oder Infibulation, bei der die großen Schamlippen bis auf eine winzige künstliche Öffnung zusammengenäht werden. Der Eingriff wird mal kurz nach der Geburt vorgenommen, mal bei Mädchen zwischen vier und sechs, mal bei Siebzehnjährigen. Oft geschieht er ohne Betäubung, die verwendeten Instrumente sind häufig nichts besseres als Messer, Scherben oder Rasierklingen. Aber nicht nur deswegen prangert unter anderem die Unicef diese Sitte als barbarisches Ritual und schwere Menschenrechtsverletzung an, es geht auch um die möglichen Folgen: Dazu gehören schwere Blutungen, Schock, Infektionen, große Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, chronische Entzündungen, seelische Traumata wie Depressionen, Angstzustände und Psychosen. Geburten können lebensgefährlich sein. Auch in Deutschland gibt es Ärzte, die auf Wunsch Beschneidungen vornehmen, obwohl dies hierzulande als schwere Körperverletzung geahndet wird. Mehrere prominente Frauen, darunter die Unicef-Botschafterin Sabine Christiansen sowie die Wirtschaftsexpertin Christa Müller (die Lebenspartnerin Oskar Lafontaines) haben auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Das Top-Model Waris Dirie hat ihre eigenen Erlebnisse in ihrer Autobiographie "Wüstenblume" verarbeitet. Diries Buch wurde weltweit zum Bestseller.

Es gibt nun mehrere Einwände gegen die extreme Einseitigkeit, mit der die Debatte hierzulande geführt wird. Beklagt wird zunächst die Verwendung des Standard-Rasters, das heute bei Mann-Frau-Themen grundsätzlich angelegt wird. Beschneidung diene demnach lediglich dem einen Zweck, die Sexualität der Frau zu kontrollieren. Christa Müller nennt sie ein Zeichen für "Männerherrschaft", die Unicef-Direktorin Carol Bellamy sieht darin "Frauenhass" gespiegelt und prangert diesen Eingriff an als eine "rituelle Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen". Wie kommt es, möchte man mit Claudia Heyne und Katharina Rutschky fragen, dass hier kein Wort darüber verloren wird, dass es Frauen sind, die solche Eingriffe vornehmen? Hier wie in anderen Fällen wird die Täterschaft von Frauen ausgeblendet und damit absichtlich oder unbewusst eine Täterschaft von Männern suggeriert. Die Anthropologin Galahad etwa weist es als abstrus zurück, wenn die Beschneidung von "frauenrechtlerischen Kreisen, die hier eine Wollüstlingslaune wittern, komischerweise" als ein "Gipfel männlicher Brutalität gegenüber entrechteter Weiblichkeit" gesehen wird. Davon könne "nicht die Rede sein. Gerade in den alten, mächtigen Matriarchaten wurde die Operation von Frauen an Frauen ausgeführt und ist heute noch gerade bei Mutterrechtsvölkern typisch." Verboten wurde die Beschneidung im Lauf der Geschichte vor allem von Männern, in erster Linie solch patriarchalischen Exemplaren der Gattung wie Priestern der katholischen Kirche. Auch die Feministin Mary Daly weist in ihrem Buch "Gyn/Ecology" darauf hin, dass Beschneidung etwas ist, das Frauen durch Frauen angetan wird, und zitiert einen Augenzeugen: "Als die Klitoris herausgerissen wurde, heulten die Frauen vor Freude und führten sie in einer Parade durch die Stadt." Aktuelle Umfragen und Studien, die von Entwicklungshilfeorganisationen, der UNO und anderen Institutionen durchgeführt wurden, haben ebenfalls immer wieder ergeben, dass die weitaus größte Mehrheit der Frauen in Ländern, in denen Mädchenbeschneidung durchgeführt wird, für diese Praxis ist.

Es werden aber nicht nur Frauen als Täterinnen ausgeblendet, sondern ebenso stark Männer als Opfer. Auch die Beschneidung von Knaben nämlich wird in Ländern der Dritten Welt nicht unter Narkose und mit sterilisierten chirurgischen Instrumenten, sondern mit sehr primitivem Werkzeug vorgenommen. Diese "kulturell legitimierte Form des gewalttätigen Übergriffs auf Jungen" wird zwar in unserer sehr einseitig ausgerichteten Betroffenheitskultur nicht thematisiert, ist aber ebenfalls sehr weit verbreitet, etwa in Afrika, Vorderasien, Indonesien und Australien. Kritiker bezeichnen sie als eine "planmäßige Desensibilisierung eines höchst sensiblen und lustspendenden Organs des Mannes".

Die Beschneidung stellt bei beiden Geschlechtern einen Initiationsritus dar (oder zumindest einen Teil davon). "Initiationsritus" bedeutet: Ein Mensch wird in die Gemeinschaft aufgenommen, indem er bewusst in eine Krisensituation gebracht wird, die seine Persönlichkeit neu begründen soll. Oft muss er eine Reihe von schmerzhaften oder demütigenden Prüfungen ablegen. Mitglieder des nigerianischen Tiv-Stammes etwa betrachten die Fähigkeit, Schmerz auszuhalten, als Grundvoraussetzung für die Ehe. Die jungen Männer werden verstümmelt, ihnen werden z. B. Zähne ausgeschlagen. Bei den Aborigines, den australischen Ureinwohnern, sowie auf mehreren Inseln des Westpazifischen Ozeans ist es Brauch, jungen Männern einige Wochen nach Entfernung der Vorhaut den Penis aufzuschlitzen, was eine vollständige oder partielle Spaltung der Harnröhre bewirkt: "In solchen Fällen hängt die beschnittene Vorhaut wie ein häßlicher, brauner Hautlappen herunter." Diese außerordentlich gefährliche Prozedur, die als Ariltha bekannt ist, hinterläßt eine schmerzhafte Wunde, die erst nach langer Zeit verheilt. Während der Rekonvaleszenz kann der Jüngling nur auf dem Rücken liegen. Es können sich ausgedehnte Infektionen bilden, die durchaus nicht selten tödlich enden. In Indonesien werden den Jungen zu Beginn der Pubertät Bambus- oder Metallkugeln, sogenannte Ampallangs, in den Penisschaft oder die Eichel eingesetzt, weil dadurch die Klitoris ihrer zukünftigen Partnerin besser stimuliert werden soll. Zu Beginn sind es kleine Kugeln, dann immer größere. Koreaner und einige phillipinische Ureinwohner machen das ähnlich. In Indien nähen alte Prostituierte Jungen, sobald sie in die Pubertät kommen, kleine Gold-, Silber- und Bronzeglöckchen in die Haut des männlichen Gliedes. "Dadurch, so behaupten sie, hätten ihre Männer mehr Ausdauer und würden sie viel besser befriedigen als wir armen Europäer." Undsoweiter.

All dies sind aus unserer Perspektive grausame, hochgradig gefährliche und verantwortungslose Praktiken. Tatsächlich bleibt bei diesen Übergangsriten so mancher Junge verstümmelt oder tot auf der Strecke. Sie werden in der Regel von Männern an Männern ausgeführt, wenn auch oft zugunsten der Frauen - das exakte Gegenstück zur weiblichen Beschneidung. Mit der Durchmischung der Kulturen fließt auch diese Tradition in unsere westliche Welt ein. So schnitt die 52jährige Joyce Moore aus dem New Yorker Harlem das Gesicht ihres Sohnes mit einem Paketmesser auf, bis es mit 120 Stichen genäht werden mußte. Ihre Familie stammte von dem nigerianischen Volk der Yoruba, wo dieser Brauch zum kulturellen Erbe gehörte. In solchen Fällen aber hört man KEINEN Aufschrei des Protestes, der durch die Welt geht. Etliche Leser sind erschüttert von den Erlebnissen eines hübschen, weiblichen Fotomodells wie Waris Dirie, aber wer spricht z.B. von den Erfahrungen eines südafrikanischen Freiheitskämpfers und Nobelpreisträgers wie Nelson Mandela? Mandela schildert seine Beschneidung folgendermaßen: "Ich hatte das Gefühl, dass Feuer durch meine Adern schoss; der Schmerz war so durchdringend, dass ich mein Kinn fest auf die Brust drückte. Viele Sekunden schienen zu verstreichen, ehe ich an den Ausruf dachte, dann erholte ich mich einigermaßen und stieß hervor: 'Ndiyindoda!' ... Ich schämte mich, weil die anderen Jungen viel stärker und tapferer gewesen zu sein schienen als ich. Ich fühlte mich elend, weil ich verstümmelt worden war ..."

Es gibt in den Gruppierungen, die sich mit dem Thema Beschneidung auseinandersetzen, eine intensive Diskussion darüber, ob man hier die eigenen westlichen Wertvorstellungen einer fremden Kultur aufdrängen darf. Die einen reklamieren für ihre Position, dass Menschenrechte unteilbar seien, die anderen sprechen von einem kenntnislosen Verurteilen anderer Vöker wie zu kolonialen Zeiten. In dieser Debatte kann und will ich hier nicht entscheiden. Was ich als Männerrechtler allerdings sagen kann, ist, dass es absurd und sexistisch ist, bei Frauen die Beschneidung als Zeichen von "typischem Frauenhass" zu beklagen und sie bei Männern vollkommen zu ignorieren.

Und damit diese Debatte auch korrekt in NEWS eingeordnet werden kann: Vorige Woche kamen bei einem südafrikanischen Initiationsritual, zu dem auch die Beschneidung von Jungen gehörte, zwanzig dieser Jungen ums Leben: http://portal.telegraph.co.uk/ ...(langer Link)... ixhomef.html. Bereits am 14. August 2000 berichtete die britische BBC kritisch über Beschneidungen in Kenia: http://news.bbc.co.uk/hi/english/world/africa/newsid_880000/880328.stm. Beide Seiten bieten Links zu diesem Thema; weitere Informationen und Quellenangaben gibt es in "Sind Frauen bessere Menschen?" ---

INVISIBLE MEN, Ausgabe 11:

--- Vor wenigen Tagen kritisierten zwei Menschenrechtsorganisationen die UNO wegen der Diskriminierung von Männern: Während die Vereinten Nationen der Klitorisbeschneidung bei Mädchen recht aggressiv den Kampf angesagt haben, widmen sie ähnlich schwerwiegenden Eingriffen bei männlichen Kindern nicht einmal ihre Aufmerksamkeit. Steven Svoboda, ein an der Elite-Universität Harvard ausgebildeter Anwalt für Menschenrechte, wies darauf hin, dass die Beschneidung von Jungen überall dort vorkomme, wo auch die Beschneidung von Mädchen stattfinde - nur sechsmal so häufig! Svoboda: "Eines Tages werden wir die fehlgeleitete Natur unserer Versuche verstehen, gewaltsame Eingriffe bei weiblichen Genitalien als kriminell zu bezeichnen, während vergleichbar ernstzunehmende, außerordentlich schmerzhafte und verstümmelnde Eingriffe bei männlichen Genitalien erlaubt sind." Auch andere Aktivisten und Aktivistinnen, so etwa Jacqueline Smith, Professorin am niederländischen Institut für Menschenrechte, sprechen sich dafür aus, die Beschneidung bei Jungen ebenso zu bekämpfen wie bei Mädchen. Svoboda verwies auch auf einen Artikel der New York Times vom 1. August 2001, dem zufolge in diesem Jahr allein in Südafrika 35 Jungen an den Folgen ihrer Beschneidung zu Tode kamen. Zehn Prozent oder mehr aller Jungen überstanden diesen aus medizinischer Sicht völlig unnötigen Eingriff nur entweder ganz ohne Penis oder lediglich mit einem entstellten Stummel. Lest den kompletten Artikel unter http://www.backlash.com/content/gender/2001/08aug01/arc0801.html. ---

INVISIBLE MEN, Ausgabe 15:

--- Swedish Parliament Scrutinizes Male Circumcision as a Violation of Human Rights

The Swedish Parliament has overwhelmingly passed a new law to regulate male circumcision with the purpose of protecting the human rights of the child. The Parliament voted decisively, 249 to 10, in favor of the new law, whose preliminaries also mandate a study to determine what effect the new law will have and whether male circumcision should be considered a human rights violation. The law is in the process of being enacted.
Many Swedish Members of Parliament stated that male circumcision violates children's rights. Several Members of Parliament stated that only an outright ban on circumcision of all minors would be consistent with the United Nations' Convention on the Rights of the Child.

This marks the first time the circumcision of males under the age of majority has been officially accepted for study by a national government as a human rights issue. Sweden's is the first law in modern times to regulate and restrict the practice of male circumcision.

All licensed practitioners of male circumcision are now required by law to use anesthesia and to perform the procedure in hospitals or under similar conditions. A temporary exception was included to allow licensed Jewish practitioners of male circumcision (mohelim) to perform the procedure in hospitals or under similar conditions using anesthesia, but only during the first two months of a child's life. Thereafter, ritual circumcisions performed by anyone other than a medical doctor are not allowed. Violation of the law will result in punishment of up to 6 months in prison or a fine of an individually determined amount based on income. Sweden has a history of pioneering human rights legislation and not one legislator claimed medically unnecessary circumcision was a legitimate procedure. The 10 dissenters objected only because they supported total criminalization, rather than mere regulation, of non-therapeutic circumcision of male children, and without any temporary religious exception.

J. Steven Svoboda, Executive Director of Attorneys for the Rights of the Child, stated, "This historic decision by Sweden represents a turning point in history. Again Sweden has demonstrated its concern for human rights. It is regrettable that the initial version of the bill, which would have banned outright all circumcisions of male minors, did not pass. Nevertheless, we congratulate Sweden for acknowledging that males' right to genital integrity deserves serious evaluation as a human rights concern."

In 1982, Sweden became the first developed country to outlaw female circumcision. This law was strengthened in 1998. Following Sweden's lead, many countries including the United States, Canada, and Australia have recently passed laws criminalizing female circumcision. Human rights organizations and legal scholars in each of these countries have pointed out that laws prohibiting only female genital cutting are discriminatory and violate national equal protection laws and international human rights laws. Worldwide, in the last four years every national professional medical association, which has issued a recommendation regarding routine male circumcision, has recommended against the practice. ---

Also das ist aber nun schon sehr zynisch, oder? Du umschreibst das Einsperren von Frauen, den Entzug der Selbstbestimmung als das Zuweisen einer geschützten Sphäre?

Ich denke schon, dass das unter anderem ein Motiv war. Ein ganzes Land zerfleischt sich seit Jahrzehnten im Bürgerkrieg, seine Einwohner bringen einander zu Tausenden um, und es ist kein Ende abzusehen. Dann kommen die Taliban daher und versuchen es mit einer brutalen, fundamentalistischen Diktatur. Dazu gehören extrem rigide Regeln, eben auch das Einsperren von Frauen, um sie vor Übergriffen zu schützen. Frauen zu beschützen ist ja offenbar ein männlicher Urinstinkt. (Natürlich wäre es aus westlicher Sicht angemessener, die Frauen alleine entscheiden zu lassen, welche Risiken sie eingehen möchten und welche nicht.) Jetzt empören sich aber Leute mit westlichen Wertmaßstäben, ohne irgendeine Ahnung von den Hintergründen zu haben. Manche Feministinnen tun sogar so, als sei das Hauptproblem in Afghanistan, dass die Frauen keinen Lippenstift benutzen dürften. Solche Naivität führt dann dazu, dass eine afghanische Generalin wie Suhaila Siddiq sich mit ihrer schneidenden Kritik zuvorderst gegen die westliche Frauenbewegung wendet: http://foxnews.com/story/0,2933,39596,00.html Siddiq: "The first priority should be given to education, primary school facilities, the economy and reconstruction of the country, but the West concentrates on the burqa and whether the policies of the Taliban are better or worse than other regimes." Vertreterinnen von RAWA beklagten zum Teil Ähnliches. Während das Überleben von Tausenden auf dem Spiel steht und zahllose Männer Arme und Beine verloren haben, diskutieren westliche Frauenrechtlerinnen als Erstes die Verschleierung und das Recht auf Schminken. Das mag ja aus westlich-feministischer Perspektive alles wichtig sein. Aus afghanischer Perspektive stehen aber ganz andere Dinge im Vordergrund.

Und das Verbot für Mädchen eine Schule zu besuchen ist dann ein weitsichtiger Akt der Nächstenliebe? Weil wenn diese dumm gehalten werden, fügen sie sich leichter in ihr Schicksal und leben zufriedener?

Das ist jetzt das dritte oder vierte Mal in diesem Posting, dass du mir Äußerungen unterschieben möchtest, die ich nie getätigt habe. Warum setzt du dich nicht mit dem auseinander, was ich schreibe? Weil es mehr Spaß macht, sarkastisch zu sein? Ich bin auch kein Afghanistan-Experte, könnte mir aber vorstellen, dass die Hintergründe für diese Entscheidung ähnlich lagen: Der öffentliche Raum stellt eine Gefahr für Frauen dar, also hält man sie da raus. Er stellt natürlich auch für Männer eine Gefahr dar, aber bei Männern wird das eben hingenommen.

Du meinst wirklich, dass es mehr männliche Vergewaltigungsopfer gab? Kannst du hier mal etwas mehr ins Detail gehen? Mir persönlich fällt es schwer mich für Sex mit einem Mann zu begeistern - ohne das nun anderen absprechen zu wollen. Diese "fast-Gewissheit" würde ich gerne etwas erklärt bekommen.

Ich habe den Link ja genannt, dort kannst du Näheres nachlesen. Dass es insgesamt mehr männliche Vergewaltigungsopfer als weibliche gibt, gilt übrigens auch für die USA. Die US-amerikanische Feministin und Bürgerrechtlerin Nadine Strossen (Vorsitzende der ACLU) führt aus: "Laut vorsichtigen Schätzungen sind mehr als 290.000 Männer pro Jahr in Gefängnissen und Strafanstalten sexuellen Übergriffen ausgesetzt, während das Statistische Bundesamt des Justizministeriums die Zahl der jährlich vergewaltigten Frauen mit 135.000 angibt." Natürlich haben wir bei beiden Zahlen eine gewisse Unschärfe (so gab Ende 2001 die Salt Lake Tribune die Zahl der vergewaltigten Männer in den USA mit 400.000 an). Da viele Männer mehrfach und durch Gruppen vergewaltigt werden, rechnen Fachleute jedoch mit bis zu 45.000 Vergewaltigungen von Männern pro Tag. Aber dieses Thema findet kein öffentliches Interesse. Dass die Medien über diese Problematik größeres Stillschweigen bewahren als vor kurzem noch die katholische Kirche über den Missbrauch durch Priester, beklagte die Organisation "Accuracy in Media" noch im Mai 2002, nachdem die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch noch einmal dezidiert auf dieses Missverhältnis hingewiesen hatte.

Das sehe ich aber echt schon als Problem. Du hinterfragst jeden Umstand auf geschlechtsbezogene Neutralität. Es wurden auch schon Frauen hingerichtet.

Allerdings. Von mehr als 700 Personen, die seit 1976 in den USA hingerichtet wurden, waren volle fünf weiblich. Wenn ich auf diesen extremen Sexismus hinweise, tust du so, als würde ich eine Quotenregelung in der Todeszelle verlangen. Viele Schwarze weisen zu Recht darauf hin, dass die Todesstrafe rassistisch ist, weil sie weit häufiger Schwarze als Weiße trifft. Aber das Missverhältnis ist dort noch lange nicht so gravierend wie zwischen Männern und Frauen.

Auch Frauen erkennen diesen Sexismus inzwischen und machen Front dagegen, so etwa Cathy Young in ihrem Artikel "Sexism and the death chamber", gespeichert unter http://www.dabbel.de/invisible-men/saved/ln032-19.html. Young führt darin aus, dass wenn für eine Frau die Gefahr der Todesstrafe besteht, sich auch regelmäßig Beschützer finden, die normalerweise eher reaktionär und pro-Todesstrafe sind: in ihrem Beispiel Pat Robertson, Jerry Falwell und Oliver North. Sehr oft wird auch eine internationale Kampagne daraus. Wenn eine Frau in der Todeszelle sitzt, finde ich dazu zweiseitige Artikel in meiner Fernsehzeitschrift und auch in Deutschland engagieren sich prominente Figuren wie Uschi Glas dagegen. Wenn ein Mann vom Staat getötet werden soll, finde ich solche Artikel in meiner Zeitschrift nicht. Das ist ja auch "normal".

Es tut mir Leid, dass du es als problematisch empfindest, wenn ich den geringeren Lebenswert von Männern in unserer Gesellschaft zum Thema mache. Es stört mich allerdings nicht dabei, das zu tun. Weil sich sonst nichts ändert.

Und das amerikanische Recht verurteilt selbst Kinder. Es ist nicht unbedingt frauenfreundlich. Vielleicht erinnerst du dich an die Suche nach der Frau, die von einer Kamera auf einem Parkplatz aufgenommen wurde, wie sie ihr Kind schlug. Dort wurde der Fall groß in die Presse gezogen und eine riesen Fahndung wurde eingeleitet. Ich glaube nicht, dass du hinter allem Ungerechtigkeiten gegen den Mann vermuten musst.

Das klingt jetzt so, als seien das alles leicht paranoide Spekulationen von mir. Tatsächlich ist die Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern aber nachweisbar, was das US-Justizsystem angeht.

Das renommierte juristische Magazin "Los Angeles Daily Journal" veröffentlichte am 1. August 2002 einen Artikel des Rechtsanwaltes Marc Angelucci, in dem dieser anhand verschiedener Studien zusammenstellt, welchen Einfluss die Geschlechtszugehörigkeit auf das Urteil in einem Gerichtsprozess hat. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass das Geschlecht im Justizsystem eine weit diskriminierende Rolle spielt als etwa die Rasse:
- Wenn bei einem Mord der Täter männlich statt weiblich ist, steigt für ihn die Wahrscheinlichkeit der Todesstrafe um mehr als das Zwanzigfache. (Gemeint ist offenbar das Urteil der Todesstrafe, was nichts mit einer tatsächlich erfolgten Hinrichtung zu tun haben muss. Dazu habe ich ja die Zahlenverhältnisse oben aufgeführt.)
- Bei exakt demselben Verbrechen steigert eine männliche Täterschaft die Wahrscheinlichkeit auf eine Haftstrafe um 165 Prozent. Wenn ein Schwarzer der Täter ist, steigert das die Wahrscheinlichkeit einer Haftstrafe um 19 Prozent.
- Ist das Mordopfer weiblich, verlängert das die Haftzeit des Täters um 40,6 Prozent. Ist das Opfer weiß statt schwarz, verlängert das die Haftzeit des Täters um 26,8 Prozent.
- Die lange Zeit vertretene feministische Theorie, dass vor allem Frauen im Rechtssystem zu kurz kommen, erscheint bei näherer Überprüfung nicht nur unhaltbar, sondern nachgerade albern. Wenn für dasselbe Verbrechen Männer ins Gefängnis wandern und Frauen auf Bewährung freikommen, reagieren darauf Frauenrechtlerinnen mit der Klage, dass die Frauen diskriminiert würden, weil sie längere Bewährungsfristen erhielten. Dringend notwendige Task Forces oder Kommissionen, welche die juristische Benachteiligung von Männern untersuchten, gibt es bislang jedoch nicht.

Soweit erst mal dazu. Ich fürchte, für weitere Info-Aktionen wie diese fehlt mir in Zukunft einfach die Zeit. Irgendwann muss ich auch mal was arbeiten. :-) Insofern kann ich dir nur empfehlen, dich selbständig ein bisschen mehr in die internationale Benachteiligung von Männern einzulesen, wenn dich das Thema interessiert. Offenkundig halte ich mein eigenes Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" für geeignet, aber es gibt auch viele internationale Websites der Männerbewegung mit extensiven Info-Archiven.

Herzlicher Gruß

Arne


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