Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Jede Uhr geht mal kaputt

Chato, Sunday, 24.08.2008, 04:16 (vor 6330 Tagen) @ Uhr-Knall

Hello Clock-Bang!

Dreh mal die Bild-Zeitung auf den Rücken und auf den Kopf. Das finde ich noch viel grausamer.

Ich auch, ehrlich gesagt. :-)

Seit tausenden von Jahren geht die Welt unter. Eine richtige Plage diese Weltuntergänge.

Ich halte überhaupt nichts von solchen befremdlichen und recht eigentlich urkomischen, esoterischen Rechnereien und Spekulationen, "wann es denn wohl so weit ist", denn das sind eben … reine Spekulationen - über etwas, was man partout nicht wissen kann. Die Zukunft hat es nun einmal so an sich, daß sie für uns noch nicht eingetreten und somit in ihrem Verlauf unbekannt ist.

Aber das ist nicht alles, was es dazu zu sagen gibt, um daraufhin die Frage abzuhaken. Deine Begründung, aus dem Ausbleiben früher vorausgesagter Weltuntergänge folge gewissermaßen zwingend die Unmöglichkeit eines solchen (also eines Endes der Zeit) auch für alle Zukunft, ist auf jeden Fall keine. Erstens ist auch dies natürlich eine Annahme über die Zukunft, die ebenso unbeweisbar ist, wie die, die du kritisierst. Zweitens ist in der Kategorie "Zeit" selbst, mit deren Hilfe wir schlichtweg alles Erfahrbare rastern und erst dadurch erfahren, das Ende derselben a priori inbegriffen, denn Zeit ist ja nichts anderes als unser menschlicher Wahrnehmungsmodus von Vergänglichkeit, also der Erfahrung, daß alles, was wir sinnlich von dieser Welt mitbekommen, keine Dauer in ihr – wir sagen dazu: in der Zeit - besitzt und somit, eben weil es hier und jetzt ist, ebenso gewiß einmal nicht sein wird, jedenfalls nicht als das, was es jetzt ist. Der Satz: "Diese Welt ist – auch als Ganze – endlich", ist somit a priori ein wahrer Satz!

Drittens findet der Weltuntergang ununterbrochen mitten unter uns allen statt, wenn auch heutzutage extrem abgedrängt ins Anonyme und Nichtwahrgenommene, denn jeder Mensch ist bekanntlich sterblich und stirbt auch ganz gewiß eines Tages. Alles mag ungewiß sein – außer einzig und allein dieser Tatsache. Dein Tod wird selbstverständlich dein Weltuntergang sein. Was denn sonst?

Für uns Christen ist die letzte und entscheidende Kernfrage allen menschlichen Daseins, als was man aus diesem Weltuntergang hervorgeht, wobei letzteres sich in einer streng durch Verantwortung, Wahrheit und Gerechtigkeit bestimmten Abhängigkeit von dem Leben befindet, das zu Ende gegangen ist. Gegen diese Auffassung, für die ich sehr vernünftige, solide und stichhaltige Argumente vorbringen kann, welche nicht mit Argumenten widerlegt, sondern bloß als solche pauschal abgewiesen (sprich: ignoriert) werden können, habe ich noch niemals einen einzigen intelligenten und stichhaltigen Einwand gehört – wohl aber extrem dumme und oberflächliche in großer Zahl. Gleichwohl, es ist und bleibt natürlich eine nicht beweisbare Frage, für deren reale Antwort allerdings ein jeder selbst die alleinige Verantwortung trägt – nicht dergestalt natürlich, daß er sich diese Frage etwa selbst und nach eigenem Geschmack beantworten könnte, sondern dergestalt, daß er mit der Antwort, die ihm gegeben wird, definitiv klarzukommen hat. Wer sich in dieser Sache also irrt, der tut es klipp und klar selbst und allein und ganz auf eigene Rechnung. Verantwortung läßt sich spätestens da nirgendwo mehr hinverschieben.

Von da her betrachtet bekommt die Frage des Weltunterganges, wie man sieht, eben doch wieder eine zuhöchst existentielle Relevanz, wenn auch zunächst auf andere Weise, als üblicherweise oberflächlich erwartet. Indes, die Möglichkeit eines Kollektivereignisses, welches diese menschliche Welt endgültig und für immer beendet, ist ja nun beileibe keine irreale Fiktion mehr, sondern ein auf vielerlei Arten real möglich gewordenes Ereignis, seit wir nicht mehr von und mit der Natur leben, sondern eine hochtechnisierte Zivilisation geschaffen haben, von der wir mittlerweile nachgerade auf Gedeih und Verderb abhängig geworden sind.

Wie dem auch sei, auch wer diese Möglichkeit bestreitet, warum und wie auch immer, der kann dennoch nicht bestreiten, daß er einmal – und zwar bald – sterben muß. Die Frage, ob es eine rechte Art zu leben gibt und es mir selbst zuliebe für mich nötig ist, mich danach zu richten, oder ob dies völlig irrelevant ist und man in den Tag hineinleben kann, ja womöglich sogar soll, hat nicht allein individuelle Dimensionen. Je mehr Menschen egoistisch in den Tag hineinleben, desto fragiler werden die tragenden Strukturen ihrer Welt – und desto wahrscheinlicher somit, daß womöglich doch eintritt, und zwar durch ihre eigene Schuld, was sie unbedingt ausgeschlossen wissen wollen: der Weltuntergang.

Ich bin alles andere als überzeugt davon, daß sie dieser Möglichkeit, die sie für irreal halten, so gelassen gegenübertreten, wie ich, der ich mit ihr rechne und sie für immer wahrscheinlicher halte. Natürlich stimmt der Satz, daß die Zukunft eintritt, wenn sie eintritt, und nicht vorher. Es stimmt aber auch, daß sie dann eingetreten ist und nicht mehr zu ändern ist. Weil außerdem der Satz wahr ist, daß wahrgenommene Freiheit nur möglich ist mit der dazugehörigen Verantwortung, denn der Inhalt meiner Freiheit bedeutet ja nichts anderes, als die von mir wahrgenommene Verantwortung, dann verbietet sich angesichts dessen schon von der Vernunft her jegliches oberflächliche In-den-Tag-hineinleben von vorn herein, egal für wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich man den von Conny angesagten Weltuntergang nun halten möchte.

In diesem Sinne mag die Frage nach einem Weltuntergang gemäß der Rückseite unseres Personalausweises wohl tatsächlich nicht so besonders relevant sein. Aber auch nur in diesem Sinne.

Gruß vom
Nick

--
___________________________________________________
Wenn wir Toren wüßten, daß wir welche sind, wären wir keine.


gesamter Thread:

 

powered by my little forum