Mode und Unterdrückung
Hallo Freestyler!
Mode und Unterdrückung haben nichts miteinander zu tun.
Wirklich nicht?
Sehen wir uns doch mal die Kleidungsnormen im 19. Jahrhundert an. Da war es üblich, daß Männer Hosen trugen, Frauen dagegen trugen Kleider oder Röcke.
Für Frauen änderten sich diese Normen dann aber. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurden für sportliche Aktivitäten, wie z.B. zum Reiten, durchaus auch schon Hosen akzeptiert. Wenige Jahrzehnte später war es dann schon völlig normal, daß Frauen anziehen konnten, was sie wollten - Hosen, Kleider oder Röcke.
Wie sieht das aber bei den Männern aus? Da sind die Normen immer noch mindestens genauso starr wie im 19. Jahrhundert. Sicher - die Mode hat sich seitdem auch für Männer etwas geändert, aber nur minimal. Prinzipiell gelten immer noch die alten Regeln.
Woran liegt das? An den Modemachern? Kaum. Einige von ihnen haben auf der Suche nach neuen Produkten ja sogar schon versucht, Röcke für Männer salonfähig zu machen, sind damit aber bisher immer gescheitert.
Woher kommt das also? Vielleicht von den Männern selbst? Möchten sie das vielleicht so, um sich von den Frauen abzugrenzen? Dagegen spricht, daß die Männer in früheren Zeiten solche Ambitionen durchaus nicht hatten. Noch im 17./18. Jahrhundert pflegten sich Männer in der Oberschicht genauso zu schminken und zu pudern wie ihre Frauen. Sie trugen auch Perücken. Zwar war ihre Kleidung nicht identisch mit der der Frauen, aber sie enthielt immer auch viele Rüschen, Borten, Spitze und ähnliche Verzierungen und war auch oft sehr farbenfroh.
Und wenn man sich heutige Männer ansieht, dann stellt man fest, daß durchaus nicht alle sich in die männliche Normkleidung zwängen. Es gibt Ausnahmen, die man grob in drei Gruppen unterteilen kann:
1. Jugendliche
2. homosexuelle Männer (natürlich nicht alle, aber einige)
3. sehr reiche Männer
Was könnten diese Ausnahme-Gruppen gemeinsam haben? Vielleicht ihr Verhältnis zu Frauen?
Sehen wir uns das doch mal an:
Für Jugendliche gilt es als normal, gegen die bestehenden Normen zu rebellieren und dies auch in der Kleidung auszudrücken. Das finden junge Frauen an jungen Männern auch durchaus nicht unattraktiv, zumal sie anfangs oft instinktiv noch die Eltern als Ernährer betrachten und nicht den Freund. Somit sind die Ansprüche an den Freund dann geringer. Dies ändert sich aber schnell, wenn sie ins Berufsleben einsteigen. Da wird dann schnell eine eigene Wohnung aktuell, und schon steigen auch die Erwartungen an den Partner. Und - oh Wunder - gleichzeitig passen sich die jungen Männer dann üblicherweise den etablierten Kleidernormen an, jedenfalls wenn sie den weiblichen Ansprüchen genügen möchten.
Für homosexuelle Männer sind Frauen allenfalls als Freundinnen interessant. Sie fühlen sich somit auch nicht genötigt, irgendwelchen weiblichen Ansprüchen zu genügen.
Sehr reiche Männer wiederum müssen auf die Wünsche der Frauen auch nicht zuviel Rücksicht nehmen. Sie finden immer wieder Frauen, wenn es sie nicht stört, daß diese es dann oft mehr auf ihr Geld abgesehen haben als auf sie selbst. So können sie es sich auch locker leisten, anzuziehen, was immer sie wollen, auch wenn es z.B. ein goldfarbendes Jacket mit Rüschenärmeln ist.
Der normale Durchschnittsmann kann sich das aber offensichtlich nicht leisten.
Nun könnte man ja einwenden, daß das doch nichts mit den Frauen zu tun hätte, schließlich gibt es ja in Firmen häufig Bekleidungsvorschriften, die Männern z.B. Jackett und Krawatte vorschreiben. Und die werden von den oft männlichen Chefs gemacht.
Interessant ist dabei aber wieder, daß auch dort für Frauen weniger enge Normen gelten. Sicher - Minirock ist dann üblicherweise auch tabu, und zu grelle Farben wohl auch. Aber Jackett und Krawatte werden von Frauen üblicherweise nicht verlangt.
Und wer schreibt eigentlich dem Chef seinen Anzug vor? Es ist häufig so, daß die Frauen ihren Männern die Kleidung kaufen. Natürlich möchte die Frau Filialleiter, daß ihr Mann nicht nur ein erfolgreicher Geschäftsmann ist, sondern auch so aussieht. Und die Frau des einfachen Büroangestellten möchte ebenfalls, daß ihr Mann wie ein erfolgreicher Karrieretyp aussieht, wenn er schon keiner ist. Der Mann soll ja vor Freundinnen, Verwandten und Bekannten etwas hermachen. Wie so ein erfolgreicher Mann aussieht, das sieht frau täglich im Fernsehen. Also soll ihr Mann auch so aussehen. Dementsprechend wird seine Kleidung gekauft, und es wird argwöhnisch alles aussortiert, was er sich womöglich selbst gekauft oder von Anderen geschenkt bekommen hat und was vielleicht zu "feminin" aussehen könnte. Frau will schließlich einen echten Kerl haben, und so soll er auch aussehen.
So trottet der Chef also täglich brav im von seiner Frau ausgewählten Anzug, in dem er doch so toll und männlich aussieht, ins Büro. Die Krawatte drückt am Hals, und mit dem Jackett wirds im Sommer auch mal ziemlich warm. Wieso, bitteschön, sollen es seine Angestellten dann besser haben als er??? Und was, bitteschön, fällt einem Geschäftspartner ein, sich nicht an diese Kleidungsnormen zu halten? Schon haben wir eine Norm, die allseits befolgt, in den Medien immer wieder präsentiert und dadurch erhalten wird.
Und das hängt durchaus eng mit dem männlichen Rollenbild zusammen, das sich in den letzten 100 Jahren ebenfalls nicht aufgelöst hat.
Freundliche Grüße
von Garfield
gesamter Thread:
- Mode und Unterdrückung -
Conny,
10.08.2008, 21:36
- Mode und Unterdrückung -
Hemsut,
10.08.2008, 21:41
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Conny,
10.08.2008, 22:23
- Mode und Unterdrückung - Garfield, 11.08.2008, 15:01
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Conny,
10.08.2008, 22:23
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Freestyler,
11.08.2008, 16:30
- Mode und Unterdrückung - Garfield, 11.08.2008, 18:28
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Lude,
11.08.2008, 18:32
- Mode und Unterdrückung -
Hemsut,
10.08.2008, 21:41