Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Mode und Unterdrückung

Garfield, Monday, 11.08.2008, 15:01 (vor 6342 Tagen) @ Conny

Hallo Conny!

FKK war ja in der DDR auch nur durch die Unterdrückung so beliebt...

Ich glaube eigentlich nicht, daß das soviel mit Unterdrückung zu tun hatte. Es gab auch in der DDR Moralapostel, für die FKK etwas "Schweinisches" war, das eigentlich verboten gehört. Nur haben die nirgends Gehör gefunden.

Heute gibt es diese Leute immer noch, und ich glaube gar nicht, daß sich ihre Zahl wesentlich erhöht hat oder daß es im Westen mehr davon gab und gibt. Aber sie finden heute Gehör, z.B. bei den Betreibern großer Hotelketten. Die kriegen sofort das Hosenflattern, wenn da jemand kommt und sowas sagt wie: "Was ist denn das hier am Strand vor dem Hotel für eine Sauerei? Da liegen überall Perverse nackig herum! Das ist ja widerlich! So hab ich mir meinen Urlaub aber nicht vorgestellt, hierher komm ich nie wieder! Dafür verlange ich Preisnachlaß!"

Was in der DDR nur für ein breites Grinsen gesorgt hätte, setzt heute viel mehr in Gang. Da fürchtet man Besucherverluste, womöglich noch Klagen, und schon wird Druck auf die Behörden ausgeübt. Man kalkuliert dabei einfach so, daß der breiten Masse FKK weitgehend egal ist, daß es viele Menschen also nicht stören wird, wenn FKK verboten wird. Daß es aber eine nicht zu unterschätzende Zahl von Menschen gibt, die sich daran stören. Vielleicht betreibt man sogar noch den einen oder anderen FKK-Club - und wer würde denn für so einen Club Eintritt zahlen, wenn FKK überall erlaubt und somit kostenlos wäre?

Und schon ist FKK nur noch an abgelegenen, schlechten Standabschnitten und eben in geschlossenen Clubs erlaubt und sonst überall verboten.

Je seltener FKK dann wird, umso weniger wird es als normal empfunden und umso mehr Menschen befürworten dann ein FKK-Verbot.

In der SED ging es zu DDR-Zeiten ja eigentlich eher prüde zu. Irgendwelche Hippie-Parolen hat da niemand befürwortet. Als verheiratetes SED-Mitglied in irgendeiner leitenden Position konnte man sich z.B. auch nicht einfach so einen Seitensprung leisten. Ich erinnere mich da gerade an meinen Großvater väterlicherseits. Der war auch strammes SED-Mitglied und MTS-Direktor. (MTS stand für "Maschinen- und Traktoren-Station", da konnten kleine Bauern sich Landmaschinen ausleihen - das waren die Vorläufer der großen Genossenschaften.) Eines Tages fand meine Oma heraus, daß er heimlich eine Geliebte und mit der auch ein Kind hatte. Es gab natürlich Streit, und mein Opa zog dann bei seiner Geliebten ein. Meine Oma setzte ihn nun mit der Drohung unter Druck, ihn bei der SED-Kreisleitung anzuschwärzen, und weil er befürchtete, so seinen guten Posten zu verlieren, kam er dann reumütig wieder zurück und brach den Kontakt zu seiner Geliebten ab. An dem Beispiel sieht man gut, wie kleinbürgerlich es eigentlich in der SED zuging.

Die hohen SED-Bonzen waren wohl auch kaum FKK-Anhänger. Es ist schon möglich, daß sie beschlossen, FKK zu tolerieren, um den Menschen wenigstens am Strand Freiheit zu lassen, die ihnen in anderen Bereichen fehlte. So gesehen könnte man es schon in Zusammenhang mit Unterdrückung sehen.

Heute nehmen die Einschränkungen für immer mehr Menschen aber auch zu. Reisefreiheit hat man zwar auf dem Papier, aber was nützt das, wenn man sich Reisen finanziell nicht mehr leisten kann? Im Osten gibt es mit Sicherheit viele Menschen, die zu DDR-Zeiten häufiger verreist sind als heute. Da gings dann eben nach Bulgarien oder nach Ungarn - heute dagegen reicht das Geld nicht mal mehr dafür.

So wäre die Regierung gut beraten, die Menschen nicht noch zusätzlich zu gängeln. Das scheint aber niemanden zu interessieren - die Gängelungen nehmen eher noch zu als ab. Weil immer irgendjemand damit entweder Geld verdienen möchte oder aber befürchtet, daß er ohne Gängelung der Menschen weniger Geld verdienen könnte. Und dieser Faktor zumindest spielte in der DDR gar keine Rolle.

Freundliche Grüße
von Garfield


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