Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Lazy sunday evening...

Chato, Monday, 10.12.2007, 03:18 (vor 6586 Tagen) @ adler
bearbeitet von Chato, Monday, 10.12.2007, 03:26

Lieber Adler!

Ja, da bieten sich viele Möglichkeiten. Ich hab oft den Verdacht, daß die vielen RAe
im Bundestag sich ihre späteren Einnahmequellen selber verschaffen.

Ich dachte da jetzt weniger an die RAe, als an die Gerichte, wie sie bei der Urteilsfindung völlig an der zerrissenen Logik solchen "Rechts" ausflippen und nur noch zu derart krassen und absurden Urteilen kommen können, daß man's gut benutzen kann, um die Sache in sich selbst ad absurdum zu führen. Aber egal, nicht so wichtig jetzt. Was du anführst, stimmt ja auch...

Ja, "Das ist [eben] der Fluch der bößen Tat, daß sie fortzeugend Bößes muß gebähren".
Die Wahrheit ist immer einfach und klar und braucht solche krebsigen Kunstwelten einfach
nicht, wo immer an- umgebaut und ausgebessert werden muß. Das ist auch der Grund,
weshalb sie sich am Ende durchsetzen wird. Sie ist halt auf festem Grund gebaut und in und
durch sich selber stabil.

Die Verhältnisse werden sich in dem Maße in Bewegung setzen, in dem das klarzuwerden beginnt, nicht als "Idee" oder Gedankengebirge, sondern als konkrete Entscheidung, als Tat, als entschlossene Umkehr. Vorher wird eben weiter "gedacht" und geflickt und montiert werden, bis es einen großen Rumms gibt, der nichts mehr zum Flicken und Montieren übrigläßt. Nicht daß ich das etwa gerne so hätte natürlich, aber ich sehe halt, wie es allmählich losgeht. Wahrheit ist allmächtig, nichts kommt auf Dauer gegen sie an - weil es halt nicht wahr ist. Wer heute schon an's Morgen denkt, der wird deshalb versuchen, dafür Sorge zu tragen, daß es dann wenigstens noch welche gibt, die sich erinnern und überhaupt fähig dazu sind, daß ihnen das klarwerden kann. Im Moment wird gesät. Ernten kann man jetzt nichts. Und auf gewisse Weise muß man etwas Abstand halten zu dieser Welt.

Ich würde Dir lieber viel öfter antworten wollen, Nick. Aber ich erstarre fast vor Deiner
Sprachgewalt und Deinem Wissen, so daß ich mich oft gar nicht traue, Angst habe ich
könnte was übersehen oder auch nicht richtig verstanden haben.

Erstarre bitte nicht, lieber Adler :-) Ich identifiziere mein Ego überhaupt nicht mit diesem Zeug, das ich schreibe. Ich schreib's halt einfach. Aber für mich selbst ist es nicht so wichtig. Ich bin viel lieber blöd, als daß ich gerne nachdenke *g* (in echt!). Aber das merkt man hier natürlich nicht, weil ich ausgerechnet dann gerade immer nichts schreibe (aus gutem Grund) *g*

Ich sehe es als Begabung, so wie andere Cello spielen, tischlern, malen oder Autos reparieren. Der menschliche Verstand wird heute viel zu sehr überschätzt. So wichtig ist der überhaupt nicht und höher als anderes soll man ihn schon gar nicht schätzen. Ich meine, wer verehrt schon einen Schraubenzieher, einen Pinsel, einen Hobel oder ein Cello? Keiner, wenn er gesund ist. Das sollte man beim Verstand auch nicht machen, finde ich. Ich kenne einen Cellisten, der spielt wunderbar, aber er bezieht das auf sich und ist eitel. Das macht ihn als Menschen im Umgang zum echten Arschloch, leider einfach unerträglich, so daß er sehr vereinsamt ist und immer einsamer und verbissener wird und das merkt man inzwischen auch an seinem Spielen. Würde er sich einfach vergessen in dem, was er spielt, wäre alles bestens, aber so hat man nur Mitleid, nicht mit seinem Spiel, das ist weiter ganz gut, auch wenn ihm inzwischen jenes "Etwas" fehlt, sondern mit ihm als Mensch. Auch eine Art Götzendienst, in gewisser Weise, der unfrei macht wie jede verkehrte Anbetung.

Ich hatte vor ein paar Tagen eine Homepage gefunden. Sehr informativ, wie ich finde.
Zudem auch wunderschön gemacht. Kein Wunder, Manfred kommt ja aus Neustadt /
Weinstraße, also der ebenso wunderschönen (Kur)Pfalz. sowas färbt halt ab. ;-)
Ich hab echt gedacht, da könnte auch Nick gern drin rumschmökern.

Danke, Adler :-) Ich habe eben etwas auf der wirklich schön gemachten Seite geblättert. Zwei Sätze haben mir beim Reinlesen spontan besonders gut gefallen:

(1) "Der amerikanische Anthropologe William Howells sieht in diesem unwiderstehlichen Drang zur Anbetung sogar den entscheidenden Unterschied zwischen Mensch und Tier: 'Der Mensch ist ein Geschöpf, das Dinge, die es nicht sehen kann, begreift, und Dinge, die es nicht begreifen kann, glaubt.'"

(2) "Dabei sollte doch jeder Mensch in dem Augenblick, in dem er die Knie vor seinem Gott beugt, unserer Achtung sicher sein. Wir können zwar meinen, daß in seiner Glaubensauffassung wertvolle, ja wesentliche Elemente fehlen. Die Formen, in denen der andere seine Anbetung vollzieht, mögen uns bizarr, manchmal sogar abstoßend scheinen. Aber im Augenblick des Gebets ist jeder Mensch so gut, wie er nur irgend sein kann. Wenn wir so weise wären, wie wir uns dünken, würden wir danach trachten, ihn dann, gerade dann, zu verstehen."

Das ist sehr wahr und sehr schön und deshalb führe ich es eigens an. Auf den Begriff Synkretismus bin ich hernach dann beim Stöbern gestoßen, freilich ohne viel weiter gelesen zu haben, so daß das jetzt kein Kommentar dazu ist, sondern bloß davon inspiriert wurde. Das ist ja der Gedanke, der sich da scheinbar wie von selbst ergibt: "Warum dann diese Unterschiede?" Es mag manchem verlockend erscheinen, alle Religionen zu einer zu machen, das kann ich gedanklich nachvollziehen, da sie doch alle dasselbe Ziel zu haben scheinen. Aber das geht nicht, und wer es versuchte, brächte sie alle auf einmal um. Warum?

Zum einen sind eben nicht alle Ziele gleich. Der Buddhist strebt zum Beispiel keineswegs dasselbe an, wie der Christ, sondern in gewisser Perspektive das gerade Gegenteil. Ersterer flieht das Leiden und negiert die Schöpfung als Ursache dieses Leidens, letzterer bejaht die Schöpfung von Grund auf und akzeptiert nicht nur das Leid, das mit ihrem Werden verbunden ist, sondern erkennt darin, also in genau dem, was der Buddhist flieht, den letzten Sinn seiner menschlichen Existenz. Dem einen ist das Dasein wie ein Ekel, der andere erkennt sich als Mitarbeiten eben der Schöpfung, welche jenem zum Ansporn wird, ihr zu entfliehen. Das könnte man zum Beispiel auf keine Weise "vereinen", ohne beides völlig zu zerstören. Das ist bereits klar, bevor man irgend etwas sonst von beidem wüßte.

Zum anderen kann der Mensch a priori nicht etwas "vereinen", das sich derart vollkommen jenseits seiner Zuständigkeit befindet und auch gar nicht annähernd von ihm begriffen werden kann, ja, recht eigentlich völlig unbegreiflich ist. Synkretismus entspringt menschlichem Nützlichkeitsdenken: "Es wäre doch so praktisch und so schön, wenn..." Aber es wäre in Wahrheit eben nicht schön, und sei es bloß, weil es nicht wahr ist, sondern - in bester Absicht - ausgedacht.

Der Gedanke, Friede zu schaffen durch Aufheben der Unterschiede, in diesem Falle der religiösen, mag in einer zerrissenen Welt einleuchtend erscheinen. Aber dieser Friede würde auf nichts mehr gründen, außer eben auf Menschlichem, und deshalb explodieren und der Riß würde so erst recht vollkommen werden, sobald das geschähe. Das hat Ähnlichkeit mit dem Unterschied von Mann und Weib. Wenn der aufgehoben werden soll, gehen beide zugrunde.

Friede durch Gleichheit ist ein Unding. Es ist erdacht und stimmt einfach nicht mit der Wirklichkeit überein. Man kann sich über die Wirklichkeit nichts ausdenken, ohne alles zu zerstören. Diese Einsicht ist so wichtig, weil sie heute so rar geworden ist und die Gegenposition so verlockend und einsichtig erscheint. Hoffentlich geht das nicht vollends unter. Wer an Gott glaubt, wird nie einen anderen für seinen Glauben verachten, aber er wird auch niemals auf die Schnapsidee kommen, beides miteinander vereinen zu wollen, weil er genau weiß, daß das seinen Glauben zerstören würde. Alles Wirkliche hat immer eine bestimmte, konkrete Form. Wenn die aufgelöst wird, löst sich auch die Wirklichkeit auf. Formlosigkeit bedeutet nicht Freiheit, sondern Tod.

Es ist das Los aller religiös inspirierten, gedanklichen Systeme, daß sie den Gegenstand ihres Denkens niemals erreichen können und deshalb das Wesen der Sache in sich notwendig immer verfehlen. Wenn dies klar ist, haben denkerische Anstrengungen auf dem Hintergrund religiöser Erfahrung durchaus einen großen Nutzen, vor allem hinsichtlich der Ordnung der menschlichen Verhältnisse und der Ausformung der Kultur. Aber Gott selbst und den Sinn seiner Ordnung erreicht das Denken mit seinen Anstrengungen nie. Thomas von Aquin hat in seinen späteren Jahren sein Werk als "Stroh" bezeichnet, womit er einerseits Recht, andererseits natürlich Unrecht hat, aber eben sehr viel mehr Recht als Unrecht.

Religiöse Systeme werden zur Antireligion, sobald dies alles vergessen und sozusagen zur Sache gegangen wird. Natürlich denkt der Mensch über Gott nach. Aber er kann und muß immer wissen, daß er ihn dort niemals finden wird, sondern immer höchstens irgendwelche Wegweiser. Ob die wiederum überhaupt stimmen oder in verkehrte Richtungen weisen, weil jemand dran gedreht hat, erfährt er auch nicht durch Denken, sondern bloß durch ehrfürchtiges, achtsames Tun und gerichtete innere Erfahrung auf alten, also bewährten seelischen Wegen. Das Äußere ist dabei nichts Äußerliches, sondern die äußere Form des inneren Sinns. Die alten Bilder, Symbole und Gesten besitzen eine geheimnisvolle Würde und Kraft und verbinden die Jahrtausende. Gott ist nun mal nicht "neu", sondern ewig.

Die Sache ist einfach derart unvorstellbar groß und erhaben, daß sich anderes als Ehrfurcht für mich ganz von selbst verbietet. Das liegt nicht daran, daß ich nicht denken kann, sondern eben an dieser unbegreiflichen Größe - und, ja, daran, daß diese Erhabenheit ist "wie ich". Damit meine ich natürlich nicht meine "Erhabenheit", sondern die Erfahrung der Personhaftigkeit Gottes, der liebt, spricht, fragt, antwortet, bittet, ruft, will, läßt, wartet, hilft, leidet... Witze erzählt... ja, manchmal auch das, und seine Witze sind echt die allerbesten. Das widerspricht derart jeder Vorstellung eines "abstrakten Prinzips", auf das sich (sich! :-)) die Synkretisten ja notwendigerweise verständigen müßten, daß der christliche Glaube von vornherein davon ausgeschlossen wäre. Er ist einmalig und ganz und alles. Das ist meine Erfahrung. Ihr kann keine Nützlichkeitserwägung noch die Erfahrung anderer Menschen etwas anhaben: Sie bleibt, was sie ist.

Es gibt so viele Geschichten auf der Welt, und jede kann nur sein, weil sie eben eine bestimmte Form hat, also konkret und besonders ist. Es kann also garnicht sein, daß es nur eine einzige Religion für alle gibt, denn nur so bleibt jedem Gläubigen seine eigene, authentische Erfahrung, die ihm von niemandem als solche streitig gemacht werden kann. Indessen, nichts spricht dafür zu meinen, dies seien deswegen alles dieselben Erfahrungen und alle Wege führten zum selben Ziel. Das ist nicht so. Auch aus diesem Grund lassen sich Religionen sowieso nicht "vereinigen".

Wir Christen glauben, wie du weißt, daß am Tag des Gerichts, das nicht vor allem ein Strafgericht ist, sondern vollständiges Offenbarwerden der reinen Wahrheit über jeden Menschen und über den Plan des Schöpfers, den er mit seiner Schöpfung verfolgt, jeder, also auch jeder Andersgläubige, zur Anschauung Gottes gelangt, wie er ist, und dem Logos, dem Wort Gottes begegnet. Erst dort, wo für jeden alles offenbar ist, entscheidet ein jeder letztgültig, ob er der geschauten Wahrheit zustimmt / zustimmen kann. Deshalb ist jede Debatte, was diese letzte Wahrheit nun sei, auf Erden ohne Gegenstand. Wer meint, etwas Letztes zu wissen, beweist eben dadurch, daß er gar nichts weiß. Wir können nur glauben, also dem vertrauen, was wir erfahren, so undeutlich es auch sei. Das bestätigt sich selbst, nicht durch Nachdenken, nicht durch Wissen, sondern durch die Evidenz eben dieser Erfahrung. Letzte Klarheit gibt es hier nicht für uns Menschen. Wer sie zu haben meint, hat den Luzifer gesehen. Diese Klarheit täuscht.

So, jetzt habe ich schon wieder wertvollen Speicherplatz für Religiöses verbraucht :-)) Aber das war ja eine spontane und persönliche Antwort an Adler an einem faulen Sonntagabend, an dem ich sonst nichts besseres zu tun hatte. Ich glaube, das hält der Server aus.

Ein freundlicher Gruß, lieber Adler!

Vom Nick

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Wenn wir Toren wüßten, daß wir welche sind, wären wir keine.


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