Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Nur wenig OT: Osten «zivilgesellschaftlich unentwickelt»

Nihilator ⌂, Bayern, Friday, 24.08.2007, 23:46 (vor 6692 Tagen) @ N.U.M.E.S.

Nur einen Einspruch: "neoliberal" ist das nicht. Lies nach, z.B. bei
wikipedia, was dieser Begriff bedeutet.


Defacto bedeutet Neoliberalismus die Individualisierung einer
gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, mit dem Ziel, das solidarische
Sozialstaatsprinzip den kapitalistischen Ansprüchen unterzuordnen.
Wirtschaft wird nicht als "Markt" verstanden, von dem sowohl Kapital- und
Arbeitgeber, als auch die Arbeitnehmer profitieren können (im Sinne einer
sozialen Marktwirtschaft), sondern als reines Mittel zum Kapitalertrag,
zwecks Gewinnmaximierung. Wer da nicht mitziehen oder bestehen kann, ist
selber schuld, wird als "soziale Belastung" deklariert, gilt als
"unnütz".

Warum befolgst Du nicht meinen Rat und liest einfach mal nach? Mag ja unbestritten sein, was Du da an aktuellen Entwicklungen beschreibst, aber das ist nicht neoliberal! Neoliberal waren Ludwig Erhardt und der sog. Rheinische Kapitalismus, die soziale Marktwirtschaft.
Wer mag wohl ein Interesse haben, Begriffe so umzudeuten?

Von der Leyens Politik (ihr Utilismus) basiert auf dieser politischen
Ausrichtung. Nicht nur, dass sie akademische Eltern für Deutschlands
Kinder präferiert (was an sich schon ein äußerst fragwürdiger sozialer
Spezismus ist), sondern führt sie mit dem Elterngeld auch das
Sozialstaatsprinzip ad absurdum: Je höher das Einkommen, desto höher die
Sozialleistung!

Hmm. Rente hängt vom Einkommen ab, ALG I ebenfalls. So einen Bruch sehe ich da nicht.

Ok, das sind Versicherungsleistungen, das Elterngeld ist steuerfinanziert. Man kann berechtigt viel aussetzen an vdLs Elterngeld, aber Alternativen, die dem Modell "Einkommen Kind" entgegensteuern und die verhindern, daß sich hierzulande fast nur noch das sog. Prekariat vermehrt, würden mich schon interessieren. Das ist nämlich wirklich ein Problem, das die Gesellschaft verändern wird. Es gibt schon heute Sozialhilfekarrieren in dritter Generation.

Btw, "Spezismus" kenne ich nur als Kampfbegriff von militanten VeganerInnen als Analogie zu Rassismus und Sexismus. Gleiche Rechte für Tiere und so..
Das meinst Du aber sicher nicht?

Es haben demnach überhaupt nur diejenigen eine soziale
Solidarität verdient, die für Staat und Wirtschaft etwas leisten
(arbeits-, steuer- oder erziehungstechnisch nützlich sind).
"Nicht-Leister", also Transferempfänger oder Geringverdiener, müssen sich
der "Gemeinschaft" (also in Wirklichkeit der Elite) gegenüber
rechtfertigen und für ihre jeweilige Lebensituation "Eigenverantwortung"
übernehmen, was aber nichts anderes bedeutet, als dass sie für
Arbeitslosigkeit oder Bildungsdefizite individuell selbst verantwortlich
gemacht werden (siehe HartzIV). Damit entziehen sich Staat, Wirtschaft und
Gesellschaft ihrer PFLICHT, eine ausgewogene Sozial- und
Arbeitsmarktpolitik zu realisieren, die es auch geringer gebildeten, oder
anderweitig eingeschränkten Menschen ermöglicht, daran zu partizipieren
und ein mindestens für die Lebenshaltungskosten ausreichendes Einkommen zu
erzielen.

Zunächst einmal entzieht sich zumindest ein Teil dieser Leute der PFLICHT, für ihr eigenes Auskommen zu sorgen. Sozialleistungen wie H4 sollen Nothilfe zur Überbrückung sein, nicht Daueralimentierung. "Schenk einem Hungrigen keine Fische, sondern eine Angel", schrieb meine gute Freundin Lilith (huhu ;-) ) einmal äußerst treffend.
Ausufernde Sozialleistungen, so schön sie sein mögen, haben immer Nachteile: sie erzeugen Abhängigkeit und rufen Mißbraucher auf den Plan. Wie unterscheidest Du ehrlich in Not Geratene und gewiefte Abzocker? Beamte können das jedenfalls nicht, schon gar nicht in einem Rechtsstaat.

Aber ich nehme an, daß Du diese Probleme aber gar nicht zur Kenntnis nehmen willst, geschweige denn Lösungen dafür anzubieten hast.

Ich habe die USA immer für einen Hort unsozialer Politik gehalten. Aber Clintons Sozialhilfegesetze haben das "Welfare queen"-Problem gelöst, es existiert praktisch nicht mehr. Aus Sicht der Kinder, die nicht mehr als Geisel zur Einkommenserzielung mißbraucht und so oft gar nicht mehr geboren (gezeugt) werden, ist das allemal als sozial und humanistisch einzuschätzen.

Eine Statistik
der ARGEN hat kürzlich ergeben, dass nur etwa 0,2 Prozent der
HartzIV-Empfänger als "arbeitsunwillig" eingeschätzt werden - ein krasser
Widerspruch zum gesellschaftlichen Klischee von den "faulen
Arbeitslosen".

Sage ich doch: man kann sie nicht erkennen.
0,2 Prozent? Meine Erfahrungen, gerade mit Alleinverziehenden in den neuen Ländern, sagen mir etwas ganz anderes.

Dabei konkurieren
allerdings zwei Parteien mit gegensätzlichen Interessenschwerpunkten, und
vergleichen könnte man das Ganze damit, dass die Arbeitgeber vom Staat die
Abschaffung der Gewerkschaften fordern! Soviel mal zu den Themen "Freiheit"
und "Gleichberechtigung", die sich die neoliberalen Vertreter angeblich auf
die Fahnen geschrieben haben!

Jawoll, Rot Front! *g*

Nicht alles ist falsch, was Du schreibst, die Entwicklung sehe ich teilweise ähnlich. Aber wer die Dinge so undifferenziert wie Du sieht, Abzocker (wider besseres Wissen, nehme ich an, denn fast jeder kennt solche) in Abrede stellt und nur dumpfe Kommi-Parolen nachbetet, ist kein guter Ratgeber in diesen Dingen. Für Euch Linke regnet, so scheint's, das Manna vom Himmel. Daß man nur verteilen kann, was auch erarbeitet wurde - kein Thema. Daß es ungerecht und in höchstem Maße unsozial ist, wenn eine vierköpfige Familie besser von Stütze als vom Einkommen des Familienvaters lebt - wozu sich damit belasten? Die noch arbeiten, sollen sich's halt auch lieber einfach machen, oder?

So entsteht ein miefiges Klima von Faulheit, Lethargie, null Risikobereitschaft und Gründergeist (aber dafür gibt's ja FrauInnenGründerInnenHilfen, gell?) sowie maßlosem Anspruchsdenken. Ein Karren, dessen Talfahrt sich allein beschleunigt und die nur zum Zusammenbruch führen kann, unausweichlich.


Gruß,
nihi

--
CETERUM CENSEO FEMINISMUM ESSE DELENDUM.

MÖSE=BÖSE

Fast ein Jahr lang suchte sie Hilfe bei Psychiatern, dann wandte sie sich Allah zu.


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