Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit
Ich habe mal alles zusammengefasst. Man beachte auch, dass im Art.63 BayEUG am Ende dieses Beitrages zwar ständig von "Schülerinnen und Schülern" gesprochen wird, aber nur von "Schülerzeitung". Korrekter Weise müsste da doch von "Schülerinnenzeitung und Schülerzeitung" gesprochen werden".
Hier der Bericht vom Schulblog:
Bazillus erkämpft Pressefreiheit
„Bazillus“ sollte die neue Schülerzeitung des Ignaz-Kögler-Gymnasiums im bayerischen Landsberg heißen – die zweite Schülerzeitung allerdings, es gab schon den alteingesessenen „Virus“, der aber längere Zeit nicht erschienen war. Der zwölfjährige Stephan Albrecht hatte das neue Medium gestartet, er wollte sich im Gegensatz zum „Virus“ eher an die jüngeren Schüler wenden. Eine gute Idee, mag man meinen, tolles Engagement, eine Freude für jedes pädagogische Auge, das auf der Suche nach der viel gepriesenen Selbstwirksamkeit der Schüler ist. Immerhin beschwören Pädagogen, Behörden- und Pressevertreter landauf landab die hohe Bedeutung von Schülerzeitungen als wichtige Übung in Demokratie – erst im Oktober hielt gar der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle eine enthusiastische Rede zum Thema anlässlich der Verleihung des Schülerzeitungspreises „DIE RAUTE“ der Hanns-Seidel-Stiftung.
Die Schulleiterin des Ignaz-Kögler-Gymnasiums indes, Oberstudiendirektorin Ursula Triller, war von dem Bazillus-Projekt wenig angetan und verbot die neue Schülerzeitung kurzerhand mit der Begründung, es könne nur eine Schülerzeitung an jeder Schule geben. Könnte sie das Engagement und den Kampfgeist des zwölfjährigen Zeitungsgründers unterschätzt haben? Der zog gegen den Freistaat Bayern vor Gericht, und erwirkte Anfang Dezember eine einstweilige Anordnung. Nun darf er seinen „Bazillus“ verbreiten. Außerdem erfuhr er vor Gericht, wie Merkur online berichtet, dass er laut Gerichtsbeschluss nie um Erlaubnis für sein Blatt hätte fragen müssen: „Eine freie Schülerzeitung brauche für die Produktion keine Genehmigung der Schulleitung, ‘damit keine irgendwie geartete Zensur stattfinden kann’“.
Und die Schulleitung? Die hat eine Stellungnahme auf der Internetseite der Schule veröffentlicht und teilt mit, dass sie weiterhin pädagogische Bedenken gegen eine zweite Schülerzeitung hat. Wenn ich es richtig lese, geht es darum, dass die Gründung der neuen Zeitung aus einem Konflikt mit der alten entstanden ist, der nun nicht gelöst wurde: „Die Neugründung einer eigenen Zeitung im Konfliktfall scheint in unseren Augen nach wie vor keine sinnvolle Lösung zu sein.“ Davor steht sehr viel Positives über Schülerzeitungen im Allgemeinen, einig sind sich auch die Schulleiterin und der junge Herausgeber, dass es „nie um Inhalte“ gegangen sei.
Ich finde das alles sehr ominös. Ist es nicht toll, wenn es eine eigene Schülerzeitung für die jüngeren Schüler gibt? Ist nicht Pressevielfalt in einer demokratischen Gesellschaft wichtig? Wieso wird da zensiert, wenn es nicht einmal um Inhalte geht? Da komme ich nicht mit. Immerhin: Was für eine Freude, dass die Pressefreiheit gesiegt hat. Und Hut ab vor Stephan Albrecht, der so mutig war, vor Gericht zu ziehen. Hoffentlich stellt gibt es seinen Bazillus auch bald online, den würde ich gern mal lesen.
http://alexmank.wordpress.com/2011/12/08/bazillus-erkaempft-pressefreiheit/
Stellungsnahme der Schulleitung:
Schülerzeitung am IKG
Aus aktuellem Anlass
Am 6. Dezember 2011 ist der Schulleitung des Ignaz-Kögler-Gymnasiums folgender Verwaltungsgerichtsbeschluss übermittelt worden: „Es wird vorläufig festgestellt, dass der Antragsteller derzeit berechtigt ist, unabhängig von der Existenz oder Nichtexistenz der Schülerzeitung ‚Virus’ die Zeitung ‚Bazillus’ als Schülerzeitung auf dem Schulgelände des Ignaz-Kögler-Gymnasiums zu verteilen.“
Diese Entscheidung steht damit im Gegensatz zu der bisherigen Rechtsauffassung der Schule, die diese in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus vertrat. Die Schulleitung akzeptiert den Beschluss und ermöglicht nun gemäß der vorliegenden Entscheidung die Verteilung des ‚Bazillus’ auf dem Schulgelände.
Die Schulleitung des Ignaz-Kögler-Gymnasiums betont – entgegen etwaiger anderer Darstellungen – ausdrücklich, dass ihr sehr viel an der verantwortlichen Entfaltung der freien Meinungsäußerung und dem journalistischen Engagement ihrer Schülerinnen und Schüler liegt und sie dieses Engagement von jeher fördert und unterstützt. Seit Bestehen unserer Schule ist die etablierte Schülerzeitung ‚Virus’ ein Forum für kritische Berichterstattung junger Menschen.
In dem Konflikt um die Unterstufenzeitung ‚Bazillus’ ging es zu keiner Zeit um deren Inhalte, sondern ausschließlich um unterschiedliche Rechtsauffassungen, die Auslegung von Art. 63 BayEUG betreffend, und damit um die Frage, ob es an einer Schule zwei Schülerzeitungen geben kann oder nur ein solches Blatt.
Unberührt von dem Beschluss des Verwaltungsgerichts bleiben weiter die pädagogischen Bedenken gegen zwei Schülerzeitungen am Ignaz-Kögler-Gymnasium.
Aus Sicht der Schulleitung ist die Einrichtung einer Schülerzeitung auch und gerade unter pädagogischen Aspekten zu betrachten. Bietet sie Schülerinnen und Schülern einerseits eine Plattform für freie Meinungsäußerung und journalistische Betätigung, muss sie doch andererseits „auf den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule Rücksicht“ nehmen (BayEUG Art. 63,3).
So ermöglicht die Arbeit in einer Schülerzeitungsredaktion in erheblichem Maße soziales Lernen, etwa durch die Notwendigkeit des Abstimmens von Ideen oder den Umgang mit Kritik. Sie erfordert und fördert die Bereitschaft, sich positiv in ein Team einzubringen und Probleme gemeinschaftlich und konstruktiv zu bewältigen. Die Neugründung einer eigenen Zeitung im Konfliktfall scheint in unseren Augen nach wie vor keine sinnvolle Lösung zu sein.
http://www.ikg-landsberg.de/media/news_item.2011-12-08.7166424508
Der Artikel 63 des Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) auf den die Schulleiterin Ursula Triller sich beruft:
Schülerzeitung
(1) 1 Schülerzeitungen sind Zeitungen, die von Schülerinnen und Schülern für Schülerinnen und Schüler derselben Schule geschrieben werden. 2 Die Schülerinnen und Schüler machen durch die Herausgabe von Schülerzeitungen vom Recht der freien Meinungsäußerung Gebrauch. 3 Jede Schülerin und jeder Schüler hat das Recht, an der Schülerzeitung mitzuwirken. 4 Die Redaktion der Schülerzeitung hat das Wahlrecht, ob die Schülerzeitung als Einrichtung der Schule im Rahmen der Schülermitverantwortung oder als Druckwerk im Sinn des Bayerischen Pressegesetzes (BayPrG) erscheint. 5 Die Redaktion soll sich eine beratende Lehrkraft wählen, die die Schülerzeitung pädagogisch betreut.
(2) Erscheint die Schülerzeitung als Druckwerk im Sinn des Bayerischen Pressegesetzes, soll die Schulleiterin oder der Schulleiter die Herausgeber und Redakteure über die presserechtlichen Folgen (Art. 3 Abs. 2, Art. 5 , 7 bis 10 und 11 BayPrG) informieren. Die Haftung der Erziehungsberechtigten für minderjährige Schülerinnen und Schüler bleibt unberührt. Die Schule unterrichtet die Erziehungsberechtigten der mitwirkenden minderjährigen Schülerinnen und Schüler über die Entscheidung der Schülerzeitungsredaktion, die Schülerzeitung als Druckwerk im Sinn des Bayerischen Pressegesetzes herauszugeben.
(3) Die Grundsätze einer fairen Berichterstattung sind zu beachten; auf die Vielfalt der Meinungen und auf den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule ist Rücksicht zu nehmen.
(4) Soll die Schülerzeitung auf dem Schulgelände verteilt werden, ist der Schulleiterin oder dem Schulleiter rechtzeitig vor Drucklegung ein Exemplar zur Kenntnis zu geben. Sie oder er kann Einwendungen erheben. Berücksichtigt die Redaktion die Einwendungen nicht, so hat sie die Schülerzeitung zusammen mit einer Stellungnahme dem Schulforum vorzulegen. Das Schulforum soll auf eine gütliche Einigung hinwirken; scheitert die gütliche Einigung, kann das Schulforum die Verteilung der Schülerzeitung auf dem Schulgelände untersagen.
(5) Soweit der Inhalt der Schülerzeitung das Recht der persönlichen Ehre verletzt oder in anderer Weise gegen Rechtsvorschriften verstößt, kann die Schulleiterin oder der Schulleiter die Verteilung auf dem Schulgelände, und für den Fall, dass die Schülerzeitung als Einrichtung der Schule im Rahmen der Schülermitverantwortung erscheint, auch die Herausgabe untersagen; die Schulleiterin oder der Schulleiter begründet die Entscheidung innerhalb einer Woche schriftlich.
http://by.juris.de/by/EUG_BY_2000_Art63.htm
Rainer
--
![[image]](Info/Img/feminismus-gegen-frau-kl-1.png)
Kazet heißt nach GULAG jetzt Guantánamo
gesamter Thread:
- Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit -
Müller,
08.12.2011, 17:41
- Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit -
dentix07,
09.12.2011, 00:31
- Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit - Karl Toffel, 09.12.2011, 02:30
- Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit - Dummerjan, 09.12.2011, 11:28
- Das Verrückte an unserer "Demokratie" ... - Andreas2, 09.12.2011, 00:41
- Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit -
Rainer,
09.12.2011, 09:45
- Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit -
Hinweis,
10.12.2011, 01:27
- Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit - Link zu Spiegel Online - Christine, 10.12.2011, 10:54
- Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit - Rainer, 10.12.2011, 11:48
- Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit -
Hinweis,
10.12.2011, 01:27
- Direktor_In: Kleines Zahnrad im großen Uhrwerk der Meinungsunterdrückung - Pilsberater, 09.12.2011, 11:21
- Wir haben das damals pragmatisch gelöst... -
Kritiker,
09.12.2011, 12:43
- Wir haben das damals pragmatisch gelöst... - Dummerjan, 10.12.2011, 06:28
- Bayern: Zwölfjähriger klagt für Pressefreiheit -
dentix07,
09.12.2011, 00:31