PROTOKOLL einer Scheidung und die Verlierer
PROTOKOLL einer Scheidung und die Verlierer
Sie haben Gelegenheit zu beobachten, wie die Betroffenen die Scheidung erleben. "Die Scheidung" – das ist nicht ein punktuelles Ereignis, das wie der Hochzeitstag ein einmaliger festliegender später in die Vergangenheit abwandernder Zeitpunkt, der negative Pol sozusagen der Hochzeit, in dem rückgängig gemacht wird, was im Nachhinein als falsch empfunden wurde. Die "Scheidung" ist vielmehr ein neuer Lebenszustand, auch Erlebenszustand, der sehr viel Unbekanntes, Unsicheres, Verunsicherndes mit sich bringt. Nicht wie der Bau des ersten Hauses, bei dem es trotz aller Unbilden doch immer wieder vorwärts oder weiter geht, bei dem alles viel teuerer wird als geplant, schon die Kosten für Gericht, für Anwälte, für Gutachter für den Notar. Und dann immer wieder die Frage: "Wer bezahlt es", muss ich das auch noch tragen. Erfreuliches und Entlastendes gibt es nicht mehr, alles ist entweder normal oder schlechter. Am Ende ist man froh, wenn es vorbei ist; dieses Gefühl hat die Feder für so manchen Vergleich geführt, hat so manches Verfahren vermieden. Prozessmüdigkeit tritt ein. Die älteren unter den Lesern erinnern sich sicher noch daran, dass im Krieg die Weihnachten gezählt wurden. Und wenn von der "fünften Kriegsweihnacht" die Rede ist, dann spürt man am Tonfall die Erschöpfung, die Traurigkeit, die mitschwingt, die Sehnsucht nach Frieden.
Sie haben Gelegenheit zu beobachten, wie trotz aller Sorgfalt der anwaltlichen Begleitung, trotz eigener Wachsamkeit und Zuarbeit Gelungenes und Misslungenes sich nicht mehr die Waage halten. Das Misslungene kommt nicht allein aus Fehlgeschlagenem, aus Fehleinschätzungen, aus Fehlern, sondern aus den vielen Hoffnungen nach besseren Ergebnissen, die nicht erfüllt werden. Schlicht, ein solches Scheidungsverfahren ist letztlich ein Frust, den es durchzustehen gilt. Wie eine Art Krankheit, die sich langwierig und mühevoll dahin zieht und am Ende steht zwar das Überleben, aber auf einem stark reduzierten Niveau. (S. 14f.)
(...)
Schreiben von Frau Krieger an Herrn Zahler, vom 6. Januar 2000:
"Sehr geehrter Herr Zahler,
in vorgenannter Sache danke ich zunächst noch einmal für die Mandatserteilung.
Ich habe mit gleicher Post Frau Rechtsanwältin Reibacher auf Ihr Schreiben geantwortet. Sie erhalten als Anlage eine Abschrift des Briefes.
Bezüglich der Trennungszeit habe ich anklingen lassen, dass Sie einverstanden wären, eine schon länger dauernde Trennung zu bestätigen, so dass Ihre Frau die Möglichkeit hätte, Scheidungsantrag schon jetzt zu stellen. Sie sehen auch, dass ich - wie besprochen - angekündigt habe, dass Sie vorläufig und für den Fall einer einvernehmlichen Auseinandersetzung (statt der besprochenen 500,-- doch nur) 400,-- DM für Unterhalt zu zahlen bereit sind, wir uns aber eine ordnungsgemäße Berechnung vorbehalten, bei der dann auch das eigene Einkommen Ihrer Frau Berücksichtigung finden muss. Ich habe auch anklingen lassen, dass ihre Frau verpflichtet ist, eine vollzeitige Berufstätigkeit auszuüben, denn schließlich hat sie keine Gründe, nicht ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.
Ich habe dann auch gleich die Frage der Vermögensauseinandersetzung angesprochen und diesen Punkt etwas vage formuliert. Mit der Anmerkung, dass im Vertrag dann auch gleich Gütertrennung vereinbart werden soll, stelle ich klar, dass die Auseinandersetzung auch den Zugewinnausgleich mit umfassen soll.
Der "Widerruf des Testamentes" ist so einfach nicht möglich. Es handelt sich bei Ihrer letztwilligen Verfügung um einen Erbvertrag, der noch etwas formalistischer betrachtet wird als das schon das gemeinschaftliche Testament ist. Der einfachste Weg, diesen Vertrag aufzuheben ist die einvernehmliche Aufhebung in einem neuen (notariellen) Vertrag. Aber auch der Widerruf müsste in notarieller Urkunde erfolgen und dann vom Notar Ihrer Frau in Ausfertigung zugestellt werden. Dann könnte noch darüber gestritten werden, ob die Widerrufsgründe, die dort aufgeführt sind, ausreichen. Versuchen wir es erst einmal mit der Vereinbarung.
Noch erörtert haben wir bei unserem Gespräch den Versorgungsausgleich, der auch im Zusammenhang mit der Scheidung durchgeführt werden muss. Dann wird ermittelt, welche Rentenanwartschaften während der Ehe beiderseits erworben worden sind, ermittelt, wer höhere Anwartschaften hat und die Hälfte des überschießenden Betrages auf das Rentenkonto des Ehegatten übertragen.
Das bedeutet bei Ihnen, dass wahrscheinlich ganz erhebliche Ansprüche auf Ihre Frau übergehen, die - wenn ich das richtig verstanden habe - während der Ehe nie vollzeitig gearbeitet und mithin keinerlei Rentenanwartschaften in der Ehezeit selbst begründet hat. Allerdings genießen Sie das so genannte Rentnerprivileg, was bedeutet, dass Sie trotz des durchzuführenden Versorgungsausgleiches ihre Rente solange in voller Höhe beziehen, bis Ihre Frau selbst Rente bezieht und so ihren übertragenen Anteil in Anspruch nimmt. Sie können aber sicher sein, dass dann auf jeden Fall wenigstens keine Unterhaltsansprüche mehr bestehen werden, denn der Teil der Altersversorgung, der aus dem Versorgungsausgleich stammt, wird wie Unterhaltszahlungen betrachtet.
Ich melde mich wieder, wenn die Kollegin antwortet.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin" (S. 28f.)
(...)
Wer sich erinnern möchte, kann zurückblättern und zurückblicken. Im zweiten Brief der Akte überhaupt, verfaßt am 06.01.2000 von Frau Rechtsanwältin Krieger, schlägt diese der Gegenseite vor, den gesamten Bereich der Vermögensregelung durch notariellen Vertrag zu regeln. Danach wäre das Haus der gemeinsamen Tochter übertragen worden – oder auch auf Geron Zahler zu Alleineigentum, das macht keinen Unterschied - gegen Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 130.000 DM.
Aus dem Verkauf des Hauses - letztlich zur Abwendung der Versteigerung - hat jeder Ehepartner von der Käuferin an die finanzierende Sparkasse einen Betrag in Höhe von 51.500 € erhalten. Hiervon waren die zur Finanzierung des Hauses noch zu berichtigenden Restverbindlichkeiten zu begleichen, so dass jeder der Eheleute von der Sparkasse einen frei verfügbaren Kaufpreisanteil in Höhe von 43.445,01 € erhielt. Sie können dies, lieber Leser, in den Unterlagen über die Abwicklung des Grundstücksverkaufs nachlesen, die maßgebliche Notiz des Geron Zahler findet sich auf Seite 540 dieses Buches.
Dieser Betrag also (43.445,01 €) ist bei der Vergleichsberechnung einzusetzen.
Es ist damit auf der Hand liegend, dass Frau Zahler mit den angebotenen 130.000 DM Anfang des Jahres 2000 weit besser gefahren wäre als mit der über zwei Jahre später erlösten Auszahlungssumme. Es wäre ihr sogar der Zinsgewinn geblieben für den Zeitlauf von gut zwei Jahren, den wir vereinfacht mit 10.000 DM schätzen. Damit ist einem gesamten wirtschaftlichen Vorteil von 140.000 DM aus dem Erstangebot der Frau Rechtsanwältin Krieger der tatsächlich erlöste Betrag von 43.445,01 € gegenüber zu stellen. Auch ohne Umrechnung auf den Eurowert liegt auf der Hand, dass Frau Zahler mit der Ablehnung der Einigung wesendlich ungünstiger "gefahren" ist.
Das Interessante an der Sache ist aber, dass - man kann es kaum glauben - auch Geron Zahler mit dem Vergleichsvorschlag seiner Rechtsanwältin insgesamt günstiger über die Runde und zu einem Ergebnis gekommen wäre, und das allein schon aus der rechnerischen Beurteilung. (S. 774f.)
--
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gesamter Thread:
- Wenn Männer der Vergewaltigung bezichtigt und verurteilt werden, dann machen es alle Medien massiv Public, aber... -
Christian,
28.09.2011, 14:22
- Es gibt kein Recht, in einem feministischen System kann es das nicht geben! -
Aladin,
28.09.2011, 14:43
- Ergänzung - Aladin, 28.09.2011, 17:19
- Sat1 "Lenßen & Partner" -
t,
28.09.2011, 15:12
- Um nicht als unproduktiver Mauler zu gelten. -
t,
28.09.2011, 15:16
- Um nicht als unproduktiver Mauler zu gelten. -
Christian,
28.09.2011, 15:33
- Würde ich nie leugnen, aber (habe ich ja auch) bessere Quellen wählen. -
t,
28.09.2011, 16:24
- Das Ziel ist wichtig, Moral spielt ggf. auf dem Weg dahin nicht so die Rolle. - Aladin, 28.09.2011, 16:44
- Würde ich nie leugnen, aber (habe ich ja auch) bessere Quellen wählen. -
t,
28.09.2011, 16:24
- Ansatzpunkt: Das Problem sind die Juristen -
Mus Lim,
28.09.2011, 18:16
- Ansatzpunkt: Das Problem sind die Juristen - Aladin, 28.09.2011, 18:40
- These - Antithese - Synthese -
Rainer,
28.09.2011, 20:33
- Peter Strawanza: Ware Kind -
Mus Lim,
28.09.2011, 22:04
- PROTOKOLL einer Scheidung und die Verlierer - Mus Lim, 28.09.2011, 22:06
- Die Wahrheit! - Kermit, 29.09.2011, 01:22
- Peter Strawanza: Ware Kind -
Mus Lim,
28.09.2011, 22:04
- Um nicht als unproduktiver Mauler zu gelten. -
Christian,
28.09.2011, 15:33
- Sat1 "Lenßen & Partner" -
Christian,
28.09.2011, 15:18
- Sat1 "Lenßen & Partner" -
Fernseher,
28.09.2011, 15:31
- Das sehe ich auch so - Mus Lim, 28.09.2011, 18:12
- Das wäre dann hier zu finden. :) - t, 28.09.2011, 15:32
- Sat1 "Lenßen & Partner" - Kurti, 28.09.2011, 16:54
- Sat1 "Lenßen & Partner" -
Fernseher,
28.09.2011, 15:31
- Drehbuch - Mus Lim, 28.09.2011, 18:08
- Um nicht als unproduktiver Mauler zu gelten. -
t,
28.09.2011, 15:16
- Es gibt kein Recht, in einem feministischen System kann es das nicht geben! -
Aladin,
28.09.2011, 14:43