Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Einwurf, Herr Roslin

Narrowitsch, Berlin, Friday, 19.08.2011, 15:13 (vor 5244 Tagen) @ Roslin

Die Frage, in WELCHEN Familien die Kinder geboren werden, ist auch nicht
beantwortet.
Wenn das vor allem Unterschichtkinder sind, ist leider zu befürchten,
dass hier neue Sozialhilfedynastien begründet werden, die den Bankrott des
Systems sogar noch beschleunigen, denn diese Kinder werden, aller
Wahrscheinlickeit nach, nicht nur nicht einzahlen in die Sozialkassen,
später als Erwachsene, sondern selbst Unterstützung benötigen.

Daran, verehrter Roslin, ist nicht allein die Zugehörigkeit zur Unterschicht verantwortlich, sondern das verderbliche Wertegefüge in unserem Land, welches Medienwirksamkeit noch verstärkt.

Es ist ein signifikanter Unterschied, ob in den Kreisen der Armen und Verarmten für die junge Generation als höchstes Ziel der Gewinn bei DSDS ausgegeben wird, oder der Aufstieg zum Supermodel, Fußballstar, oder ob Wissenserwerb und Beruf(ung) Prestige verspricht. Eine Gesellschaft, und hier meine ich Gesellschaft und nicht Staat oder Bevölkerungsgruppe,in einer Gesellschaft also, in der der innere Drang nach Wissen, nach Können, nach Bildung von Fähigkeit in den Hintergrund rückt, verschenkt eine Ressource, die sich als weitaus ergiebiger erweisen dürfte, als die, die Gesellschaftskonstrukteure im angeblich brach liegendem Potenzial gut ausgebildeter Frauen vermutet. Die Geschichte lehrt, dass die sogenannten Unterschichten über die Fähigkeit verfügen, jeden Verlust an "Eliten" zu ersetzen. Ich berufe mich hier nicht nur auf antike Gesellschaften und Völker, sondern auch auf die Erfahrungen aus der Nachkriegszeit. Der in allen Schichten verbreitete Wille zum Wiederaufbau, auch der Wille, dem Gemeinwesen wieder auf die Beine zu helfen brachte zahlreiche, später hoch angesehene, Leute von ganz unten nach ganz oben. Warum wohl?

Die Aussicht auf soziale Hängematte erklärt Missstände nur zum Teil. Ich vermute, dass die Identifikation mit dem Land, in dem man lebt, dass die quasi Abwesenheit des Ansehens von Tugenden (was für ein verstaubtes Wort, oder?), entscheidenden Anteil an allen derzeitigen gesellschaftlichen Problemen trägt. Ich nenne nur Strebsamkeit, Ehrlichkeit, Sparsamkeit, eine gewisse Selbstlosigkeit, Dankbarkeit, Gemeinsinn und der gleichen mehr. Nicht zu vergessen, die Geburt eines Kindes nicht oder nicht nur unter ökonomischen Aspekten zu sehen.

Ich bin mir sicher, in einem Land, in dem Eltern auf ihre Kinder stolz sein wollen und Kinder auf die Eltern, sieht es geburtenmäßig anders aus. Wo sich Eltern nur wenig von der anfänglichen Hilflosigkeit ihrer Nachkommen entzücken lassen, vom wachsen, vom "etwas werden", gibt es wenig Grund für Kinder. In allen Schichten...

Des Pudelskern liegt nicht in pekuniären Problemen, sondern in inneren Haltungen ganzer Völker zum Leben und dessen Sinn. Im Lebensentwurf "Karriere" zum alleinigen Zweck des Geldmachens, zum Zwecke der Unabhängigkeit von allem und jedem, namentlich von persönlichen und stabilen Beziehungen, wird sich wenig Platz finden lassen, für Kinder um ihrer selbst willen. Daran geht das System zugrunde.

Herzliche Grüße

Narro

--
Extemplo simul pares esse coeperint, superiores erunt-

Den Augenblick, sowie sie anfangen, euch gleich zu sein, werden sie eure Herren sein.


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