Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Bischöfin schimpft ... Dann hätte Frau Käßmann ...

Ekki, Tuesday, 17.04.2007, 22:22 (vor 6820 Tagen) @ Nihilator

Hallo Nihilator!

Hallo Ekki!

Die Kindererziehung ist der einzige Bereich, in dem wir dem
Phänomen begegnen, daß man ausgerechnet Vertreter einer Organisation,

die

sich "freiwillig" zum Verzicht auf eine "aktive Beschäftigung" mit

einem

bestimmten Thema bereiterklären, in Bezug auf eben jenes Thema für
besonders kompetent hält.

Daß die Vertreter dieser Organisation den Rest der Menschheit penetrant
zur aktiven Beschäftigung mit diesem Thema - sprich Kinderzeugung -
anhalten, steigert diesen Irrsinn.


Schlecht machst Du das ja nicht, vom Bereich "Kindererziehung" fast
unbemerkt zur Kinderzeugung umzuschwenken. Klein bissel Demagoge bist Du
aber auch, was? :-)

Weil es eben doch ein wesentlicher Unterschied ist, ob man berufsmäßig Kinder erzieht, und/oder statt dessen eigene Kinder + eine eheliche Lebensgemeinschaft hat.


Selbstverständlich sind beide Kirchen bei diesem Thema absolut kompetent,
wer sonst? Sie unterhalten schließlich ein Großteil der Betreuungsplätze
für Vorschulkinder.

Bist ein gelehriger Schüler in Sachen Demagogie:

Schmeißt schlankweg beide Kirchen in einen Topf, obwohl doch Heirat und Familiengründung durch Pastoren einer der wesentlichsten und weitreichendsten Neuerungen der Reformation waren.

Ich glaube, man darf beiden Kirchen getrost unterstellen, daß sie diesen Unterschied für wesentlich halten.

Und deshalb sind verheiratete Familienväter und -mütter - ob sie nun Geistliche sind oder nicht - um Längen kompetenter als Zölibatäre.

Und bevor Du nun den Demagogie-Vorwurf mit Blick auf meine eigene Kinderlosigkeit erneuerst:

Ich behaupte mitnichten, in Sachen Kindererziehung kompetent zu sein.

Aber es geht mir halt tierisch auf den Sack, daß Leute, die qua Statut ihrer Organisation kinderlos sind, sich nicht nur unentwegt dazu äußern, sondern meinen, auf diesem Gebiet andere Menschen, die Kinder haben - notfalls sogar solche, die 7 wohlgeratene, nicht verwahrloste Kinder großgezogen haben - schulmeistern zu müssen.

Selber Vögeln bzw. Heiraten (Zölibat ist schließlich nur ein Eheverbot)

Laut Auskunft von katholischen Laien-Funktionären gibt es im Haushalt jedes deutschen Bistums einen Posten, aus dem Alimente für die Priesterkinder, die es offiziell nicht geben darf, gezahlt werden.

Aber warum darf es diese Priesterkinder offiziell nicht geben?

Wenn das Zölibat "schließlich nur" ein Eheverbot wäre, dann könnte die heilige Mutter Kirche ja offen verkünden:

"Priester dürfen nicht heiraten, im übrigen aber können und sollen sie koitieren und zeugen, was das Zeug hält."

Wenn ich jetzt nicht zu faul wäre, würde ich Dir auf www.vatican.va und anderen Internet-Ressourcen diejenigen Aussagen des jetzigen Papstes und seiner Vorgäner heraussuchen, in denen sie mit äußerster Schärfe und Klarheit betonen, daß Zölibat den umfassenden Verzicht auf Geschlechtsleben bedeutet.

Die besagten Haushaltsposten sowie die heimlichen Verhältnisse und/oder Kinder vieler Priester sind vor dem Hintergrund der Tatsache, daß innerhalb der katholischen Kirche die Laien und außerhalb von ihr Millionen und Abermillionen von Geistlichen verschiedenster Glaubensrichtungen Familie offen leben, nicht etwa ein Ausweis für "augenzwinkernde Humanität", sondern einer Form von Schizophrenie und Wahnsinn in organisierter Form, wie ihn ansonsten nur die Kommunisten zu bieten hatten, bei denen die Bonzen die klassenlose Gesellschaft predigten und sich selbst in materieller Prasserei suhlten.

sehe ich eher nicht als zwingende Voraussetzung für Kindererziehung...

Ist es auch nicht. Ich hätte im Übrigen noch nicht einmal ein Problem damit, daß Kinder (in Kindergärten und Schulen) von Menschen erzogen werden, die selbst keine Kinder haben. Solche Menschen hat es auch unter meinen Lehrern gegeben.

Womit ich aber ein Problem habe, dazu mehr in der Antwort auf folgendes Zitat:

Und daß niemand merkt - oder auszusprechen wagt, daß die Tatsache, daß

auf

besagter Pressekonferenz eine Vertreterin der protestantischen Kirche,
deren Gründer Martin Luther mit dem Zölibat in den eigenen Reihen
aufgeräumt hatte, gemeinsam mit einem Vertreter der katholischen

Kirche,

die an diesem Zölibat festhält (ungeachtet der Vitalität vieler
anderer Glaubensgemeinschaften, die den Zölibat nicht kennen oder nie
gekannt haben, einschließlich der ältesten monotheistischen

Religion,

des Judentums!!![/b]), auftritt, in jeder Hinsicht himmelschreiend ist

-

das zeigt, wie es um die "Meinungsfreiheit" in diesem unserem Lande
bestellt ist.


Was soll daran himmelschreiend sein? Ich kann Dir da nicht folgen.

Hier ist eine Grundsatzfrage berührt, welche lautet:

Ist es überhaupt hinnehmbar, daß irgendjemand auf die Entscheidung anderer Menschen über ihren Familienstand in irgendeiner Weise Einfluß nimmt?[/u]

Daß meine Antwort "nein" lautet, ist klar.

Ich sehe hier übrigens eine starke Parallele zu anderen, inzwischen in unseren Breiten überwundenen Dingen wie

- Ständegesellschaft
- Sklaverei
- Todesstrafe

Diese und andere Dinge (die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit) waren, als sie existierten, für viele selbstverständlich, und die Reaktionen auf Menschen, die sie abschaffen wollten, reichten von verbaler Ablehnung bis hin zu Mord.

In meinen Augen ist die Entscheidung über Familienstand und Fortpflanzung Privatsache und unveräußerliches Grundrecht jedes Individuums. Unser Grundgesetz kennt einen unveräußerlichen Bestand an Grundrechten, die von niemandem angetastet werden dürfen. Sie sind von der sogenannten Ewigkeitsklausel (Art. 79 Abs. 3) geschützt:

?Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.?

In diesen Kanon müßte nach meiner festen Überzeugung besagte Entscheidung über Familienstand und Fortpflanzung aufgenommen werden, oder besser gesagt, es müßte einmal offiziell überprüft werden, ob besagte Entscheidung nicht bereits heute unter das Selbstbestimmungsrecht fällt.

Wie klar es auch den Verteidigern der katholischen Kirche ist, daß das Zölibat verfassungsrechtlich zumindest heikel ist, kann man bei auf der Homepage von Norbert Geis (CSU) nachlesen, einem in vielen Talkshows präsenten Verfechter konservativer Werte:

Da mit dem Recht auf Eheschließungsfreiheit nicht die individuelle Freiheit, sondern das Institut der Ehe gemeint ist, das der Staat zu garantieren hat, ergeben sich daraus auch Schranken der Eheschließungsfreiheit. Die Verfassung versteht die Ehe als Einehe. Deshalb sind Bigamie und Mehrehe nicht erlaubt. Wir kennen das Eheverbot innerhalb der Verwandtschaft oder das Inzestverbot. Auf der anderen Seite sind Zölibatsklauseln ? danach ist das privat vereinbarte Eheverbot auf Zeit zu verstehen ? unzulässig.23 Ausnahmen von der Unzulässigkeit der Zölibatsklausel gibt es nur dann, wenn verfassungsrechtlich gleiche Schutzgüter in Konkurrenz treten. Für die Besetzung konfessionsbezogener Ämter, wie z. B. in der katholischen Kirche, wird dies wegen Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 137, Abs. 3 WRV allgemein bejaht.
http://www.norbert-geis.de/ueberzeugungen/ehe.htm

Zu den von Geis genannten Verfassungsartikeln im Einzelnen:

Art. 137 GG
(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

Bewegt sich eine Verpflichtung zur Ehelosigkeit "innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes"?

Art. 140 GG:
Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Geis bezieht sich oben insbesondere auf Art. 137 Abs. 3 WRV (= Weimarer Reichsverfassung). Dieser ist identisch mit dem oben zitierten Art. 137 GG.

Da gibt es aber noch Art. 136 WRV, der besagt:
Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.

Und die Freiheit, eine Ehe einzugehen (oder eben nicht) - ist sie kein bürgerliches Recht? Oder sogar - ein Menschenrecht?

Ehe- und Kinderlosigkeit haben viele verschiedene Ursachen. Aber beides für die Bedingung zur Ausübung irgendeines Amtes zu machen, ist in meinen Augen ein Unding.

Interessant übrigens:

Geis spricht in seinem obigen Zitat von einer Zölibatsklausel als einem "privat vereinbarte Eheverbot auf Zeit"! "Auf Zeit" bedeutet für mich "mit einer im Vorhinein festgelegten zeitlichen Beschränkung versehen". Das Zölibat dagegen soll den Zölibatär ja bis an sein Lebensende binden. Allerdings - es lebe die juristische Wortklauberei! - ist es nicht zu leugnen, daß uns allen zeitliche Schranken durch den Tod gesetzt sind, womit die Logik wieder im Lot wäre.

EIN unabweisbares Argument hat die katholische Kirche allerdings auf ihrer Seite:

Zum Priesteramt wird niemand gezwungen.

Eben!!! Und deshalb wird die Zölibats-Schweinerei auch nicht von gelahrten verfassungsrechtlichen Diskussionen erledigt werden, sondern von dem sich weiterentwickelt habenden Bewußtseinsstand der Menschen, die mit ihrer stillen, aber wirkungsmächtigen Verweigerung bereits jetzt in vielen Ländern dabei sind, dieses unmenschliche Institut einfach auszutrocknen.


Warum mich das alles überhaupt umtreibt? Müßte es doch nicht, oder? Ich bin schließlich kein katholischer Priester

Nö, müßte es nicht. Es war zu allen Zeiten ein unfehlbares Rezept für Gemütsruhe und Lebenssicherheit, sich nur um seinen eigenen Dreck zu kümmern und sich den Rest am Arsch vorbeigehen zu lassen.

Insofern bin ich wohl wirklich bescheuert, mich über Mißstände zu echauffieren, die mich gar nicht direkt betreffen.

Gruß

Ekki

--
Ich will ficken, ohne zu zeugen oder zu zahlen.
Lustschreie sind mir wichtiger als Babygeplärr.


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