Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Freiheit statt Feminismus!

hquer, Tuesday, 16.01.2007, 21:51 (vor 6900 Tagen) @ Christine

Familienrecht.
Wie stark darf der Staat die Lebensentwürfe der Bürger steuern? Eine
Streitschrift zur ökonomischen Theorie der Familie und zur Politik der
Regierung.

Nach der Reform ist vor der Reform - die gute Nachricht ist, dass sie das
im Familienministerium genauso sehen. Das Elterngeld, das seit wenigen
Tagen Gesetz ist, die Absetzbarkeit von Betreuungskosten, die sanfte
Ermunterung an die Väter, sich an der Erziehungsarbeit zu beteiligen, das
alles ist für Ursula von der Leyen (CDU) nur der Einstieg in eine "neue
Familienpolitik". Die Ministerin hat die Evaluierung aller
familienpolitischen Leistungen angekündigt, die sich laut
Bundesfinanzministerium auf 98,8 Milliarden Euro jährlich belaufen.
Mutterschafts-, Erziehungs- und Kindergeld, die kostenlose Mitversicherung
für Kinder, Unterhaltsvorschuss, Rentenzuschlag und Kinderbetreuung, alles
soll auf den Prüfstand.

Die schlechte Nachricht ist, dass das Ergebnis dieser Prüfung schon
feststeht, denn von der Leyen richtet ihre Familienpolitik nicht an den
Familien, sondern an ihrem persönlichen Bild von Familie aus, genauer: am
Ideal der akademisch ausgebildeten, berufstätigen Mutter, die Erwerbs- und
Erziehungsarbeit gefälligst unter einen Hut zu bringen hat. Danach sollen
Frauen erstens so ungestört wie möglich berufstätig sein können, um der
Wirtschaft ihre Arbeitskraft zuzuführen, zweitens gleichzeitig Kinder
gebären zur Entlastung der Sozialsysteme und zur Aufzucht dringend
benötigten Humankapitals. Das nächste Ergebnis dieser Politik, das ist
nicht schwer vorherzusehen, wird die Abschaffung der kostenlosen
Mitversicherung von nichterwerbstätigen Familienmitgliedern in der
gesetzlichen Krankenkasse sein.

Der Skandal dieser Politik liegt nicht darin, dass es sie nicht geben
dürfte, im Gegenteil: Als Angebot ist die simultane Vereinbarkeit von
Familie und Beruf längst überfällig, vor allem für Alleinerziehende, schon
deshalb, weil viele Familien ihren Lebensunterhalt mit einem Einkommen
nicht (mehr) verdienen können, natürlich auch als bare Möglichkeit für
Frauen, die sich dafür entscheiden. Der Skandal liegt vielmehr darin, dass
der Staat mit seiner Politik keine Optionen eröffnet, sondern einseitig
Fakten schafft. Er setzt sich über die Bedürfnisse aller anderen
Lebensformen, einschließlich der traditionellen Familie, hinweg, um eine
gesellschaftliche Realität zu erzwingen.

Damit mischt sich der Staat in die denkbar größte Privatsache derer ein,
die ihn bilden, betreibt familienpolitische Planwirtschaft. Er
verabsolutiert (s)ein Familienbild - und weitet den Sozialstaat mit der
Prämierung von beruflichem Erfolg auch noch auf diejenigen aus, die es am
wenigsten nötig haben: die Wohlhabenden. Und die Wissenschaft leistet
fröhlich Beihilfe. Zur Erleichterung des elterlichen Gewissens hat sie das
mütterliche Liebeskonzentrat erfunden: "Qualitätszeit" für das
"selbstständige Baby", dem Beziehungen wichtiger sind als Bezugspersonen.
Unter dem Deckmantel der "empirischen Evidenz" von vergleichenden
Bevölkerungspyramiden, Fertilitätsquoten und Geburtenraten erteilen
Studien dem Staat die Lizenz zum social engineering; mit immer neuen
Hochrechnungen normieren sie das politisch Geforderte.

"Wenn nur die akademisch ausgebildeten Mütter, deren jüngstes Kind noch
keine ganztägige Betreuungseinrichtung besucht - circa 245.000 Frauen -,
eine Arbeit aufnehmen würden", so das Stoßgebet einer Studie von Roland
Berger im Auftrag der Robert-Bosch-Stiftung, würden "die öffentlichen
Haushalte Steuermehreinnahmen von 2,2 Milliarden Euro verbuchen und die
Sozialversicherungsträger 2,7 Milliarden Euro". 245.000 Frauen und ihre
Produktivkraft - das ist das Maß der "neuen Familienpolitik". 245.000
Frauen - 0,3 Prozent der Bevölkerung.

Hier
gehts weiter

Dieser Gesetzesentwurf ist ein Beispiel dafuer, dass sich zunehmend auch bürgerliche Parteien mit feministisch gefärbten Gesetzesvorschlägen profilieren wollen; offenbar um weibliche Stimmen zu fangen. Es ist kein Zufall, dass solch ein Vorschlag kaum politische Gegner findet.

In den meisten Ehen herrscht heutzutage noch immer eine gewisse Arbeitsteilung, d.h. der Mann (Vater) ist fuer den Hauptteil des Einkommens zuständig, während die Frau (Mutter) sich wesentlich stärker im Haushalt und gegebenenfalls die Kindererziehung engagiert; allenfalls nimmt sie noch einen Teilzeitjob wahr. Man mag diesen Zustand ablehnen, befürworten oder ihm allenfalls neutral gegenüberstehen; er ist in jedem Fall auf die Entscheidung von zwei erwachsenen und urteilsfaehigen Menschen zurueckzuführen, die beschlossen haben, auf diese Weise einen Lebensabschnitt miteinander zu verbringen.
Auch solche Aufgabenteilungen werden wohl auf den Prüfstand kommen. Schliesslich geht es um ein Idealbild.

Im übrigen halte ich die immer weitergehende Einmischung des Staates in die Angelegenheiten der Ehen für Bevormundung. Was geht es den Staat an, wer wie zum Gedeihen der Partnerschaft beiträgt? Antwort: Solange keine Ausbeutungssituation vorliegt, geht es den Staat gar nichts an. Wer die Hausfrauenehe nicht will, soll sich in der Ehe entweder entsprechend organisieren oder allenfalls ganz auf eine Ehe verzichten; wer die Hausfrauenehe will, der muss sich halt auf ein beiderseitiges Geben und Nehmen von nicht direkt miteinander vergleichbaren Dienstleistungen einrichten.

Der Wahn kennt keine Grenzen.

hquer


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