Wanderausstellung "Rosenstraße 76"
Ich arbeite wegen meinem Buchprojekt u.a. auch an der Rolle der Kirchen an der Familienzerstörung und habe herausgefunden, dass die Ausstellung "Rosenstraße 76" aus dem kirchlichen Bereich kommt.
"Rosenstraße 76" ist eine Wanderausstellung über häusliche Gewalt, die vom Diakonischen Werk der EKD und Brot für die Welt gezeigt wird.
Die Ausstellung, die mit Mitteln des Jugendministeriums Nordrhein-Westfalen gefördert wird, ist ein Projekt der Evangelischen Kirche von Westfalen und wurde erstmals 2005 auf dem Evangelischen Kirchentag in Hannover gezeigt. (Bild 1)
1. Die Ausstellung wird wie folgt vorgestellt:
Die Augen öffnen: Häusliche Gewalt überwinden
Die Rosenstraße 76 ist eine ganz normale Dreizimmerwohnung - und dabei eine einzigartige Ausstellung! Sie steht exemplarisch für Räume, in denen die Gewalt zu Hause ist. Dies ist einer der brutalen Orte, an dem Menschen psychisch und sexuell erniedrigt, geschlagen, vergewaltigt und manchmal auch getötet werden. (aus: Kurzvorstellung der Ausstellung)
2. In der Ausstellung bekommt der Besucher folgende Hinweise:
Die Familie wird als gefährlicher Ort diskreditiert:
Für Frauen sind die eigenen vier Wänd der gefährlichste Ort. (Bild 3)
Die Gewalterfahrung von Männern bleibt ausgeblendet:
Schlagende Argumente: 23 Prozent aller in Deutschland befragten Frauen zwischen 16 und 85 Jahren gaben an, körperliche Gewalt durch ihren Partner erlebt zu haben. (Bild 4)
Der private Bereich wird dem staatlichen Zugriff geöffnet. Täterinnen gibt es nicht und Männern werden rechtsstaatliche Mittel entzogen:
Wer schlägt, muss gehen. Die Opfer dürfen auch ohne Gerichtsverfahren zunächst zu Hause wohnen bleiben. Der Täter muss die Wohnung verlassen. (Bild 8)
Die Frau als Täterin bleibt unsichtbar. Der von der Frau geschlagene und von der Gesellschaft gedemütigte Mann ist selbst schuld, wenn er Opfer von Gewalt wird, weil er "sie nicht wahrnehmen" will:
Der geschlagene Mann. Auch Männer sind Opfer von Gewalt. Aber häufig wollen sie dies nicht wahrnehmen. (Bild 9)
Der Täter ist männlich. Der Pantoffelheld, als von einer dominanten Frau unterdrückter Mann, existiert im Weltbild der Rosenstraße nicht:
Ganze Kerle. Männer folgen wie Frauen in ihrem Verhalten gesellschaftlich geprägten Rollenzuweisungen.
Vergleiche "Die Schuld ist weiblich". Im Gegensatz zu dort wird hier nicht klar herausgearbeitet, welchen großen Druck klassische Rollenzuweisungen auf Männer ausüben, besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wenn der Job und damit das Familieneinkommen unsicher ist:
Die überforderte Frau wird bedauert. Das klassische Vorstellung, nach denen Männer für den Unterhalt der ganzen Familie verantwortlich sind wird nicht hinterfragt:
Die Schuld ist weiblich. Viele Frauen identifizieren sich mit klassischen Vorstellungen, nach denen sie für das Wohlergehen der ganzen Familie verantwortlich sind. (Bild 13)
Die Familie wird als traditionelle Institution der Frauenunterdrückung dargestellt, in der Frauen tagtäglich Gewalt erfahren:
Unterdrückung aus Tradition. Die alltägliche Gewalt, die Frauen in allen Teilen unserer Erde erleiden, wird durch traditionelle Rollenverständnisse legitimiert. (Bild 14)
Die Frau das ewige Opfer, der Mann der allgegenwärtige Täter:
Schläge oder Abschiebung. Wollen Migrantinnen der Gewalt des Mannes entfliehen, kann ihnen die Abschiebung drohen. (Bild 16)
Vergleiche auch die Helferinnenindustrie, welche Purzelbäumchen schlägt, wenn ihr eine ausländische Frau in die Hände fällt. (TrennungsFAQ: Soll ich heiraten?)
Die Frau als Täterin bleibt unsichtbar. Kinder leiden, von wem sie vernachlässigt, geschlagen, missbraucht werden wird nicht benannt:
Um die Kindheit betrogen. Vernachlässigt, geschlagen, missbraucht: Kinder leiden meist lebenslang an Gewaltfolgen - körperlich und seelisch. (Bild 17)
Männliche Scham wird ausgeblendet. Die Schmink-Utensilien verraten, dass wieder nur Frauen gemeint sein, die aus Scham gelähmt sind:
Aus Scham gelähmt. Angst, Hilflosigkeit, aber auch Scham lassen Opfer häuslicher Gewalt schweigen - und die Schmerzen und Wunden vertuschen. (Bild 23)
Eheliche Sexualität wird kriminalisiert:
Die eheliche Pflicht: Freibrief zur Vergewaltigung. (Bild 24)
Ein Neuanfang nur für Frauen. Und selbstverständlich mit ihren Kindern:
Flucht ins Ungewisse. Angst vor Brutalität sowie ökonomische und praktische Schwierigkeiten verhindern häufig, dass sich Frauen trauen, allein mit ihren Kindern ein neues Leben zu beginnen. (Bild 25)
Frauen töten ihre Ehemänner nicht:
Die finale Lösung.
Im Durchschnitt werden in den USA täglich mindestens drei Frauen von ihren Männern oder Frauen ermordet.
In Russland sterben täglich mehr als 38 Frauen durch die Hand ihres Partners oder eines Familienangehörigen.
Der Mann wird in Konfliktsituationen als schlechter Verlierer dargestellt. Der Besucher erfährt nicht, was Täterinnen in Konfliktsituationen empfinden:
Macht und Ohnmacht der Männer. Täter empfinden in Konfliktsituationen oftmals eine subjektive Hilflosigkeit und Ohnmacht. Sie fühlen sich bedroht, wenn ihre Vorherrschaft in Frage gestellt wird.
3. Fazit zur Ausstellung:
Die Ausstellung schafft es häusliche Gewalt zu thematisieren, ohne ein einziges Mal die Frau auch nur als mögliche Urheberin von Gewalt zu benennen.
Der Mann taucht nur zweimal als Objekt von Gewalt auf, allerdings nicht als Opfer weiblicher Gewalt. Einmal leidet er unter Wahrnehmungsstörungen und im anderen Fall kann er sich von überkommenen Rollenvorstellungen nicht lösen. Beide Male ist er im Grunde selbst schuld und die gewalttätige Frau bleibt im Dunkel.
Die Frau hingegen wird als unbeteiligtes Opfer traditioneller Rollenverständnisse vorgestellt, die Miturheberschaft (und Mitverantwortung) der Frauen an den gesellschaftlichen Rollenverständnissen wird nicht thematisiert.
Die denkbar einfache Botschaft, welche an die Besucher gerichtet ist: "Die Frauen sind die Guten, die Männer sind die Bösen." Die Ausstellung räumt jeden Restzweifel an der Rollenverteilung bei häuslicher Gewalt aus.
Mädchen werden darauf vorbereitet, ihre Opferrolle richtig auszufüllen und lernen, ihren Anspruch auf Hilfe und Unterstützung wahrzunehmen.
Jungen wird ihre Perspektive als zukünftige Täter und "Schuldige für alles" aufgezeigt und auf ihre Theraphiebedürftigkeit vorbereitet.
Kinder und Jugendliche als Betroffene von häuslicher Gewalt erleben in der Ausstellung den Lebensbereich der Familie nur in der schematischen Rollenzuweisung mit der Mutter als Opfer und dem Vater als Täter.
Die häusliche Situation mit einer hysterischen und aggressiven Mutter, der Kinder ausgeliefert sind, weil der Vater außerhäusig den Famiienunterhalt verdient, existiert schlicht nicht. Der Vater, den viele Kinder als verschüchteter Pantoffelheld erleben, weil er es nicht wagt sich zu wehren und seiner dominanten und alles beherrschenden Frau die Grenzen aufzuzeigen, findet sich ebenfalls nicht.
Die Jugendlichen, die massenhaft von ihren Lehrerinnen durch die Ausstellung geschleust werden, werden darauf getrimmt, die Mutter als passives und leidendes Opfer, die im besten Fall unter Mitnahme der Kinder vor dem Vater als Täter und Urheber von Gewalt flieht.
Im Begleitmaterial (Unterrichtsvorschlag) werden Kinder auf die Formel Frauen = Gewaltopfer und Männer = Gewalttäter getrimmt: "Schreibe Gründe auf, warum (besonders Frauen) Gewalt ihres Partners in Kauf nehmen." - "Schreibe den Versuch der Entschuldigung eines Opfers (misshandelte Frau) auf." - "Schreibe die Rechtfertigung eines Täters auf."
Man beachte die Engführung bei den Aufgabenstellungen durch die in Klammern gesetzte Zusätze.
Webseite: rosenstrasse76.de
* Interaktive Begehung der Ausstellung
* Bilderserie zur Ausstellung
* Unterrichtsvorschlag zur Einführung in das Thema häusliche Gewalt
PS:
"Rosenstraße 76" wäre ein dankbarer Artikel für WikiMANNia.
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Mach mit! http://wikimannia.org
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gesamter Thread:
- Wanderausstellung "Rosenstraße 76" -
Mus Lim,
28.11.2009, 18:23
- Wanderausstellung "Rosenstraße 76" -
Mustrum,
28.11.2009, 18:55
- Wanderausstellung "Rosenstraße 76" - Chato, 28.11.2009, 19:05
- Wanderausstellung "Rosenstraße 76" - tut nichts zur sache, 28.11.2009, 22:30
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Mustrum,
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