Beobachtungen zum alltäglichen Fernseh-Krimi
Die Krimi - Fernsehlandschaft birgt mehr Informationen über den gelenkten Mainstream - auch und gerade innerhalb des Geschlechterdiskurses -als manch einer ahnt. Bekäme jemand alle "Tatorte" auf den Rechner, könnte er leicht analysieren, wiedie Radaktionen Menschenbilder formen oder aber formen wollen. Allein die Betrachtungen des Auftretens der Kommissare und Kommissarinnen im Kontext der politischer Ambitionen jeweiliger Zeitabschnitte spräche Bände.
Und das nicht nur bei Tatorten; nicht zufällig flimmern zunehmend aufgekaufte Krimis aus Skandinavien über die Bildschirme, die allesamt - mehr oder weniger - feministisch geprägte Frauenbilder menschelnd transportieren. Damit nicht genug, Inlandsproduktionen von ARD und ZDF übertreffen sich bei Versuchen politische Wunschbilder im warmen Licht erscheinen zu lassen. In der "SOKO Leipzig" beispielsweise geistert eine weiblich intuitive Frauengestalt, die nicht nur den Männerladen mittels herausragender Sozialkompetenz zu einem menschlichen Team formt, sondern - selbstverständlich - oftmals die Meute auf die richtige Spur setzt. Die ganze Serie bebildert die sozialpädagogische These von Teams, die sich erst zu echten Teams entwickeln, wenn Frauen mitwirken. Die pseudorealistische Welt - nicht nur - die "SOKO" bietet Erlebnisersatz, die sich im Hirn einnisten und dort ein Eigenleben als Quasirealität führen. Wie bei der "SOKO", geht es in zahlreichen andern Filmen und Filmchen des Genres zu, wo besagte "weibliche" Atribute nicht über die Hauptdarsteller wirken, gibt es reichlich Nebenfiguren, die sehr subtil erwünschte Frauenbilder transportieren. Sehr beliebt sind Staatsanwältinnen, die Selbstverständlichkeit weiblicher Führerschaften signalisieren, natürlich in vielfältiger Ausprägung. Aber immer lautet die Botschaft: Schaut her, was für ein Gewinn Weiblichkeit der Männerwelt zu bedeuten hat.
Krimis werden massenhaft konsumiert, massenhafte dringen also "positive" Subbotschaften in die Wohnzimmer, die mit der Zeit negative Erfahrungen mit Kampfemanzen in der wirklichen Welt überlagern und darüber hinaus auch den ganz privaten Geschlechterdiskurs beeinflussen dürften. Erklärt dieser Psychomechanismus eine Teil der Pudelseuche?
Besonders die Rollen der Kommissarin Lindholm/Maria Furtwängler verdeutlichen Nähe zu beabsichtigten Wirkungen. Beispiel? Vor nicht allzu langer Zeit monierte irgendein Pudelhansel - wenn ich nicht irre, aus dem Layhaus - die Abwesenheit des Problemfeldes Vereinbarkeit Beruf-Karriere, prompt bekam Lindholm ein Kind. Von einem Mann , der tragisch, tragisch sterben musste. So war die Alleinerziehende kreiert, die alle privaten Probleme (fast) mit links packt. Eine, die über einen halbvetrottelten, weltfremden Freund verfügt ,der völlig platonisch und als Lücken füllender Freund, als feministischer Traum also, funktioniert.
So konnte mich also die Exposition des "Tatorts" am vergangenen Sonntag nicht weiter verwundern. Sie wartete dort mit einem Telefonat auf, in dem die blasse Randfigur "Leiter des LKA", also Chef Lindholm, unsere Meisterkommissarin beauftragte vom Urlaubsort aus in einen Fall einzusteigen, mit dem ein unfähiger Kommissar beschäftigt war. Der hielte sich Frauen vom Leibe, so der Chef - und Frau Lindholm führt den Satz zu Ende: "Sie brauchen also eine Frau." Dementsprechend verliefen die Ermittlungen, logisch. Botschaft: Ohne Frau geht nichts.
Nun bin ich der letzte, der Autoren vorschreiben mag, wie sie ihre Geschichten laufen lassen, doch die Fülle pudeliger Filme, lässt mich dennoch sinnen, wie es in dieser Zahl zu ihnen kommt. Greifen Parteien und Lobbyistinnen ins geschehen oder sind die Redaktionen selbst von profeministischen Missionseifer erfüllt?
Felix Huby. eines der erfolreichsten Drehbuchautoren Deutschlands, zeigt als Insider, dass etwas faul ist im Fernsehbetrieb:
"Autoren werden immer mehr zu Schreibknechten... Bis hin zu der Forderung, die weibliche Hauptfigur so sehr ins Zentrum zu rücken, daß man ihr fast übermenschliche Qualitäten andichten muß."
Auch wenn ich nicht dauernd auf Goebbels und seinen Kameraden herumreite, eines gehört meines Erachtens hierher: Goebbels erkannte schnell, wie untauglich Filme für die Propaganda sind, wenn sie als Propaganda erkennbar daher flimmern.Er setzte also als Transmission wichtiger Botschaften auf Unterhaltung...
Nebenbei gesagt, fragte ich per mail einst Frau Lindholm/Furtwängler, ob sie nicht fürchte, eines Tages vor ähnlichen Problemen zu stehen, wie ihr Vater nach dem letzten Krieg. Der ehemalige Vizepräsident der Reichsmusikkammer und begnadete Dirigent Wilhelm Furtwängler musste sich den Vorwurf übergroßer Nähe zum NS - Staat gefallen lassen. Antwort-keine...
Die Wirkungsmechanismen von Fernsehkrimis greifen jedenfalls tief, tiefer als Konsum gewisser vorgeführter Handlungs- und Geschlechtermuster. Mich wundert, dass sie so wenig Beachtung finden in unserem Diskurs.
narrowitsch
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Extemplo simul pares esse coeperint, superiores erunt-
Den Augenblick, sowie sie anfangen, euch gleich zu sein, werden sie eure Herren sein.
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Mirko,
18.11.2009, 23:36
- Interessanter Blog (Thema: Männer und Frauen) - Rainer, 19.11.2009, 10:18
- Beobachtungen zum alltäglichen Fernseh-Krimi -
Narrowitsch,
19.11.2009, 17:01
- Beobachtungen zum alltäglichen Fernseh-Krimi -
Gelegenheitsleser,
19.11.2009, 17:41
- Oh, peinlich - Narrowitsch, 19.11.2009, 18:06
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Ugo,
19.11.2009, 18:22
- Beobachtungen zum alltäglichen Fernseh-Krimi - Narrowitsch, 19.11.2009, 19:05
- Beobachtungen zum alltäglichen Fernseh-Krimi -
Maxx,
19.11.2009, 19:29
- Beobachtungen zum alltäglichen Fernseh-Krimi - Moritz, 19.11.2009, 20:27
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Gelegenheitsleser,
19.11.2009, 17:41