Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Im Land der weiblichen Männer

ein weiterer Andreas, Thursday, 19.05.2005, 14:29 (vor 7511 Tagen)

Moin allerseits,

in der aktuellen Ausgabe der Zeit ist ein Beitrag zur Emanzipation in - na wo schon? - Schweden. Geschrieben von Susanne Mayer.

Über zwei Seiten geht die Lobrede über die Befreiung der Frau in Schweden. Es gebe nur noch 2 % Hausfrauen. Ob den Kindern nicht die Nestwärme fehle, wenn sie nicht mehr von der Mutter betreut würden - das habe man mit einem Lächeln in den 60ern diskutiert. Die Frauen würden nun alles erreichen, was den Männern vorbehalten war. Und auch die Männer sehen das auch positiv. Diese Männer sind Feministen. So sagen sie und dass sie versuchen, danach zu leben. Sie sind natürlich Schweden. Verführerisch. Usw. usf. die Lobhudelei will kein Ende nehmen, Schweden sei das moderne Traumland, das Zukunftsland. Alles ideal, alles gleichberechtigt, alle froh und zufrieden.

Und dann kommt doch plötzlich die jähe Wendung. Die letzten 2 Absätze nun ganz anders im Ton. Jetzt sind wieder doch nicht alle dafür, sondern die bösen Männer sind wütend:


Auf so viel Freiwilligkeit vertrauen nicht alle Schweden. Ja, es gibt ein Gefühl der Bedrängnis. Es gebe, unter Männern, eine ziemliche Wut, sagt Barbro Hedvall, jedenfalls bei den Verlierern der Gesellschaft. »Was Anna Lindh passierte, war nicht dasselbe wie der Mord an Olof Palme. Er war eine kontroverse Figur, sie nicht. Manche Männer hassen Politiker, aber sie hassen Frauen noch mehr.« Auch bei den Frauen hat sich einiges angestaut. Manchmal scheint es, als sei eine Stagnation eingekehrt. »Wir haben Angst, wir könnten in einer Parenthese der Geschichte gelebt haben«, sagt Ebba Witt-Brattström, Literaturwissenschaftlerin, eine charismatische Intellektuelle nicht nur in der feministischen Diskussion und jetzt Mitbegründerin einer neuen Frauenpartei,

... Nachtigall, ick hör Dir trappsen ...

die zur nächsten Wahl antreten will. Es werde hart hergehen in Zukunft, sagt Ebba Witt-Brattström. Männer stünden an der Schwelle zur Erkenntnis,

... huch! Eingangs waren die Männer doch alle auch so euphorisch dafür, diese hochentwickelte Sorte Mann, die nur in Schweden gedeiht. Jetzt sind sie doch aber erst kurz vor der Schwelle der Erkenntnis (welch' Ausdruck!), diese Neandertaler. Eine janusköpfige Gestalt muß das sein, der schwedische Mann ...

dass Gleichstellung sie etwas koste, etwa Arbeitsplätze. Am Ziel seien Frauen doch erst, »wenn meine Söhne wissen, die Position kriege ich nur aufgrund meiner Meriten und nicht wegen der Extrakompetenz zwischen den Beinen«.

... die Autorin gerät in Rage ...

Hunderttausende von wütenden Frauen in unterbezahlten Jobs sind in Schweden ein politisches Argument. Angestrebte Prozentzahl der Frauenpartei: 15 Prozent. Das wäre eine außerordentliche Gefahr für die Regierung der Sozialdemokraten. Schon weil sich, wie schon einmal geschehen, andere Parteien bemühen könnten, den Wünschen der Frauen entgegenzukommen. Und das finden übrigens in Stockholm auch gar nicht wenige Männer gut.

... und dann finden es doch auch wieder die schwedischen Männer gut. Die Chamäleons!

Sagt: versteht Ihr das?! Wie geht das Geschreibsel sinnhaft zusammen?

Ich vermute es handelt sich hier um das Phänomen, das einer hier neulich im Forum gepostet hat:

1. Frau hat sich bislang schon viel herausgenommen und ist damit durchgekommen ("Patriarchat abgeschafft"). Deshalb die Anfangseuphorie. Aber ...

2. Wer weiß was noch herauszuholen ist?! Deshalb trotzig kindisch mit dem Fuß aufstampfen und noch mehr fordern. Die Männer gaben ja bislang immer nach.

Gruß

Andreas

zur Zeit


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