Re: "Das Urteil ist angemessen."
Als Antwort auf: Re: "Das Urteil ist angemessen." von Sven am 30. April 2005 21:08:
"Und das Recht haben liebende Eltern."
"Nein, das Recht steht auch den Eltern nicht zu."
"So, wo fängt die Grenze an? Wenn wir obiges zulassen, dann können demnächst überforderte Eltern auch ihre erst 1-jährigen, dann 2-jährige u.U. noch 3-/4-jährige Kinder umbringen."
Was ist die Alternative?
Schlicht, einfach und ergreifend Hilfe von außen. Dieses müßte schon im Krankenhaus iniziiert werden. In Fällen extremer Überlastung hilft es nicht, das da irgendwo an einer Wand ein Zettel hängt, wo Personen oder Vereinigungen drauf stehen, die Hilfe anbieten. Man läßt in solchen Situationen nur noch das allernotwendigste an sich heran.
Ein weiteres Beispiel dazu von mir:
Meine Tochter war zum Zeitpunkt der Erkrankung meines Sohnes 13 Jahre jung. Sie war mit der Situation natürlich ebenfalls überfordert, weil alle Aufmerksamkeit ihrem Bruder zuteil wurde, zumal ich ja auch noch arbeiten ging. Eines Tages wurde sie mit einem Polizeiwagen ins Krankenhaus gebracht, weil man sie beim klauen erwischt hatte. Einer der beteiligten Ärzte stand zufälligerweise vor der Tür, als der Polizeiwagen ankam, sodaß der Arzt die Situation schon mal erklären konnte. Ich selbst kam runter und war nur noch geschockt. Mein erster Gedanke war: Na prima, ein krebskrankes Kind, einen alkoholkranken Vater, eine pubertierende Tochter, die auch noch klaut. Dann öffneten sich bei mir alle Schleusen. Der Polizist nahm mich in den Arm und hat mich tatsächlich beruhigt, indem er mir direkt mitteilte, daß meine Tochter ja noch strafunmündig sei und die familiäre Situation berücksichtigt würde. Dann sah ich meine Tochter im Polizeiwagen sitzen, ein Häufchen Elend, was selbst davor stand kaputt zu gehen und in diesem Moment ging mir leider erst das Licht auf, daß sie völlig allein auf sich gestellt war. Als sie ausstieg, habe ich sie direkt in meine Arme genommen und wir haben zusammen geweint. Danach kam der Arzt zu uns und meinte, daß wir beide jetzt Zeit füreinander brauchten und er sich um meinen Sohn kümmern würde. Leider fand ich in diesen Momenten keine Lösung. Zurück bei meinem Sohn überfiel mich wieder mein schlechtes Gewissen, ich konnte mich einfach nicht teilen. Natürlich habe ich darüber nachgedacht meine Arbeit aufzugeben, aber davon wurde mir dringlich abgeraten, weil ich dann meine letzten Sozialkontakte verloren hätte, da es sonst ja niemanden gab.
Auf dieser Station gab es auch eine Psychologin, aber zu der fand ich einfach keinen richtigen Draht, weil ich spürte, daß sie mich ablehnte. Später habe ich erfahren, das das tatsächlich der Fall war. Also war keiner da, der mal objektiv darüber nachdenken konnte, was uns helfen könnte.
Ich fand dann eine für uns damals gute Lösung, die zwar auch nicht optimal war, aber wenigstens etwas Erleichterung brachte. Ich hatte irgendwann einmal in meiner Tageszeitung etwas von Erziehungsbeistandsschaft gelesen, also rief ich bei der Stadt an, erklärte das Problem und das hat uns allen zumindest etwas geholfen.
Warum konnte uns keiner der Ärzte, Schwestern, Pfleger und Psychologin dabei helfen? Alle wissen, daß man in einer extremen Belastung hängt und selten zu objektiven Gedanken fähig ist und trotzdem ist keiner da, der mal mit vernünftigen Gedanken rüberkommt.
Im übrigen gehen allein bei krebskranken Kindern 80% der Partnerschaften kaputt.
Sollen wir die Verantwortung den Ärzten überlassen ?
Den Juristen ? Den Paragraphen ? Den Idealen ? Den Politikern ?
Den Medien ? Dem Zeitgeist ?
Definitiv nein.
Nur weil eine Entscheidung schwer ist,
nur weil eine Entscheidung falsch sein kann,
heisst das nicht, das man sie lieber anderen überlassen sollte.
Um auf den zitierten Fall zurückzukommen, hier wäre Hilfe von außen ebenso bitter notwendig gewesen, wie in anderen tausenden Fällen auch.
Wenn ich dann noch daran denke, daß es allein in Nordrheinwestfalen 40.000 Frauenbeauftragte gibt, die ca. 10 Millionen Euro im Monat kosten, dann könnte ich nur noch kotzen. Dieses Geld wäre in problematischen Familien viel besser angelegt. Nehmen wir dann noch die Personen von den Jugendämtern dazu, wäre den meisten Menschen mehr geholfen.
"Wenn einem Menschen seine Anforderungen bzw. seine Verantwortung abgesprochen wird, wie soll er reifen?"
Vollkommen richtig.
Und die Anforderung an die Eltern ist,
eine Entscheidung für das geliebte Kind zu treffen, dass noch nicht entscheiden kann.
Tötung als Entscheidung lehne ich definitiv ab ohne wenn und aber.
Ich glaube noch nicht einmal, daß die Eltern aus dem zitierten Fall ihr Kind wirklich umbringen bzw. töten wollten. Sie waren, wie bereits erwähnt total überfordert und vielleicht hat der Mann in einer Kurzschlußreaktion nur das umgesetzt, was sich seine Frau unbewußt (bewußt?) gewünscht hat. Ich will auch nicht den Mann als Opfer und die Frau als Täterin dahingestellt sehen, denn im Grunde sind beide Opfer.
Was mMn viel wichtiger wäre, das wäre ein nachdenken über diese Situation. Statt zu verurteilen hätte man vielmehr darüber nachdenken sollen, was man daraus lernen kann, wie man Eltern in so einer Situation helfen kann.
Natürlich ist mir auch der Gedanke gekommen, daß die Frau zu feige war und der Mann mal wieder alles auf sich genommen hat. Hätte die Frau ihr Kind umgebracht, wäre sie sehr wahrscheinlich mit einer Bewährungsstrafe davon gekommen. Trotzdem ist dieses zu kurz gedacht.
Aus diesem Grunde behaupte ich jetzt auch mal frech, daß alle beteiligten Personen in diesem Fall genauso schuldig sind.
Leider schreitet heutzutage die Zeit zu schnell voran und wird zu kurzfristig gedacht, als das die Menschen sich mal aufraffen, um gesamtgesellschaftliche Lösungen zu finden.
Hier mal ein Lösungsansatz von mir, der natürlich unausgegoren ist, da spontan eingefallen:
20% des Steueraufkommens (man darf mich gerne korrigieren, wenn das nicht stimmt) geht für Pensionen und Gehälter des öffentlichen Dienstes drauf. Viele davon sitzen wirklich rum und arbeiten nichts, weil es z.B. in ihrem Ressort keine Arbeit gibt, leider weiß ich das aus meinem privaten und beruflichen Umfeld. Viele, die noch mit Idealismus an ihre Aufgabe herangehen, z.B. aus dem Bereich des Jugendamtes, werden gemobbt und, und, und... Alle diese Menschen inkl. Frauenbeauftragte, könnte man umschulen, damit sie anschließend endlich mal einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen. Das nicht alle Menschen dazu geeignet sind, ist mir klar. Andererseits, wenn ich z.B. an die vielen ungeeigneten Lehrer denke, kann da viel mehr Schaden auch nicht angerichtet werden.
So, anstatt aber die bis heute übliche Praxis, einzugreifen und alles dadurch zu verschlimmern, nach einer Trennung anzusetzen, sollte dieses bereits im Vorfeld passieren.
Ich weiß, jetzt kommt die Privatsphäre und die würde ich mir auch nicht von außen kaputt machen lassen wollen. Leider kenne ich aber auch viele Fälle, wo im Vorfeld einer Trennung bereits Hilfe gesucht und abgelehnt wurde. Viele Menschen sind orientierungslos und fühlen sich alleingelassen, weil es Familie wie früher nicht mehr gibt, wo jeder für jeden da war. Dadurch entstehen Löcher, die anscheinend mit nichts aufzufüllen sind.
Kein Mensch will letztendlich gerne allein sein, jeder sehnt sich nach einem Partner, bei dem er sich geborgen fühlt und auf den er sich verlassen kann. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß alles Geld der Welt Liebe, Geborgenheit, Respekt, Toleranz und Verläßlichkeit nicht ersetzen kann, denn ich habe das große Glück, so einen Menschen gefunden zu haben.
Ich behaupte aber auch, daß ich diese Glück verdient habe, denn ich habe es mir, zunächst allein, später zusammen mit meinem Mann hart 'erarbeitet'. Wir hatten viele Probleme, aber wir haben auch erkannt, daß keiner den anderen ändern kann, man kann nur an sich selbst arbeiten.
Entschuldigt bitte, daß ich abgeschweift bin, aber ich habe das Gefühl, daß eines mit dem anderen zusammenhängt und deshalb lösche ich nichts von meinem Beitrag und lasse alles so stehen.
Einen schönen Sonntag allen wünschend - Christine
gesamter Thread:
- Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
Sven,
28.04.2005, 22:18
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
Odin,
28.04.2005, 22:46
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft - Morb, 28.04.2005, 23:17
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
Jörg,
28.04.2005, 23:34
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft - Sven74, 29.04.2005, 01:26
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft - empört, 29.04.2005, 00:07
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft - Krischan, 29.04.2005, 01:18
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
Magnus,
29.04.2005, 03:51
- "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
29.04.2005, 13:14
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Martin,
29.04.2005, 13:57
- Re: "Das Urteil ist angemessen." - Sven, 29.04.2005, 17:02
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Alex B.,
29.04.2005, 14:35
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
29.04.2005, 16:39
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Magnus,
30.04.2005, 10:38
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
30.04.2005, 11:45
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Magnus,
30.04.2005, 16:37
- Re: "Das Urteil ist angemessen." - Sven, 01.05.2005, 00:16
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
ChrisTine,
30.04.2005, 17:30
- Re: Gutes Statement. Danke auch für diesen kleinen persönlichen Einblick. - Andreas (d.a.), 30.04.2005, 17:42
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
01.05.2005, 00:08
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
ChrisTine,
01.05.2005, 13:55
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
02.05.2005, 22:10
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
ChrisTine,
03.05.2005, 12:26
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
03.05.2005, 15:05
- Re: "Das Urteil ist angemessen." - ChrisTine, 06.05.2005, 14:13
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
03.05.2005, 15:05
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
ChrisTine,
03.05.2005, 12:26
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
02.05.2005, 22:10
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
ChrisTine,
01.05.2005, 13:55
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Magnus,
30.04.2005, 16:37
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
30.04.2005, 11:45
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Magnus,
30.04.2005, 10:38
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
29.04.2005, 16:39
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Christian,
29.04.2005, 18:43
- Re: "Das Urteil ist angemessen." - empört, 29.04.2005, 19:23
- Re: "Das Urteil ist angemessen." -
Martin,
29.04.2005, 13:57
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
Odin,
29.04.2005, 14:27
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
:-(,
29.04.2005, 16:01
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
Odin,
29.04.2005, 16:54
- Im Vergleich - Mutter ermordete grundlos beide Kinder - Keine Anklage -
Klinkenputzer,
29.04.2005, 18:22
- Re: Im Vergleich - Mutter ermordete grundlos beide Kinder - Keine Anklage - Christian, 29.04.2005, 19:07
- DAS ist ein Skandal! (n/t) - Magnus, 30.04.2005, 10:42
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft - Eugen Prinz, 29.04.2005, 18:42
- Im Vergleich - Mutter ermordete grundlos beide Kinder - Keine Anklage -
Klinkenputzer,
29.04.2005, 18:22
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
Odin,
29.04.2005, 16:54
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft - Magnus, 30.04.2005, 10:33
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
:-(,
29.04.2005, 16:01
- "Das Urteil ist angemessen." -
Sven,
29.04.2005, 13:14
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
Klinkenputzer,
29.04.2005, 15:02
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft - Morb, 29.04.2005, 17:26
- Re: Mail von Spiegel erhalten. Diskussionsforen auch im Spiegel! - Christian, 29.04.2005, 20:20
- Re: Vater tötet sein schwer behindertes Kind - 6 Jahre Haft -
Odin,
28.04.2005, 22:46