Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re:@Manfred

Jolanda, Friday, 29.11.2002, 12:59 (vor 8415 Tagen) @ Manfred

Als Antwort auf: Re:@Manfred von Manfred am 28. November 2002 22:33:32:

Hallo Manfred

Aber dadurch, daß ich mir die Kompliziertheit der Thematik eingestehe, komme ich evtl. der Lösung in vielen Fällen näher als wenn ich eine patentfähige Formel erzwingen möchte.
---Ueber diesen Satz habe ich viel nachgedacht seit gestern...wirklich...eine sehr realistische Ansicht, das sollte ich mir wohl auch ein bisschen mehr verinnerlichen.

Erst mal akzeptieren, daß der Zustand "bevor einer angefangen hat" nicht mehr herzustellen ist. Eine äusserlich erzwungene Ruhe ist kein gleichwertiger Ersatz für echten Frieden (gibt es da Definitionsunterschiede zwischen uns?)

---Nein, ich denke nicht, dass wir das unterschiedlich definieren, ich denke eher, dass ich es ganz spezifisch auf diesen Konflikt bezogen hatte, den ich beschrieben hatte und das war mehr so ein belangloses Streiten, es ging hier nicht um einen wirklichen Konflikt.
Ich verstehe aber, was du mir sagen willst und es ist schon so, dass äusserlich erzwungene Ruhe keinen wirklichen Frieden darstellt, hier ist die Gefahr gross, dass der Konflikt bei der nächstbesten Gelegenheit wieder aufflammt.

weil diese keinerlei Rücksicht auf seelische und psychische Befindlichkeiten der Konfliktparteien nimmt.
---Richtig, es wird alles abgewürgt und das kann unter Umständen noch viel mehr Wut und Verzweiflung erwecken, als wenn man sich mal richtig fetzt und es evtl. auch zu Handgreiflichkeiten kommt.

Wieder ein Ansatz, über den ich nachgedacht habe.

Ich bin zwar ein Mensch, der Konflikte nicht einfach unter den Tisch kehrt, ich will alles klären und bereden, aber was ist, wenn das eben nicht geht, dann schwebt alles in der Luft und ich kann so etwas nicht einfach abwürgen, hmmm....kommt eben immer darauf an, wie man etwas betrachtet, denn jeder Konflikt hat zumindest zwei Seiten.

Nur weil der selbsternannte Schlichter sich dabei moralisch wohl fühlt muß das nicht zwingend auf die Konfliktparteien zutreffen (und das meine ich nicht sarkastisch)

---Ich weiss wie du es meinst, hmmm...auch darüber sollte ich mir noch so meine Gedanken machen.

Konflikte müssen BEWÄLTIGT werden, damit es zu einem Frieden kommt der auch die Gefühle der Beteiligten umfasst. Einen Konflikt zu BEENDEN ist meist nicht dasselbe.

---Dessen bin ich mir schon bewusst Manfred, ich muss mir wohl einfach öfters Gedanken darüber machen, ob das möglich ist, wenn ich immer davon ausgehe, dass einer nachgeben sollte. Konfliktbewältigung heisst wohl manchmal auch, sich eben wirklich zu fetzen und auch mal zu verletzen, rauslassen, was ich nicht ab kann, was mich wütend macht, was ich ungerecht finde.

Zudem kann ich als erwachsene Frau eigentlich alles verbal lösen, ich muss mich dazu nicht schlagen. Bei Kinder sieht das wohl ein bisschen anders aus.

Die Quintessenz ist also die, ich sollte nicht immer von mir aus gehen, meine Möglichkeiten der Konfliktbewältigung, müssen nicht unbedingt die meiner Kinder oder die von anderen Menschen sein.

Gewalt sollte wohl meistens der letzte Weg sein, völlig ausschließen tue ich sie nicht.

Völlig ausschliessen tue ich sie auch nicht, aber ich sollte sie wohl ein bisschen näher betrachten und es nicht gleich als "Katastrophe" ansehen, wenn eine Problembewältigung eben nicht ohne sie auskommt.

Aber sogar wenn man es tut (was ich -wie gesagt- für einen Fehler halte), dann muß man zumindest dafür sorgen, daß beide Seiten gewaltfrei bleiben. Kann man das stets?

---Wohl kaum, kann man wohl kaum.

Alles andere hieße aber, das Opfer zu entwaffnen, beim Täter hingegen auf Selbsteinsicht zu vertrauen.

---Was wiederum ein Ungleichgewicht der Chancen herstellen würde, hmm...so betrachtet sieht das natürlich schon ein bisschen anders aus.

Ich glaube mal (etwas philosophisch gesagt) Deine Forderung nach dem schnellen, bedingungslosen und echten Frieden ist in gewisser Weise "radikal". Verständlich, aber in meinen augen schon etwas naiv, da sehe ich auch den Fehler.

---Schmunzelt....ist doch irgendwie heiss....ich bin radikal in meinen Forderungen, das heisst, auch ich neige zu radikalen Ansätzen, auch wenn die auf den ersten Blick nicht für jeden ersichtlich sind, nicht mal für mich selbst ;-)

Ich glaube nunmal, daß es solche Gefühle wie Genugtuung,Stolz, Racheverlangen oder Scham gibt. Man mag dazu stehen wie man will, aber sie zu ignorieren ist naiv. Und wenn man nun einem Menschen das Instrument Genugtuung durch Rache (oft gewalttätige Rache) nimmt, dann muß dieser Instrumentarien besitzen um anders erfolgreich mit seinem Gefühldefizit fertig zu werden.

---Das hier ist für mich eine wirklich wichtige Aussage. Also wir sind uns erst mal absolut einige, dass man Gefühle, vor allem wenn sie negativ sind, ausdrücken muss, dass man mit Konflikten, die aus ihnen erwachsen ferig werden muss.

Verständnis aufzubringen stellt dich in gewisser Weise über einen Täter und könnte Dein Instrument zum Umgang mit Aggresionen sein. Das werden Kinder erst lernen müssen. Aber sogar dann ist zu fragen ob das ein Allheilmittel sein kann.

---Stimmt...hmmm...ich musste das ja auch lernen und gerade für Kinder dürfte diese Art der Konfliktlösung wohl ein bisschen schwer sein. Vor allem, wenn sie noch jung sind. Und ein Allheilmittel kann es nicht sein, weil der, der so agiert und reagiert, damit klar kommen muss, es muss für ihn stimmen und das tut es bestimmt nicht für jeden!

Kann/muss ich alles verstehen?

---Ganz klar nein!
Es war etwas vom schwersten für mich, zu lernen und zu verstehen, dass ich eben nicht alles verstehen muss, das hilft mir auch sehr, aber das war ein weiter Weg, ich bin immerhin bald 42 Jahre alte, also es ist bestimmt kein Weg, den ich anderen abverlangen kann und schon gar nicht meinen Kindern.

Das hat wohl einen anderen Grund. Wenn Du "zuviel" Verständnis für den Gegner hast, und andere Mitglieder "Deiner Seite" das nicht nachvollziehen können oder wolen, dann wirst Du für diese selbst zu einem unberechenbar Faktor. Man wird teilweise selbst zum Gegner erklärt. Menschen neigen oft dazu, klare Fronten sehen zu wollen. Freund und Feind möchte man sauber abgrenzen können, weil dann die Schlacht leichter zu gewinnen ist.

---Das hätte ich wohl nicht besser sagen können.

Deine Antwort hat mir einige Anreize gegeben, ich bin immer noch die selbe, meine Art hat sich nicht verändert, aber du hast andere Perspektiven beleuchtet, die in meinem Kopf einiges zum Nachdenken ausgelöst haben.

Es grüsst dich
Jolanda


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