Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Fortsetzung

Chato, Thursday, 09.11.2006, 22:59 (vor 6385 Tagen) @ Chato

...

Fertig mit Epileppi? Geht's inzwischen wieder? Ok, dann weiter:

Nein, der Lückenbüßergott ist deshalb ein populäres Schlagwort, weil an das Schlagwort geglaubt wird. Es ist ein primitives Etikett, das den Leuten, die es mal gehört haben und später wiedererkennen, das Weiterdenken ersparen soll. Das Wesentliche dazu habe ich bereits oben und a.a.O. dargelegt. Eine Welterklärung, die dauernd ihre Argumente und Belege ändert und inzwischen sogar zusammenbricht, kann nunmal nicht beanspruchen, die Welt zu erklären, sondern erweist sich als (unvermeidlich) höchst unvollkommenes Bild.

Redliche Naturwissenschaftler wissen das und machen es zu ihrer Arbeitsgrundlage, setzen also die mögliche Verkehrtheit ihrer Bilder a priori voraus, suchen nach Wegen ihrer Widerlegung und beanspruchen überhaupt nicht, "die Welt zu erklären". Beansprucht wird sowas immer nur von Ideologen, von hochnäsig vernünftelnden Agitatoren der "Wissenschaftlichen Weltanschauung", die meistens garnicht selbst redliche Wissenschaft betreiben, sondern halt schon am Anfang wissen, was am Ende herauskommt - das nämlich, was ihre Ideologie behauptet. Wahre Wissenschaft ist das genaue Gegenteil dieser Haltung.

"Wissenschaftliche Weltanschauung" ist einer jener grauenhaften, ideologischen Unbegriffe, eine contradictio in adiecto (ein Widerspruch in sich), weil Wissenschaft keine Weltanschauung sein kann, ohne aufzuhören, Wissenschaft zu sein. So einfach ist das. Da du dich solcher weltanschaulichen Argumentation hier dauernd bedienst, kannst du dich folglich nun nicht darauf berufen, du seiest wissenschaftlich, sondern hast das Urteil hinzunehmen, daß du eben bloß eine Weltanschauung vertrittst, für die du zwar gelegentlich mit viel Tamtam pseudowissenschaftliche Apercues hinzuziehst, soweit dir dies nützlich erscheint. Wenn es dir nicht nützlich erscheint, greifst du allerdings fix zu anderen Versatzstücken.

Richtig. Aber darauf fußt mein Argument nicht. Du schriebst das die Fundamental-
konstanten gar nicht von ihrem Wert abweichen dürften um ein "funktionierendes"
Universum zu erzeugen.

Ich sprach davon, daß das Universum abhänge von einem unüberschaubaren relationalen Gefüge[/u] zahlloser Feineinstellungen, Konstanten und Naturgesetzen, also vom Verhältnis aller möglicher Größen zueinander, von denen wir im Übrigen nicht annehmen dürfen, daß wir sie etwa auch nur von Ferne alle kennen würden. Isaac Newton sagte: "Was wie wissen, ist ein Tropfen. Was wir nicht wissen, ist ein Ozean!"

Wir wissen nunmal nicht, was wir nicht wissen! Wir wissen nicht mal, was wir alles nicht wissen! Wir wissen nur, was wir in unsere heutigen Modelle einbauen müssen, damit sie einigermaßen funktionieren. Einziges formales Gegenargument wäre die Annahme, die Menschheit sei in den letzten gut 100 Jahren allwissend geworden. Ich weiß, daß viele das ganz feste glauben und ihre naive Weltanschauung darauf gründen. Auch du argumentierst ja dauernd implizit damit, indem du voraussetzt, wenigstens auf dich träfe das zu. Das ist ganz bestimmt ein Irrtum. Wissenschaft ist es auf jeden Fall nicht, sondern eben "Weltanschauung" - also Ideologie, jene unheilbare Erkrankung zum Tode, die den menschlichen Geist befallen hat und ihn dahinrafft.

Ich veranschauliche mal an einem konkreten Beispiel, von was ich da rede und wieso ich nur zur größten Vorsicht raten kann anzunehmen, das sei heute völlig anders, als, sagen wir, 1887. Wie sah die Physik damals aus? Es gab, über allem thronend, Newtons Mechanik als überragend erhabene, unangefochtene Königin der Disziplin, dazu die damals revolutionär neuen Maxwell'schen Gleichungen zum Elektromagnetismus, außerdem die Thermodynamik, die Optik usw. usf. ...und dann halt noch "ein paar ungelöste Nebenfragen". Man wußte z.B. nicht so ganz genau, was der Äther eigentlich ist. Daß es ihn geben mußte, wußte man sicher, denn es wäre ja völlig dunkel in der Welt, wenn das Licht nicht mehr herumfliegen könnte, weil ihm das Trägermedium dafür fehlt. Das "wußte" man damals tatsächlich absolut sicher! Man hatte beispielsweise genau ausrechnet, wie hoch die Dichte dieses Äthers ist (1,47 x 10-11 der Dichte von Luft bei einem Druck von einer Atmosphäre) und noch so manches andere, was hier jetzt nicht näher interessiert. Abgesehen von diesem Ätherproblem und noch drei, vier anderen Nebenfragen war jedem "wissenschaftlich-physikalischen Weltanschauer" völlig klar, daß man so gut wie alles über die Welt wußte, jedenfalls alles, was ein Physiker überhaupt wissen konnte. Es war ja schließlich so gut wie alles restlos erklärt, und in einer restlos erklärten Welt gab es selbstverständlicher- wie logischerweise keinen Platz für Gott.

Nun stellten Albert Abraham Michelson und Edward Morley im Juli eben jenes Jahres 1887 in Cleveland / Ohio genaue, interferometrische Messungen an, um die exakte Stärke des Ätherwindes zu bestimmen, den es aufgrund der Eigenbewegung der Erde geben mußte. Aber wie sie sahen, sahen sie nichts! Die Erde bewegte sich keinen einzigen Millimeter relativ zum Äther. Das wollte keiner wahrhaben. Das konnte einfach nicht sein. Weil man sich so extrem sicher war, im Grunde weitgehend allwissend zu sein, fingen die Physiker, vor allem jene unter ihnen, die besonders genau wußten, wie allwissend sie waren und sich deshalb vornehmlich mit dem Anschauen ihrer Weltanschauung und dem hochnäsigen Verkünden derselben an alle und jeden beschäftigten, an, sich die halsbrecherischsten Konstruktionen über die mechanische Beschaffenheit des Äthers auszudenken, mit denen sich dann genau erklären ließ, wieso man keine Relativbewegung der Erde zum Äther feststellen konnte. Völlig logisch! Wir können das erklären! Als das dann doch etwas schwieriger war, als zunächst vermutet, dachte man über die erste "Große Vereinheitlichte Theorie von Allem" nach, weil man sich sicher war, daß, wenn erst die Zwei Haupttheorien, Mechanik und Elektromagnetismus, mathematisch miteinander vereinigt sein würden, wirklich endgültig alles erklärt wäre und somit auch die Ätherfrage sich logischerweise widerspruchsfrei aufklären lassen werde.

Man war sich über die Existenz des Äthers damals noch viel, viel sicherer, als du dir heute darüber sicher bist, daß du mit links mal eben ein prima Universum schaffen könntest, wenn du nur wolltest und die Zeit dafür erübrigen könntest, weil "eine um 2% schwächere Starke Wechselwirkung verdammt viel ist" und dir somit mächtig viele Möglichkeiten dafür offenläßt. Wahrscheinlich wirst du dieses Universum wohl in den nächsten Semesterferien schaffen, stimmt's? Beklage dich nicht über meinen Spott. Die Vollkommenheit deiner aufgeblasenen Ahnungslosigkeit hätte eigentlich viel Strengeres verdient.

Bekanntlich war es Albert Einstein, der das Problem dadurch löste, daß er Mechanik und Elektromagnetismus zusammenführte und damit die Königin der Physik, Newtons Mechanik, von ihrem Thron stürzte und zur Magd erniedrigte, so daß der Äther als Träger eines elektromagnetischen Feldes entfallen konnte. Daß dabei auch Raum und Zeit ihre bisherige, absolute Stellung einbüßten, war zwar für die Zeitgenossen das schockierendste Resultat seiner genialen Theorie, in Wahrheit aber war es eigentlich gewissermaßen nur ein Abfallprodukt der Lösung seiner eigentlichen Fragestellung, der "Elektrodynamik bewegter Körper" nämlich, so der Titel seiner Arbeit aus dem Jahre 1905, die heute als Spezielle Relativitätstheorie in aller Munde ist und natürlich leider, leider nur von dir und vielleicht zwei, drei anderen Bewohnern unserer Milchstraße verstanden worden ist *g*

Meine Antwort war, daß sie zwar nur wenig abweichen dürfen um noch ein unserem
ähnliches Universum zu erzeugen, aber diese mögliche Abweichung größer als 0 ist.
Von den 7 Universalkonstanten (Z0, µ0, e0, G, h, c und hquer) haben 3 Fehler. Wenn
ich mir das "fine-tune" Argument ansehe, dann lese ich da nur zur starken
Wechselwirkung Zahlen und die sagen, wenn sie um 2% schwächer oder um 1%
stärker wäre, dann würde sich das stark auf die Elementverteilung auswirken und
Kohlenstoff-basiertes Leben wäre so gut wie unmöglich. 2% ist verdammt viel, deutlich
mehr als die 0,015% um die G unbekannt ist (und die anderen sind genauer bekannt).

Ich habe, wie gesagt, keineswegs nur von diesen sieben Universalkonsanten geredet, die du ekklektizistisch herausgreifst. Was soll das? Ich sagte vielmehr, daß das Universum abhänge von einem unüberschaubaren relationalen Gefüge[/u] zahlloser Feineinstellungen, Konstanten und Naturgesetzen, also vom Verhältnis aller möglicher Größen zueinander. Ich bringe mal ein einziges konkretes Beispiel dafür, um zu illustrieren, von was da die Rede ist:

Der Physiker Fred Hoyle entdeckte 1954 den erstaunlichen Mechanismus, durch den in Roten Riesen (das ist die heiße Endphase im Leben einer normalen Sonne, deren Kern dann praktisch nur noch aus Helium besteht), ungeheure Mengen Kohlenstoff gebildet werden, also eben jenes Element, das jedes biologische Leben aufbaut. Dieser außerordentlich ergiebige Prozeß ist nur wegen einer gleichzeitigen, unfaßbar fein und präzise abgestimmten doppelten Resonanz bei der Fusion von Helium zu Beryllium und von Helium + Beryllium zu Kohlenstoff zugleich möglich, die innerhalb der extrem kurzen Zeitspanne von 10-17 Sekunden erfolgt. Hoyle, weltanschaulich ein Materialist, sagte später über seine Entdeckung: "Eine vernunftmäßige Auslegung der Fakten läßt vermuten, daß eine Superintelligenz mit der Physik, sowie der Chemie und Biologie herumgespielt hat, daß es also keinerlei erwähnenswerte blinde Kräfte in der Natur gibt. Die Zahlen, die sich aus den Tatsachen errechnen lassen, erscheinen mir dermaßen überwältigend, daß sie diese Schlußfolgerung fast jenseits aller Zweifel stellen... Ich glaube nicht, daß irgend ein Wissenschaftler, der die Befunde untersucht, zu einer anderen Schlußfolgerung kommen würde, als der, daß die Gesetze der Atomphysik ausdrücklich und bewußt in Hinsicht auf die Konsequenzen abgestimmt wurden, die sie innerhalb der Sterne erzeugen."

Auf solche Merkwürdigkeiten stößt man nun am laufenden Band, desto mehr, je tiefer man in dem halben Jahrhundert seit Hoyles Entdeckung in die astrophysikalischen und kosmischen Prozesse verstehend eingedrungen ist. Davon ist hier die Rede, nicht von deinem Wohnzimmer, wo du gerade mal eben ein Universum baust. Pack deine 2% Toleranz bei der starken Wechselwirkung ein. Darum geht es überhaupt nicht. Du blamierst dich nur damit.

Ugh. Was für eine abstruse Argumentation. Noch mal: Du schreibst es gibt nur ein
mögliches Universum. Ich antworte darauf, das es keinen Grund gibt, das anzunehmen.

Ähh... was bringt dich zur gegenteiligen Annahme? Es gibt nunmal nur ein einziges Universum. Das ist einfach so. Wußtest du das noch nicht? Du glaubst kurioserweise an "Universen", die es nachweislich nicht gibt, aber an Gott, der Milliarden von Menschen bekannt ist, an den, sagst du, sollten die alle nicht glauben? Und das ist deiner Meinung nach vernünftig? So so.

Man kann nun theoretisch(!) an den bis heute bekannten Axiomen herumschrauben und stellt dabei fest, daß sofort irgend etwas Entscheidendes verkehrt laufen würde, sobald man mit dem Schrauben auch nur anfängt. Schlußfolgerung? Das Ding ist sagenhaft genau ausgetüftelt! Es geht hier nicht um "Lücken", sondern um das Weltall, also um "Alles an und für sich". Das ist es, was ich zum Ausdruck bringen wollte und nun noch einmal erläutert habe. Ehrfurcht scheint übrigens ein Empfinden zu sein, das dir ganz fremd ist, oder?

BTW, dein Argument spricht noch viel eher als meines gegen einen "allmächtigen" Gott,
denn wenn nur ein Universum möglich ist, dann waren dessen Optionen ja wohl sehr
beschaulich und da hat sich´s mit der Allmacht.

Dir ist nicht klar, wie anthropomorph dieser Einwand ist? Du redest über Gott und seine "Möglichkeiten", als wäre er dein Stubenkamerad. Dabei glaubst du ja ausdrücklich deswegen nicht an ihn, weil er das eben nicht ist. Ich meine, wer erhebt diesen Einwand denn und wogegen richtet er sich? Da fehlt doch jedes Gefühl für Maß und Proportionen! Über was reden wir hier eigentlich? Über deine Lötkolben? Ich wiederhole, was ich bereits sagte: Der Einwand liegt auf dem Niveau des Narren, der vorbringt, die Erde könne keine Kugel sein, weil sonst alle "unten" herunterfielen. Es handelt sich also wieder um bolschewistische Gagarin-Polemik. Mir fällt, seit ich lebe, auf, daß atheistische Polemik IMMER extrem einfältig und primitiv ist. Ich habe noch nicht einmal erlebt, daß eine solche Polemik wenigstens intelligent gewesen wäre.

Hier fange ich an zu überlegen, welche Harken du sonst noch zu schlagen gewillt bist. Du
schriebst: "Gott ist kein Ding aus der Welt, sondern ist außerhalb seiner Schöpfung". Wenn
er das ist, dann kann er, so wie du jetzt argumentierst natürlich auch nicht schaffen, da er
nichts tun kann, weil ihm ganz einfach die Zeit fehlt. Ich sage: Über Gott kann man nicht
logisch nachdenken, weil an diesem Konzept per definitionem das Denken scheitern muß.
Und gerade deshalb sage ich: Es gibt keinen vernünftigen Grund an Gott zu glauben, weil
Vernunft ein ungeeignetes Mittel ist. Und das ist die Tragik - vieleicht auch die Komik - der
Apologeten.

Sagte ich es nicht gerade: sobald ein Atheist anfängt, über Gott zu sprechen, wird es sofort sagenhaft dämlich und primitiv. Ich hatte mich eingehend genug dazu geäußert und selber ausdrücklich gesagt und begründet, daß und wieso jedes anthropomorphe Denken über Gott notwendig scheitern muß. Nun sagst du es selbst. Herzlichen Glückwunsch. Aber es sind meine eigenen Worte! Und du? Du sagst es, argumentierst aber gleichwohl weiterhin ungehemmt anthropomorph.

Gott nähert man sich nicht durch Denken, sondern durch das Gebet. Das ist eine vollkommen andere geistige Tätigkeit, die nichts mit diskursivem Denken, aber nachgerade alles mit Vernunft zu tun hat, über die freilich jemand, der diese Tätigkeit überhaupt nicht kennt, geschweige denn geübt hat und entsprechend gut kennt, natürlich nichts Sinnvolles aussagen kann. Du redest als Blinder über die Farbe und willst mir erzählen, daß es keine Farben gibt?

Natürlich ist das Wort "schaffen" unzureichend und, jawohl, im Grunde ganz falsch. Warum? Weil JEDES Wort (außer Christus, dem menschgewordenen Gott selbst, dem "Logos" [gr. Rede, Sinn, Lehrsatz, Argument, Vernunft und Wort: ein weites Bedeutungsfeld]) notwendigerweise falsch sein muß. Das geht garnicht anders, weil jede Sprache Kategorien voraussetzt und verwendet, denen "dort" keine Wirklichkeit zukommt. Das bedeutet nicht, daß es "dort" keine Wirklichkeit gäbe. Vielmehr kommt alle Wirklichkeit nachweisbar von jenseits dieser Welt, also von da her, wo wir eben nichts erkennen und erforschen können.

Wo keine Zeit ist, sind Zeit-Wörter eben sinnlos. Das versteht sich von selbst. Aber wir haben keine anderen Wörter, weil es nur solche Wörter gibt. Deshalb kann man Sprache in Bezug auf Gott nur verwenden, um auf etwas hinzuweisen, was sich nicht sagen und nicht denken - aber erfahren! - läßt. Daran ist nichts zu ändern - aber auch nichts auszusetzen, wenn man nicht im Unklaren läßt, daß es sich bei den Worten nur um einen solchen Hinweis handelt und nicht um die Sache selbst. Indes, gerade das habe ich ja niemals im Unklaren gelassen.

Wer denkt hier denn eigentlich dauernd über Gott nach? Ich doch nicht, sondern du selbst. Und nur du selbst! Worüber ich hier laut nachdenke, sind die Grenzen dessen, was überhaupt so gerade eben noch denkbar ist, über die Linie gewissermaßen, auf der diese Grenze verläuft. Nur das habe ich hier netterweise getan, mehr nicht. Und gesagt, daß es jenseits dieser Linie anders weitergeht, als mit Denken. Welchen Vorwurf könnte man mir daraus rechtens und vernünftigerweise machen? Keinen, wie ich meine. Ich fasele ja kein Zeug zusammen, sondern rede über wirkliche Erfahrungen. Es ist weder komisch noch verwerflich zu sagen: "Jenseits des Denkbaren gibt es Erfahrungswege. Es könnte sich vielleicht lohnen, sie zu aufzusuchen und zu gehen".

Komisch finde ich hingegen deine Arroganz des schieren Unwissens, die sagt: "Erfahrungen, die ich nicht machen will und nicht machen werde, gibt es nicht!" Was hat das bitteschön noch mit Vernunft zu tun? Dann mach diese Erfahrungen doch einfach nicht, und gut isses. Wen juckt das? Mich nicht. Aber denk bitte nicht dauernd öffentlich über Gott nach, vor allem nicht so entsetzlich primitiv, und werfe dann anderen vor, sie täten, was sie garnicht tun, du aber offenbar nicht sein lassen kannst. Löse deine Probleme bitte selbst und gehe anderen nicht dauernd damit auf die Nerven.

OK. Und wenn es kein vor und kein neben gibt, wo bleibt dann Gott? Raum und Zeit sind
Eigenschaften des Universums, Gott ist kein Teil davon. Das Universum ist nicht das
Ergebnis eines Prozesses. Gut. Warum dann diesem Prozess einen Namen geben, wie
Augustinus ("Ergo est necesse ponere aliquain causam efficientem primam: quain omnes
Deum nominant.")

Ich übersetze mal, denn ich schreibe hier weniger für dich, als für ein paar Teilnehmer, die auch noch mitlesen und die mir die ganze Mühe wert sind: "Folglich muß man eine erste wirkende Ursache voraussetzen: was alle Gott nennen." Gerade an diesem Satz ist, auch in unserem Kontext und selbst unter Berücksichtigung aller deiner Einwände, für mich absolut nichts auszusetzen, denn er führt an den Beginn der Welt - aber eben nicht darüber hinaus. Es ist eine Aussage über die Welt und ihre Beziehung zu Gott, nicht über das Sein Gottes selbst. Der "Sache an der anderen Seite des Beginns" dennoch einen Namen zu geben - richtiger: den Namen, den ohnehin alle seit je her für ihre Transzendenzerfahrungen verwenden, mit der Bedeutung zu verbinden, erste Ursache von allem zu sein - ist auf jeden Fall sinnvoll, weil Gott eben erfahrbar ist und nicht, wie du implizit vorausgesetzt hast, nach dem anfänglichen Bewirken von allem spurlos verschwunden wäre.

Wenn übrigens, wie du inzwischen selbst sagst, jedes Nachdenken über Gott per definitionem scheitern muß, warum denkst du dann eigentlich noch darüber nach, wo Gott bleibt, wenn es kein Vor und kein Neben gibt? Was hat das dann noch damit zu tun? Das sind doch lediglich Negationen des Raumes und der Zeit, also Aussagen darüber, wie und wo Gott nicht sein kann, und nicht Aussagen dahingehend, daß nichts sei und folglich Gott nicht sein könne. Also, wenn du schon über Gott nachdenkst, was, wie du selber sagst, eigentlich sowieso zwecklos ist, dann denke bitte wenigstens folgerichtig und nicht konfus oder in der Gestalt eines Breis.

Dein Zitat stammt übrigens nicht von Augustinus, wie du meinst, sondern von Thomas von Aquin (Summa Theologiae, prima pars, quaestio II, articulus III, vierter Absatz). Was außerdem auffällt ist der zweimalige und identische Schreibfehler (aliquain statt aliquam und quain statt quam). Kannst du in Wahrheit kein Latein, daß dir dieser Fehler beim häufigen Wort quam und beim Akk. Sing. der a-Deklination nicht aufgefallen ist? Warum bringst du überhaupt lateinische Zitate, die schließlich von den meisten hier nicht verstanden werden, und nicht gleich die deutsche Übersetzung? Angeberei? Wichtigtuerei? Keine Ahnung. Aber jedenfalls eher unschön.

Da hat jemand sich nur halbherzig mit der Relativitätstheorie beschäftigt... Insbesondere mit
der Frage ob diese Äquivalenz für alle Naturgesetze gilt. Wichtig: 2.HS der Thermodynamik
ist nicht t-symetrisch.

So so, hat da jemand. Nö, du hältst mir bloß wieder einmal vor, was ich nicht gesagt habe. Warum? Weil du nicht mal halbherzig gelesen hast, was ich gesagt habe. Wesentlich an dem, was ich gesagt habe, war aber logischerweise das, was ich gesagt habe, und nicht das, was ich alles nicht gesagt habe. Das ist immer so. Wußtest du das noch nicht? Ich habe übrigens noch eine ganze Menge anderer Sachen nicht gesagt. Du könntest mir z.B. vorhalten, daß ich mich mit der Baustatik von Spannbeton-Konstruktionen in meinem Text nicht nur halbherzig, sondern offensichtlich überhaupt nicht beschäftigt habe, weil ich kein einziges Wort darüber verloren habe.

Gerade über die Zeit könnte man einen ganzen Haufen interessanter Dingen sagen. Die aus dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik (die freilich, ganz im Gegensatz zu dem, was du behauptest, überhaupt nichts mit der Relativitätstheorie zu tun hat) folgenden Entropiezunahme und der daraus sich ergebende Zeitpfeil sind nur ein kleiner Aspekt dessen, was man noch so alles über die Zeit äußern könnte. Unter diesem Begriff werden mehrere völlig voneinander verschiedene Phänomene subsumiert, was viel zur allgemeinen Unklarheit über eben diese ganz unterschiedlichen Phänomene beiträgt, die nur irrtümlich unter einem einzigen sprachlichen Begriff (Zeit) geführt werden. Die Sache ist eben noch nicht weit genug durchdacht worden. Von dir jedenfalls.

Weil ich an der betreffenden Stelle freilich explizit und ausschließlich über die vier Raumzeitdimensionen geschrieben hatte, ist dein Einwand mit dem 2.HS, abgesehen von den sachfremden Emotionen, aus denen er ersichtlich geboren ist, auch von der Sache selbst her obsolet. Was glaubst du übrigens, wen du mit solchen naseweisen Pinkelversuchen blamierst? Mich oder dich?

Augustinus von Hippo vertrat eine Zeitauffassung, die von der Einsteins unterschiedlicher
nicht sein könnte. Augustinus wendet sich gegen die platonische Zeitauffassung, die
"objektive Zeit", die durch periodische Ereignisse gekennzwichnet ist: A.v.H: "wenn sich ein
Körper bewegt, [wir mit der Zeit messen], wie lange er sich bewegt, und zwar vom Anfang
bis zum Ende seiner Bewegung, [..] denn ein Körper bewegt sich nur in der Zeit"
Einsteins Zeitbegriff ist relativ, genauer gesagt: Zeit ist das was eine Uhr anzeigt. Und eine
Uhr ist ein beliebiger periodischer Vorgang.
Aber OK, wenn du unbedingt glauben willst, Augustinus v. Hippo habe Einstein
vorweggenommen. Man darf ja auch Unfug glauben...

Das hast du aber schön aus der Wikipedia kopiert! Ich habe weder behauptet, daß der Kirchenlehrer und Mystiker Augustinus den Physiker Einstein vorweggenommen habe, noch daß er dessen Zeitbegriff teile. Du möchtest lediglich gerne, daß ich das bitte gesagt haben möge und liest deshalb wieder nicht genau und denkst vor allem nicht weiter nach über das, was ich tatsächlich geschrieben habe. Gesagt hatte ich, daß es sich bei der Kategorie 'Zeit' um eine Beschränktheit unseres Geistes handele, eine Kategorie a priori, und nicht um eine Eigenschaft der Welt. Punkt. Das - das! - so sagte ich, sei dem Hl. Augustinus geläufig gewesen, dessen Zeitbegriff dem Albert Einsteins freilich entgegengesetzt ist. Das weiß ich. Aber das war nicht das, um was es mir ging und was ich etwa in Abrede gestellt hätte. Es ging um etwas ganz anderes: Mit Einstein, so meinte ich, sei die Tatsache, daß das Erleben von Zeit nicht, wie seit Platon - und erst recht seit Newton - alle Welt nicht nur sicher annimmt, sondern als traurige Realität tagaus, tagein am eigenen Leib erfährt, das Erleben eines für alle gleichen, äußeren, objektiven, absoluten Geschehens sei, sondern eben "relativ" ist, d.h. abhängig vom Zustand des Beobachters. Bei Einstein ist es die Abhängigkeit vom Bewegungszustand, bei Augustinus die Abhängigkeit vom Bewußtseinszustand. Das ist wesentlich für das Thema, über das ich hier rede.

Unter dem Begriff Zeit wird neben vielem anderen auch das geführt, was den Namen Leben trägt, Leben nicht objektiv, nicht analytisch, nicht von außen, sondern von innen betrachtet, also mein Leben (oder für dich dein Leben usw.). Viele Menschen wissen tatsächlich nicht mehr, daß es das wirklich gibt: Leben (= selber leben)! Augustinus hat verstanden und viel darüber geschrieben, daß und wie diese "erlebte Zeit" vom Zustand des Bewußtseins abhängt und daß es in ihr ein Tor gibt, das zur Zeitlosigkeit führt, also zur Ewigkeit, also zum unbegrenzten Sein, und daß dieses ewige Sein verbunden ist mit der Auferstehung Jesu Christi. Das ist keine Theorie, sondern meine hochevidente Wirklichkeitserfahrung, die ich andauernd mache und als Quelle meines Glücks erlebe.

Diese Erfahrung trifft nun auf die gewöhnliche Zeitvorstellung der meisten Menschen, die von außen, von Uhren, von ihnen fremden, objektiven, monoton periodischen Abläufen bestimmt wird. Ich nenne das totale Unfreiheit, geklautes Leben, Sklaverei des Maschinenmolochs. Um zu veranschaulichen, daß es tatsächlich eine Zeit gibt, die nicht von diesem mir mein Leben zumessenden Moloch bestimmt wird, verwende ich gelegentlich (als Analogie!) die Relativität der Zeit als Konsequenz des Bewegungszustandes. Nicht weil es dasselbe wäre, sondern weil es als Verständnisbrücke dienen kann. Denn die relativistische Zeitdilatation haben die meisten komischerweise, obwohl sie keiner je erlebt hat und wohl nie erleben wird, gefressen. Von da her kann ich dann manchmal Neugierde darauf wecken, ob nicht vielleicht auch das eigene Wirklichkeitserleben "dilatierbar" ist. Das ist es nämlich tatsächlich. Man nennt diesen Zustand Gebet. Das ist der zugegeben ein wenig persönliche Hintergrund, der mich zu dieser Analogie gebracht hat.

Aber es ist ja auch in sich mehr, als nur eine äußerliche Analogie. Auch Einstein veranschaulicht nicht umsonst die Konsequenzen der Zeitdilatation nicht mit Zahlenkolonnen aus zwei verschiedenen Atomuhren, sondern mit der unterschiedlichen Dauer der jeweils vom hypothetischen Beobachter "erlebten Zeit". Das leuchtet nämlich jedem unmittelbar ein. Und das ist es letzten Endes, was auch die Leute, welche die Relativitätstheorie meist garnicht verstanden haben, an ihr dennoch so fasziniert: die Vorstellung, daß man "irgendwie" dem Gefängnis der Zeit entkommen kann. Daß das nicht mit Raumflügen geht, sondern anders, verhehle ich nie, kann es aber hernach nicht selten besser plausibel machen. Bei der Zeitdilatation durch die Kommunion, die ich meine, kommt halt alles darauf an, daß man es tatsächlich tut.

Da die letzten vier Absätze ausdrücklich nicht deinetwegen geschrieben sind, wäre es nett von dir, wenn du dir den allfälligen Spott über ihre "Blödigkeit" verkneifst. Falls das geht. Sie dienen nämlich einem ganz bestimmten, bewußten Zweck, der nichts mit dir zu tun hat.

Sag doch wie du´s meinst: Das denken ist läßtig.

Ist es das für dich? Nun gut. Aber was kann ich dafür?

Aus marginalen Ähnlichkeiten in der Formulierung wird bei dir eine Identität zwischen der
Scholastik und der modernen Physik. Warum nicht? Ich habe dir nicht vorgeworfen, daß du
an den Handwerker mit langem bart glaubst. Ich werfe dir nicht mal vor, daß du nicht mit
der Logik erklären kannst woran du glaubst. Was ich dir vorwerfe ist, daß du deinen Glauben
mit abstrusester Logik verteidigen willst, Schopenhauer als chritlichen Apologeten zu deuten
ist schon enorm verschroben, Augustinus von Hippo als Vorläufer Einsteins zu beschreiben
noch viel mehr.

"Identität von Scholastik und moderner Physik", "Schopenhauer als christlicher Apologet" und "Augustinus ein Vorläufer Einsteins" waren nicht meine Aussagen, sondern deine Interpretationen dessen, was ich nicht gesagt hatte. Wenn du gegen diese Interpretationen polemisierst, dann polemisierst du gegen deine eigene Oberflächlichkeit, deinen fahrigen und voreiligen Umgang mit Texten und deinen Mangel an Unterscheidung.

Nun, zur Vernunft habe ich schon geschrieben. Wenn du den Glauben wunderschön findest:
Gut für dich. Ich finde die Welt schön (zumindest schöner als Schopenhauer, ich würde mich
zwischen ihm und Nietzsche in seiner vitalistischen Phase einordnen).

Den Gegensatz von Glaube und Welt - dergestalt daß, wer glaubt, die Welt nicht schön fände und umgekehrt - hast wieder du hier eingeführt, nicht ich. Welche Bedeutung sollte es übrigens für andere besitzen, welchen Faden deiner rhizomatischen Struktur du im Moment gerade chic findest und welcher Node dir heute - es ist Donnerstag, der 9. November 2006 - gerade besonders interessant erscheint? Richtig, keine, denn das ist und bleibt allein deine subjektive Welt. Für die Welt, wie sie ist, trägt es nichts bei, sondern konsumiert sie nur - solange jedenfalls, wie es sie noch gibt, weil sie halt von anderen am Laufen gehalten wird.

Oh, ich bin keineswegs Positivist (Ich schrieb mal ein Lied in dem ich reimte "Ich war niemals
Positivist, weil Positivismus blödsinn ist, trotzdem hielten mich viele für einen..."). Dazu habe
ich hier aber oft genug geschrieben...

Mir scheint, du bist jeweils Anhänger von dem, was dir im Moment gerade am Nützlichsten erscheint. Ein unverbindliches Sprachspiel gewissermaßen, ohne tiefere Bedeutung und Sinn. Du bist notwendigerweise Positivist, wenn du naturwissenschaftliche Zusammenhänge als Argument verwendest. Aber weil du kein Wissenschaftler, sondern nur ein weltanschauender Ideologe bist, entledigst du dich natürlich augenblicklich dieser äußerst lästigen Einschränkung. Das habe ich schon verstanden, keine Sorge.

Da wird es abenteuerlich. Die Quantenphysik ist keine Metaphysik, sondern Physik. Das
Materie aus Quantenobjekten besteht, d´accord. Aber das es sich deshalb hätte, mit dem
Materialismus halte ich für Quatsch. Ich bin Monist und gerade die Quantenphysik zeigt, daß
sich anscheinend widersprüchliches auf ein Prinzip zurückführen läßt (es gibt in dem Sinne
keine "Welle-Teilchen-Dualität", was es gibt sind Quantenphysikalische Prozesse, die
widerspruchsfrei erklären, warum wir den Eindruck haben, es handele sich um eine Dualität).
Vieleicht sollten wir darüber reden, ob eine Vorhersagbarkeit prinzipieller Teil eines
Monismus ist (ich sage nein), aber die Quantenphysik erklärt mehr, als das sie uns Mysterien
aufgäbe (sie ist nur schwer zu verstehen, das aber liegt nicht an der Realität oder
der Theorie, sondern an ihren Rezipienten).

Quantenphysik ist Physik, gewiß, aber es die Grenze der Physik zur Metaphysik. Das war meine Aussage: wir sind an einer Grenze angekommen, hinter der es so nicht weitergeht, wie es vor dieser Grenze äußerst erfolgreich möglich gewesen ist. Jenseits der Heisenberg'schen Unschärfebeziehungen für komplementäre Observablenpaare gibt es nunmal keine Physik mehr, weil "dahinter" nichts Faßbares mehr ist, das sich noch beobachten und messen ließe. Das Konzept "Physik" an und für sich wird damit "jenseits davon" sinnlos. Die Quantenphysik zeigt, und das ist bewundernswert genug, daß sich zwar "etwas" auf sich einander kategorisch ausschließende Weise (denn ein Korpuskel kann nunmal keine Welle sein und umgekehrt) in unsere Welt projiziert, aber sie kann nicht zeigen, was dieses "Etwas" ist, noch "es" weiter analysieren und erforschen. Hier bleibt nur die Aussage: "Wir wissen nicht warum, aber es ist einfach so! Unsere Wellengleichungen sagen präzise voraus, was wir wann mit welcher Häufigkeitsverteilung beobachten. Sie sagen es viel genauer voraus, als jede klassische Theorie irgend etwas vorauszusagen vermag. Und sie sagen es immer richtig voraus. Aber warum das so ist, können wir nicht sagen."

Materie ist damit keine letzte Gegebenheit, kein Axiom mehr, sondern erscheint als Prozeß, der sich mathematisch in Form von Wahrscheinlichkeitsamplituden eines Quantenfeldes beschreiben läßt. Aber was dort "prozessiert", läßt sich aus Prinzip nicht weiter aussagen, weil alle Kategorien ungültig werden, darunter solche elementaren wie Ursache und Wirkung, Vorher und Nachher, Hier und Dort.

Es ist eine klassische Lückenbüßer-Argumentation, die du hier versucht hast. Mimst du nun deshalb den "Eingeweihten", den Hohepriester einer materialistischen Transzendenz des Diesseits, den "einzig wahren Rezipienten", der allein schaut, was kein Auge sonst zu schauen vermag. Ein Scharlatan bist du, Susu, wenn du darauf regredierst. Tu das nicht!

Was nicht zuletzt daran liegt, daß sich die Amerikanischen Pro-Lifer nicht gerade stringent
verhalten. Wer für die Todesstrafe, für den Irakkrieg, gegen schärfere Maßnahmen zum
Schutz der Umwelt und gegen medizinische Versorgung für alle ist, ist kaum ein
"Lebensschützer". Karl Rove, Bush-Berater und Innitiator der "Values"-Kampagne wäre so
ein Beispiel. Er sorgte dafür, das sich die nationale Politik mit Terri Schivaro beschäftigte. Er
selbst hatte die künstliche Ernährung seines Vaters abstellen lassen. Als Vorbild nennt er
Niccoló Machiavelli... Ernsthaft Nick. Wir haben das Grundgesetz. Und das halte ich für eine
bessere Basis für das Zusammenleben als die 10 Gebote.

Das Grundgesetz ist nur deshalb und nur so lange eine gute Grundlage für das Zusammenleben, wie es sich ("in Verantwortung vor Gott und den Menschen", wie es in der Präambel heißt) nach den Zehn Geboten richtet. In dem Maße, wie es sich nach etwas anderem richtet, zum Beispiel nach sich wandelnden Meinungen in ethischen Fragen, bricht, wie wir erleben und hier dauernd diskutieren, überall das Chaos los, die elementaren menschlichen Bezüge enden in einem Zusammenbruch und es kommt schließlich zum völligen Kulturabbruch. In das Grundgesetz kann man halt auch reinschreiben, Frauen seien der Gleichberechtigung wegen gleicher als Männer, ohne daß es deshalb aufhörte, "das Grundgesetz" zu sein. Man kann auch noch ganz andere Sachen reinschreiben, sofern Machtverhältnisse und Manipulationserfolge es zulassen. Bei den Zehn Geboten kann man das alles nicht. Das ist der entscheidende Unterschied. Ich rede - nota bene - nicht der Abschaffung des Grundgesetzes das Wort, sondern der strikten Bindung desselben an die jahrtausendealten Fundamente jedes menschlichen Ethos dergestalt, daß dieses nie unterschritten werden darf, egal mit welcher zeitgeistig motivierten Rechtfertigung oder tagesaktuellen Begründung.

Was habe ich übrigens mit "Bush-Beratern" und irgendwelchen amerikanischen Evangelikalen zu schaffen? Nichts. Du möchtest mit dem rassistischen Schema Stimmung gegen mich machen? Dann übernimm du zuvor die Verantwortung für Marx, Lenin, Stalin, Hitler, Mao und Pol Pot. Das waren schließlich auch gottlose Leute. Alternative: Du beziehst dich auf das, was ich selbst sage, und nicht auf das, von dem du gerne hättest, daß ich es gesagt haben möge. Dann mache ich das nämlich auch umgekehrt bei dir so. Andere Alternative: Du meldest dich bei Obergruppenführer Rupp und teilst ihm mit, daß auch du gerne der Grünen Sprachpolizei beitreten möchtest. Dann darfst du nämlich alles sagen, ohne daß es noch einen Sinn haben muß. Du darfst vor allem jeden wegen allem verurteilen, was andere getan haben, sogar für das, was du selber angestellt hast. Praktisch, gell?

Ich habe mal gesagt: Wenn man feststellt, das es kein festes Fundament gibt, dann verliert
man auch die Angst vor dem Fall. Denn: Wo kein Boden, da kein Aufprall.

So so, das hast du festgestellt, ja? Dann kann man dir nur guten Flug wünschen und die Daumen drücken, daß der Boden auch wirklich rechtzeitig zur Seite rückt, wenn er dich angeflogen kommen sieht.

Schopenhauer hielt die Welt für ein Jammertal. Es war die einzige Position, bei der er sich
mit dem Christentum in Einklang sah. Und Recht hatte er. Es ist nicht der Glaube an das
Jenseits, den ich ablehne, es ist die Verachtung für das Diesseits.

Das sehe ich ganz anders. Dein Nichtverachten des Diesseits ist ja schön und gut und wäre sogar fast schon christlich, wenn deine Bejahung nicht konsumistisch und infantil, sondern reif und von Verantwortung getragen wäre. Eine weise, gelassene, uneingeschränkte Bejahung des Diesseits in all seiner heillosen Vorläufigkeit als sich entfaltende, göttliche Schöpfung: das ist das christliche Ideal. Die liebende, optimistische Hinwendung an's Elende und Heillose ist freilich nur möglich, wenn man zugleich fest in der Transzendenz verwurzelt ist. Sonst versinkt man nämlich unrettbar in der heillosen Vorläufigkeit des Diesseits. Das - und weder die buddhistische Weltflucht, noch der melancholische Weltekel Schopenhauers - ist die christliche Haltung zur Welt des Diesseits.

Aus genau diesem Grund ist der christliche Glaube für mich die am höchsten und weitesten entfaltete Form des Menschseins und jedenfalls solange nicht kaputt zu kriegen, solange diese Welt besteht und nicht an sich selbst zugrundegegangen ist. Das wird sie einmal, und nicht erst wegen des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik. Das letzte Ziel der sich je und je entfaltenden Schöpfung kann diese Welt evident nicht sein. Das hat der Buddha richtig erkannt: Dieses Leben ist Leiden.

Aber dieses Leiden hat einen Sinn, denn es begleitet einen Geburtsvorgang. Schöpfung ist kein einmaliger Akt, sondern ein dramatisches Geschehen, das die Zeit als Ganzes umfaßt: eine Evolution der Komplexität in einer durch den Zeitpfeil der Entropie der Vergänglichkeit unterworfenen Welt. Der Begriff Evolution ist viel weiter zu fassen, als die Biologie es tut. Evolution beginnt im Urknall selbst. Sie ist offen und undeterminiert, aber nicht ziellos und blind, denn ihre Axiome und statistischen Gesetze legen in diesem Beginn fest, was geschehen wird und was nicht - die kontingente Entfaltung in der Zeit indes entscheidet, wie es geschieht und welche Formen erscheinen und vergehen.

Das ist die Grundlage... und damit die Grenze... und damit die Form... und damit der Inhalt der menschlichen Freiheit: daß nämlich im Menschen jener Geist, der all dies hervorbringt vom Beginn her, aufscheint und ihn zum Mitgestalten ruft. Eben das ist Inhalt des christlichen Glaubens. Das macht ihn zu einer beinharten Angelegenheit - aber auch zum Schönsten und Größten, was sich denken läßt. Der Mensch selbst entscheidet völlig frei darüber, wie er darauf antwortet. Diese Antwort wird freilich in sich zugleich die Art seines Seins im Ewigen Leben - oder ob er gar einfach untergeht wie der letzte Dino: "Survival of the fittest", sozusagen. Aber was bedeutet hier fit? Jesus sagt (und tat): Das Maß für's Ewige Leben ist die Liebe, also nicht die rigorose Selbstbehauptung des Ich, sondern die Hingabe des Lebens an den Nächsten und damit an das Leben schlechthin. "Wer sein Leben für sich behalten will, wird es verlieren. Wer es hingibt, gewinnt es!", so Jesus in Lukas 17,33.

Der christliche Glaube ist das unverwüstliche Vertrauen in die Güte, Wahrheit und Schönheit all dessen, was wird ("am Werden ist"), ein Vertrauen, das durch keinen Einwand und keine Enttäuschung mehr getrübt werden kann. Denn der Bürge dafür ist Gott selbst. Warum? Weil er in Jesus Christus Mensch wurde und vorgelebt hat, wie es geht. Seitdem ist Gott eben nicht mehr verborgen und unergründlich, sondern begreiflich und sogar nachvollziehbar (im Wortsinne). Schon aus diesem Grund ist jede Diesseitsverneinung mit dem christlichen Glauben von vorn herein unvereinbar. Da hast du etwas völlig falsch verstanden. Aber vielleicht haben wir einfach bloß nicht dieselbe Auffassung von Diesseitsbejahung.

Gruß vom
Nick


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