Amok- und wieder wird ein Mann verdächtigt

Chato, Tuesday, 12.05.2009, 16:57 (vor 6072 Tagen) @ Leser222

Bitte nicht wieder alle durchdrehen, ja? Das wird sonst pathologisch.

Das hatten wir neulich schon.

Bei diesem Thema (Amoklauf) – und auch den meisten anderen Themen hier – geht es (mir jedenfalls) nicht darum, daß Mädchen dürfen, was Jungs nicht dürfen (Amoklaufen zum Beispiel). Eine derartige Kurz-Sicht wäre natürlich völlig gaga, obwohl (bzw. weil) sie emotional so "naheliegt". Aber Fortschritt ist nun einmal langsam und persönlich und sein Ort ist immer innen.

Wenn ich die Schnapsidee einer "Geschlechtergerechtigkeit" aus Prinzip ablehne, dann selbstverständlich erstrecht bei diesem Thema. In der Tat zeigt sich allerdings gerade hier das extreme Pathologisierungspotential, das durch das innerliche Akzeptieren des vom Feminismus in die Welt gesetzten Geschlechterantagonismus auch bei denen besteht, die z.B. als Maskulisten unter diesem Antagonismus leiden, ihn aber leider nicht weniger zwischen den Geschlechtern vermuten. Deshalb vor allem bin ich bekanntermaßen kein Maskulist oder Männerrechtler usw. Das alles ist nur Oberfläche und natürlich wird es höchst absichtsvoll so geschürt. Ein Depp, wer darauf hereinfällt. Im Grunde. Stimmt.

Es erfordert freilich ein hohes Maß an Bewußtheit, Abstraktionsvermögen und Selbstdistanz, sich derartigen Zwängen des Zeitgeistes zu entziehen. "Betroffenheit" ist somit der denkbar schlechteste Ratgeber in solcher Lage. Sie ist aber zugleich der Wecker, der den Schlaf unterbricht. Das entscheidende Mittel zum Erlangen eines ausreichend hohen Maßes an Einsicht ist stets die Zeit. Deshalb steht hier manchmal ziemlich viel Blödsinn, stimmt. Aber er steht hier, auf daß man ihn gründlich loswerde: mit der Zeit und durch Einsicht. Der sicherste Weg zur Einsicht sind die Fehler, die man macht und sich selber zurechnet. Aber auch das braucht eben seine Zeit.

Ist das Auslösenkönnen eines Polizeigroßeinsatzes mittels simpler Schnitzarbeit an einer Schulbank pathologisch? Fraglos ist es das. Ob wohl diejenigen, die an solcher Pathologisierung interessiert sind, auch daran interessiert sein könnten, die beiden Geschlechter heillos gegeneinander aufzuhetzen? Ob das wohl strategisch am besten dadurch funktioniert, daß man die Schwächeren systematisch aufrüstet und in einen Zustand der Narrenfreiheit versetzt, die Stärkeren hingegen entrechtet und entmachtet und sie dann ersteren zum lustigen Abschuß freigibt?

Die Einsicht: "Weiber haben heute Narrenfreiheit!", ist oberflächlich. Einsicht in die Zusammenhänge, warum das so ist, erfordert tiefere Einsicht. Und die tut halt weh und braucht Zeit – für all die vielen, ganz persönlichen Schritte, die auf dem Weg zu ihr jeweils zurückzulegen sind. Freilich, dein Hinweis auf das Pathologische einer Einsichtsverweigerung ist natürlich hilfreich.

So geht's halt voran, Schrittchen für Schrittchen und das bei nur ganz wenigen Leuten. Aber schneller geht es im Moment eben nicht, wenn nicht auf vordergründige Agitprop-Erfolge, sondern auf Einsicht Wert gelegt wird. Allerdings werden danach keine Gefangenen mehr gemacht, und das ist der Vorteil, der auf lange Sicht alle Nachteile aufwiegt.

Meistens die Geduld in Person – Nick

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Wenn wir Toren wüßten, daß wir welche sind, wären wir keine.