Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Noch eine wichtige Frage...

Maesi, Thursday, 07.08.2008, 02:04 (vor 6347 Tagen) @ Rosi

Hallo Rosi

Ob die Bekannte ihr Schicksal selbst gewählt oder der Mann abgehauen
war...?

Tja, das kann ich natuerlich in diesem konkreten Einzelfall auch nicht beurteilen. Aber hoechstwahrscheinlich hatte Deine Bekannte die Kinder schon vor dem Abhauen des Vaters (so der ueberhaupt abgehauen ist) fuer sich okkupiert. Nach der Geburt wird sie sich vermutlich aus eigenem Antrieb um sie gekuemmert haben und der Vater stellte die wirtschaftliche Versorgung sicher, wie es bei schaetzungsweise 90% der intakten Familien geschieht. Waere der Vater mit den Kindern abgehauen und ein Gericht haette das wider Erwarten als rechtmaessig erklaert, dann haette die Kindsmutter nicht bloss Vollzeit arbeiten gehen duerfen oder koennen sondern sogar muessen. Ob sie damit gluecklicher geworden waere, wage ich zu bezweifeln.

Eine alte Freundin (kinderlos) ließ mich an den Satz erinnern:" Die
Spielregeln von heute kenne ich leider nicht." Sie war zu der Zeit
Berufsschullehrerin.

Nun, die rechtlichen Spielregeln sind in den einschlaegigen Gesetzestexten (Eherecht, Unterhaltsrecht, Sorgerecht) sowie in der geltenden Rechtspraxis bis ins Detail festgelegt, auch wenn v.a. Maennern haeufig zu wenig bewusst ist, was Ehe und Familie rechtlich fuer sie als wirtschaftliche Familienversorger heisst (Stichwort: gesteigerte Erwerbsobliegenheit). So mancher naive Familienvater schlaegt bei Trennung/Scheidung ziemlich hart auf dem Boden der Realitaet auf. Faktisch hat er dann nur noch Pflichten, wohingegen seine juristischen Rechte kaum das Gesetzespapier wert sind, auf denen sie stehen.

Daneben gibt es natuerlich auch noch Spielregeln des sozialen Zusammenlebens (Vertrauen, Verpflichtung zur Treue, Loyalitaet, Fairness, Respekt, zu gegenseitiger Hilfsbereitschaft etc.). Hier muss ich einfach feststellen, dass diese heute beliebig gebrochen werden koennen sollen, ohne dass dies irgendwelche direkten Konsequenzen haben darf. Ja, der Bruch solcher Konventionen wird sogar als wuenschbar propagiert, als Tabubruch, Befreiung oder Emanzipation gelobt (Gute Maedchen kommen in den Himmel, boese ueberall hin); maximale emotionale/ethische Unverbindlichkeit bei maximaler materieller Verbindlichkeit ist der Kern des heutigen Zeitgeistes.

Die meisten Menschen, insbesondere jedoch die politischen Fuehrer befinden sich heute offenbar im Wahn, dass die obengenannten sozialen/ethischen Regeln nicht mehr existierten, dass man sie voellig beliebig auf dem Reissbrett neu konstruieren koenne. Dabei wird versucht, jegliche Konsequenzen daraus zu ignorieren und zu negieren in der vagen Hoffnung, dass sie dadurch womoeglich von selbst verschwaenden. Die Folgen aus dem fortgesetzten Bruch sozialer Konventionen gibt es natuerlich trotzdem und sie verschwinden auch nicht einfach, indem man sie versucht ideologisch wegzukonstruieren. Deshalb ist der Begriff 'Wahn' bei dem was die Reissbrett-Sozialreformer ausbaldowern durchaus angebracht, soweit sie das Versagen ihrer Sozialkonzepte in der Wirklichkeit nicht zur Kenntnis nehmen wollen.

Die alten sozialen Spielregeln sind naemlich noch immer gueltig. Wer jemandes Vertrauen missbraucht, dem wird nicht mehr vertraut. Wer sich anderen gegenueber illoyal verhaelt, kann nicht auf die Loyalitaet anderer zaehlen. Wer anderen nicht hilft, dem wird nicht geholfen usw. usf. Ich bin sicher, dass Deine alte Freundin diese unmittelbar einsichtigen Regeln eigentlich noch recht gut kennt und in ihrem Privatbereich auch anwendet, aber sie glaubt wohl nicht, dass sie auf gesellschaftlicher Ebene noch funktionieren. Was aber ist die Alternative zu all diesen Spielregeln? Oder anders gefragt: welche alternativen Spielregeln funktionieren auch in der Wirklichkeit und nicht bloss in der virtuellen Realitaet abstrakter Gedankengebaeude von (materialistischen) Sozialreformern?

Für Deinen hilfreichen Text, danke ich Dir. Wie kann ein Partner nur ein
Spiel sein? Hier ist Leid und Unglück vorprogrammiert und zwar für alle!

Hmm. Ich weiss nicht, ob mein Text wirklich hilfreich war. Ich will ausserdem betonen, dass ich damit keinesfalls Deine Bekannte kritisieren wollte, die ich ja gar nicht kenne. Mir ging es vielmehr um gesellschaftliche Tendenzen und Entwicklungen, voellig losgeloest von konkreten Einzelfaellen.

Deine Frage ('Wie kann ein Partner nur ein Spiel sein?') ist zwar gerechtfertigt. Ich fuerchte bloss, bei der heute grassierende Unverbindlichkeit interessiert sie kaum jemanden. Und das daraus hervorgehende Leid und Unglueck glaubt man mit moeglichst viel materiellem Konsum locker kompensieren zu koennen. Ist so aehnlich wie mit Morphium. Man spuert keinerlei Schmerzen mehr, selbst wenn die Verletzungen lebensgefaehrlich sind, die unheilbare Krankheit sich im letzten Stadium befindet; man sitzt nur noch da, vegetiert dahin und wartet auf den Gevatter Tod.


Gruss

Maesi


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